In der Falle. Jan Eik

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In der Falle - Jan Eik

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vom Morddezernat. Ich gebe dir Brief und Siegel - in zwei Tagen haben wir das Geständnis des Täters.»

      «Bei den Methoden heutzutage gesteht doch jeder!»

      Kappe sieht ihn lange an. «Wir sind nicht die Gestapo», sagt er leise.

      Trampe ist seinem Blick nicht ausgewichen. «Ich hoffe für dich, dass es bei dem Unterschied bleibt, Hermann.» Er füllt die Gläser noch einmal.

      Im Korridor ertönt die Klingel, und sofort ist Trampe an der Wohnungstür.

      Er hat jemand anderen erwartet als mich, denkt Kappe. Eine Frau? Das würde nicht zu Theodor passen, aber man weiß ja nie.

      Eine Männerstimme fragt: «Du hast Besuch?»

      «Ein alter Freund und Nachbar», antwortet Trampe und öffnet einladend die Zimmertür. Einen Augenblick messen sich Kappe und der Neuankömmling mit Blicken. Der Mann, den Mantel noch in der Hand, verharrt sichtlich erschrocken in der Tür und macht Anstalten, wieder zu gehen.

      «Hermann Kappe», stellt Trampe vor. «Und das ist …»

      «Willy Eschborn», sagt der Hinzugekommene gepresst. «Der Herr Oberkommissar kann sich sicherlich erinnern.»

      Das kann Kappe in der Tat. Vor fünf Jahren hat er mit dem widerspenstigem Zeugen Eschborn zu tun gehabt, dessen Hinweis schließlich geholfen hatte, einen weiteren Mord zu verhindern. Das ahnt Eschborn sicherlich nicht einmal.

      «Kommissar», sagt Kappe gemütlich. «Wir sind uns in einem vorigen Leben mal begegnet. Sommer 1932, wenn ich mich recht erinnere. Haben Sie Ihren schönen Garten hinter der Glaubenskirche noch?»

      Eschborn bleibt misstrauisch. «Wir müssen wahrscheinlich bald runter», erklärt er schmallippig. «Sie wollen Neubauten hinsetzen.»

      «Na, eine schöne Neubauwohnung wäre doch was für Sie», sagt Kappe. Er erinnert sich dunkel, dass von einer ebenerdigen Kochstube die Rede war, in der Eschborn mit seiner Familie haust.

      «Sie haben eine niedliche Tochter …»

      «Und seit neuestem einen Sohn dazu», ergänzt Trampe eifrig.

      «Gratuliere», sagt Kappe zu Eschborn. Der nickt dankend.

      Trampe scheint ein wenig beunruhigt, dass die beiden sich kennen und dass Eschborn so zurückhaltend reagiert. «Nun setz dich endlich, Willy!», fordert er den zweiten Gast auf. «Hermann war mal mein Nachbar. Er ist ganz zufällig vorbeigekommen. Einfach so, aus alter Anhänglichkeit …»

      «Und weil so schönes Wetter ist», meint Eschborn ein bisschen gallig. Er traut dem Frieden nicht. In seiner Welt kommen Kriminalbeamte nicht zufällig irgendwo vorbei.

      «Hermann ist immer noch beim Morddezernat», erläutert Trampe, der die Stimmung ein wenig auflockern möchte. «Wie geht’s denn dem dicken Gennat?»

      «Nicht besonders gut», sagt Kappe. Das geht die beiden eigentlich gar nichts an, aber er möchte keinen schlechten Eindruck auf Eschborn machen. Was der wohl mit seinem alten Freund zu tun hat? Ihm wird ganz heiß, als er über die Möglichkeiten nachdenkt. Wenn die beiden was Konkretes im Schilde führen oder an irgendwelchen Aktionen beteiligt sind - und Kappe kann sich das durchaus vorstellen, die Stimmung hat etwas Verschwörerisches an sich –, wird man sie früher oder später schnappen und durch die Mangel drehen. Wo, wann, warum und mit wem? Ein Kriminalkommissar war zufällig anwesend? Wie hieß der Kerl, und was habt ihr mit ihm bekaspert?

      Hermann Kappe steht auf. «Ich werd mal besser gehen. Der Fall in der Joachimstraße macht uns ’ne ganze Menge Arbeit. Komm doch gelegentlich mal vorbei, Theodor! Klara würde sich freuen.» Er reicht Willy Eschborn die Hand. «Ich bin wirklich zufällig hier», sagt er freundlicher, als es sonst seine Art ist. «Sie brauchen keine Angst zu haben.»

      Eschborn sieht ihm offen ins Gesicht. «Ich habe keine Angst.» Kappe glaubt es ihm. Es gibt solche Leute. Im Flur zieht er seinen Mantel über. Trampe hat keinen Versuch gemacht, ihn zurückzuhalten.

      Eschborn steht in der offenen Zimmertür. «Darf ich Sie was fragen?»

      «Selbstverständlich.»

      «Weshalb steht eigentlich über den großen Überfall bei Hangelsberg nichts in der Zeitung?»

      Kappe ist überrascht, lässt es sich jedoch nicht anmerken. «Das wüsste ich auch gerne», erwidert er ruhig. «So was wird heutzutage weiter oben entschieden. Wahrscheinlich will man die Bevölkerung nicht beunruhigen.»

      «Was ist denn in Hangelsberg passiert?», erkundigt sich Trampe.

      Kappe sieht Eschborn an, und der erwidert seinen Blick.

      «Die Bande, die schon im vorigen Jahr etliche Autos überfallen hat, scheint wieder zugeschlagen zu haben», sagt Eschborn schließlich.

      Kappe belässt es dabei. Er wird sich hüten, den Mann zu berichtigen. Die Ganoven, nach denen mit Hochdruck gefahndet wird, sind seit November 1934 aktiv.

      «Nicht mal vor der Olympiade habt ihr die gekriegt?», fragt Trampe ein wenig spöttisch. «Scheinen ja dolle Burschen zu sein.»

      «Scheint so», meint Kappe einsilbig, und an Eschborn gewandt: «Woher wissen Sie denn davon?»

      Wird Willy Eschborn tatsächlich erst in diesem Augenblick klar, dass er sich da voreilig auf eine unangenehme Geschichte eingelassen hat?

      «Hat ein Kollege bei Ambi erzählt», sagt er. «Der kam auf seinem Fahrrad aus Erkner dazu.» Ambi, das sind die großen Ambi-Budd Presswerke in Schöneweide, wo Autokarosserien gefertigt werden.

      Kappe setzt seinen Hut auf und greift zur Klinke der Wohnungstür. «Dann werden ihn meine Kollegen ja als Zeugen vernommen haben», sagt er abschließend nur.

      DIE BEIDEN MÄNNER, die sich in dem repräsentativen Büroraum in der Prinz-Heinrich-Straße gegenübersitzen, sind alles andere als Freunde. Der eine, hinter dem pompösen Schreibtisch in einem bequemen Schreibsessel lümmelnd, trägt die schwarze Uniform der SS, der vor ihm auf dem Besucherstuhl ist in Zivil. Betrachtet man die beiden, so fallen vor allem ihre markant hervortretenden Nasen auf. Sie könnten Brüder sein. Brüder im Geiste sollten sie zumindest sein. Doch nicht einmal das sind sie.

      Dem hinter dem Schreibtisch, Mitte dreißig, groß, blond und sportlich durchtrainiert, sieht man den Offizier an. Auch der andere ist um eine straffe Figur bemüht.

      Der Jüngere, der einstige Marineleutnant Reinhard Eugen Tristan Heydrich, nennt sich nur noch Reinhard Heydrich und leitet seit sechs Jahren den SD, den geheimnisumwitterten Sicherheitsdienst des Reichsführers SS. Seit 1936 ist er außerdem Chef der Sicherheitspolizei im Deutschen Reich, die aus Gestapo und Kriminalpolizei besteht.

      Sein Gegenüber ist der ehemalige Frontoffizier, Freikorpskämpfer und Kriminalkommissar Arthur Nebe, inzwischen der höchste Kriminalpolizist des Reiches.

      Nebe hatte die Zeichen der Zeit beinahe ebenso frühzeitig erkannt wie sein ungeliebter Chef Heydrich, der sich nach seiner unehrenhaften Entlassung aus der Marine 1931 dem späteren Reichsführer SS Heinrich Himmler andiente, während Nebe im gleichen Jahr das Verbot missachtet hatte und förderndes Mitglied der SS,

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