360° um die Welt. Wolfgang Machreich
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Einen langen Atem brauchen die Bewohner des Archipels auch, wenn es um die Bewältigung der Naturkatastrophen geht, von denen die über achtzig Inseln regelmäßig heimgesucht werden. Kein anderes Land ist laut Weltrisikobericht der Vereinten Nationen Naturgewalten so ausgeliefert wie Vanuatu. Sowohl mit Vulkanausbrüchen als auch mit Erdbeben und Wirbelstürmen haben die Inseln aufgrund ihrer geografischen Lage zu kämpfen. Bei der Berechnung des Risikowertes für 173 Staaten liegt die Insel mit 32 Prozent auf Platz eins. Zum Vergleich: Mit 0,72 und 0,02 Prozent ist das Katastrophenrisiko in Malta und Katar am geringsten. Deutschland liegt mit 2,96 Prozent auf Rang 150, Österreich mit 3,41 Prozent auf Platz 144.
Männer aus Vanuatu, die Prinz Philip verehren.
Vanuatu liegt allerdings bei einem wesentlich erfreulicheren Ranking ebenfalls an der Spitze: Die Insel ist der „glücklichste Platz der Welt“. Zu diesem Ergebnis kam 2006 eine Studie der britischen New Economics Foundation (NEF). Beurteilt wurden die einzelnen Länder anhand der Zufriedenheit der Bevölkerung, ihrer Lebenserwartung und ihrem ökologischen Fußabdruck. „Die Menschen hier sind glücklich, weil sie mit sehr wenig zufrieden sind“, erklärte ein Vertreter des Landes der britischen Zeitung „The Guardian“: „Wir haben keine konsumorientierte Gesellschaft. Das Leben dreht sich hier um die Familie und die Gemeinschaft. Es ist ein Ort, an dem man sich nicht viele Sorgen macht. Angst haben die Menschen nur vor Wirbelstürmen und Erdbeben.“
Lavasee in Vanuatu
Eine Methode um Unglück abzuwenden, ist mit Opfergaben und Gebeten den Vulkan Manaro nach einem Ausbruch zu besänftigen. Die Dorfältesten auf der besonders gefährdeten Insel Ambae warfen dafür den Stoßzahn eines Ebers in den Krater, um sich so bei dem Vulkangott Tagaro für ihre Missetaten zu entschuldigen. „Wir glauben, er wird den Menschen und den Wissenschaftern helfen und das Feuer abkühlen“, erklärte der Inselbewohner Paul Vuhu den Charakter des Vulkangotts. Vuhu und andere Insulaner waren so überzeugt vom Erfolg ihrer Opfergaben, dass sie in ihrem Dorf am nördlichen Rand des Kraters blieben: „Tagaro wird uns nicht verletzen und das Opfer annehmen.“ Und sollte sich der Vulkangott unversöhnlich zeigen, bleibt immer noch Prinz Philip. Der Mann von Queen Elizabeth wird auf Vanuatu als Gottheit verehrt. Für die Bewohner des Dorfes Yaohnanen steht fest, dass der Brite eines Tages nach seinem Tod als Heilsbringer zurückkehren und sie von Krankheit und Tod befreien werde. Happy Island!
Republik Nauru
Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Aus den Statistiken des Weltpostvereins geht hervor, dass weltweit die wenigsten Briefe in Nauru verschickt werden: rund 350 im Jahr.
Fläche: | 21 Quadratkilometer, ein Drittel von San Marino |
Einwohner: | 10.084, ebenfalls ein Drittel von San Marino |
Ausgeschissen
Nauru ist ein wunderbarer Inselstaat mit wundervollen Menschen, die schon glücklichere Zeiten erlebt haben. Paradox, aber je beschissener ihr Eiland war, desto besser ist es den Bewohnern der kleinsten Republik der Welt gegangen. Der Vogelkot Zigtausender Seevögel über Zigtausende Jahre hinweg machte die Koralleninsel zu einem Phosphatdepot und der Abbau des Düngemittelrohstoffs die Insulaner reich. Naurus Nähe zu den Agrarländern Australien und Neuseeland zahlte sich aus, denn diese konnten den kostbaren Naturdünger bestens gebrauchen. 1905 begannen englische Unternehmer den Dünger abzubauen – die deutschen Kolonialherren bekamen ihren Anteil am Gewinn. Nach wie vor gibt es viele deutsche Fremdworte im Nauruischen wie „Gott“ oder „Tisch“. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Ende des Deutschen Kaiserreichs 1918 wurde unter britisch-australisch-neuseeländischer Verwaltung weitergeschürft. Erst mit der Unabhängigkeit 1968 begannen die Nauruer vom Vogeldreck-Reichtum ihrer Insel zu profitieren. Goldene Jahre ohne Steuerzwang, mit einem kostenlosen Gesundheitssystem und viel Freizeit folgten.
Ab dem Jahr 2000 gingen die Kot-Vorräte aber zur Neige und das Land verarmte. Zurück blieb eine vom Bergbau zerstörte Insel, die einer Mondlandschaft gleicht. Nauru klagte vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen Australien, verlangte Entschädigungen für die beim Phosphatabbau entstandenen Umweltschäden und die jahrzehntelange wirtschaftliche Ausbeutung ohne Gegenleistung. Die australische Regierung bezahlt Nauru aber lieber für die Internierung von in Australien nicht erwünschten Bootsflüchtlingen.
Der wirtschaftliche Niedergang Naurus ist neben gravierender Fehlinvestitionen und korrupter Geschäfte der Regierung auch dem exzessiven Konsumverhalten der Insulaner geschuldet. In der vom Vogelkot finanzierten Blütezeit besaß jeder Haushalt durchschnittlich zwei bis drei Autos – bei 41 Kilometer Straßen(un)dichte – und ein Motorboot.
Dabei widerspricht diese Unmäßigkeit der genetischen Veranlagung der Nauruer. Wie die anderen Südseeinseln wurde auch Nauru vor rund 3000 Jahren bevölkert. Die langen Bootsfahrten auf die abgelegenen Inseln schafften nur Menschen, die Essen optimal verwerten konnten. Ihr Stoffwechsel war auf Sparen eingestellt. Mit der Globalisierung der Fast-Food-Essgewohnheiten sind die früher positiven Effekte der thrifty genes (Sparsamkeitsgene) der Nauruer aber ins Gegenteil verkehrt und tragen zur kollektiven Fettleibigkeit bei, und die Diabetes-Quote ist eine der weltweit höchsten.
Die Karstlandschaft ist ein Relikt des Phosphatabbaus
Seine unbändige Lust auf Süßigkeiten und Softdrinks verleitete 2011 auch einen monatelang auf einem taiwanesischen Schiff stationierten Hubschrauberpiloten zum Anflug eines Supermarktparkplatzes auf Nauru. Der Mann wurde eingesperrt und zu einer saftigen Strafe wegen unerlaubten Landens sowie Verstoß gegen das Einwanderungsgesetz verdonnert. Beschissen, wird er sich gedacht haben, einem Seevogel mit unbändigem Kotdrang wäre das nicht passiert.
Ehemalige Phosphatbeladestation
Föderierte Staaten Mikronesien
Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Die 3000 Jahre alte Ruinenstadt Nan Madol wurde auf 92 künstlich angelegten Inseln als Ritualzentrum unter anderem für Schildkrötenopfer errichtet. Heute ist Nan Madol beliebter Handlungsort für Thriller und Fantasy-Romane.
Fläche: | 702 Quadratkilometer, doppelt so groß wie Malta, vergleichbar mit Singapur |
Einwohner:
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