Was sie nicht umbringt. Liza Cody

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Was sie nicht umbringt - Liza  Cody

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als Tiere, aber wenigstens lassen sie andere Menschen nicht tot auf der Straße rumliegen. Sie bringen sie weg, damit sie nicht wieder und wieder überfahren werden. Du musst dir bloß mal vorstellen, wie es in London aussehen würde, wenn einfach alles, was unter die Räder kommt, liegen gelassen würde.

      Und dann das Essen.

      Fünfzig Kilometer hinter Frome hielt ich an einer Imbissstube. Sie wollten gerade zumachen, als ich ankam, und es waren bloß noch ein paar Reibeplätzchen übrig. Reibeplätzchen! Ich muss schon sagen. Auf dem Land kann ich es ehrlich nicht aushalten.

      Einmal haben sie versucht, mich aufs Land zu verpflanzen. Ich war sieben Jahre alt, und es war irgend so ein Pflegschaftsdeal. Ich sollte von einem komischen Ehepaar in Pflege genommen werden, das in Cambridgeshire ein großes Haus hatte, wo sie sich Ponys und Hunde und ungefähr noch fünf andere Kinder hielten. Es war einer von den Deals, bei denen alle Sozialarbeiterinnen glasige Augen und feuchte Höschen bekommen.

      »Was meinst du, wie es dir da gefallen wird, Eva«, haben sie gewiehert. »Viel Platz zum Toben. Und lauter grünes Gras und Bäume.«

      Meiner Meinung nach haben diese Sozialklempner nicht die leiseste Ahnung von Stadtkindern. Wir mussten um neun ins Bett. Wir hatten nichts zu tun. Die Ponys waren hinterlistige Biester. Die Hunde haben gefurzt und hatten Flöhe und haben das schöne grüne Gras vollgeschissen. Und was das komische Ehepaar angeht, die beiden waren Religionsfreaks, die haben erwartet, dass sich alle Kinder miteinander vertragen sollten.

      Wie kommen die Leute bloß darauf, dass du mit jemandem gut auskommen musst, bloß, weil er genauso alt ist? Kinder, die in Pflege gegeben werden, kommen schließlich von überall her. Sie sind durcheinander. Ganz egal, aus was für einer Familie du kommst, dein Zuhause vermisst du immer. Manche Kinder wollen dich einmachen, manche Kinder klauen, manche Kinder machen ins Bett, manche Kinder spielen mit Feuer, manche Kinder können nicht sprechen. Und so was soll nun prima miteinander auskommen und dankbar sein für das Gras und die tückischen Ponys.

      Die Natur soll dir ja angeblich guttun. Aber das stimmt nicht. Die Natur beißt und sticht oder vergiftet dich, einfach nur so. Und außerdem gibt es auf dem Trafalgar Square mehr Vögel, als ich je auf dem Land zu sehen gekriegt habe – die toten auf den Straßen mitgerechnet.

      Nein. London ist der einzige Ort, wo es zum Aushalten ist. Lass dir bloß nichts anderes erzählen.

      In London kommst du immer durch: Irgendwie kannst du da immer ein paar Kröten machen – und ein Plätzchen zum Pennen findet sich auch. Zimperlich darfst du nicht sein, aber wenn du überleben willst, ohne dass dir zu viele Fragen gestellt werden, dann geht das nur in London.

      Du darfst allerdings nicht auf den Kopf gefallen sein. Was man von mir nun wirklich nicht behaupten kann. Viele Leute glauben, ich wäre dumm – weil ich eine ziemliche Kante bin. Dicke Muckis, kleines Hirn, stimmt’s? Na, wer das meint, der ist in etwa so helle wie ’ne Eierkohle.

      Und wer das mir gegenüber laut ausspricht, der fängt sich ein dickes Knie ein.

      Ich ließ den Wagen am Bahnhof Waterloo stehen und schlappte zu Fuß nach Hause.

      In dem Jahr hatte ich ein Zuhause. Und einen richtigen Job.

      Der Zaun war oben mit Stacheldrahtschlingen gesichert. Ich holte die Schlüssel raus und sperrte die Vorhängeschlösser am Tor auf. Vorsichtshalber pfiff ich – wiii-uuuuu. Es war nach Mitternacht, und die Hunde waren bestimmt ausgehungert.

      Sie kamen aus dem Dunkeln auf mich zugeflogen, rammten mir die Köpfe gegen Knie und Oberschenkel.

      »Hallo, Ramses«, sagte ich. »Hallo, Lineker.«

      Sie waren keine üblen Kerle, dafür, dass sie Hunde waren, nur ein bisschen übereifrig. Sie liefen vor mir her zum Zwinger, und ich schloss auf. Ich mischte ihnen ein paar Schaufeln Hundeflocken unter ihre ekelige Futterpampe und wartete, bis sie es runtergeschlungen hatten.

      Dann nahm ich die Taschenlampe und machte meine Runde.

      Das Gelände war weitläufig, also dauerte es seine Zeit. Am besten war es auf dem Gebrauchtwagenparkplatz, weil der nämlich beleuchtet war. Ich musste bloß den Zaun überprüfen und zwischen den Wagen nachsehen, ob auch keiner auf den Rücksitzen kampierte.

      Als Nächstes überzeugte ich mich, ob die Türen zum Verkaufsraum und den Büros abgeschlossen waren.

      Am schlimmsten war es auf dem Schrottplatz. Zwar gab es da einen großen Scheinwerfer, nur war leider die Birne hinüber. Ich habe es Mr. Gambon schon dreimal gesagt, aber der ist ein echter Geizkragen.

      »Der Schrott ist doch Tausende wert«, habe ich zu ihm gesagt. »Sie haben da haufenweise Ersatzteile rumliegen. Mit einer Glühbirne wäre mir sehr geholfen.«

      »Faules Stück«, sagte er. Zu mir! Wie konnte ich aber auch so blöd sein, ihn um etwas zu bitten, was mir die Arbeit erleichtert hätte? Genauso gut hätte ich ihm gleich eine Lizenz zum Neinsagen geben können.

      Demnächst muss ich mal den Besitzer deswegen anhauen, dachte ich. Aber seitdem er nach Ongar gezogen ist, kriege ich ihn kaum noch zu Gesicht.

      Lineker schnupperte an einem Haufen Eisenstangen, aber Ramses hielt auf den Zaun zu. Ich folgte Ramses, weil er so aussah, als ob er etwas Bestimmtes angepeilt hätte. Als ich ihn einholte, biss er gerade einer großen Ratte das Hinterteil ab.

      Oben am Zaun brannten ein paar trübe Funzeln, und darunter hing ein Schild, auf dem »Armour Protection« stand. Ich weiß nicht, was Armour Protection ist oder ob es hier so was je gegeben hat, aber der einzige Schutz, den die Anlage jetzt hatte, waren Ramses, Lineker und ich.

      Mein Zuhause war ein aufgebockter Wohnanhänger.

      Der Besitzer von dem ganzen Krempel kauft nicht nur gebrauchte PKWs und Nutzfahrzeuge, sondern manchmal auch Caravans und Wohnmobile. Meine Kiste hatte fast ihr ganzes Leben in der Gegend von Poole Harbour in Dorset verbracht, und wenn das Wetter feucht genug ist, mieft die Einrichtung immer noch nach Salzwasser und Meeresschimmel.

      Ich hätte ja lieber einen fahrbaren Untersatz mit Rädern, dann könnte ich ihn im Notfall an einen Wagen hängen und mit Sack und Pack umziehen. Um einen stillgelegten Hänger vom Fleck zu kriegen, musst du ihn auf einen Laster hieven, und so was braucht seine Zeit. Aber als der Besitzer mich eingestellt hat, konnte er mir nur diese Kiste ohne Räder anbieten. Und – Mief hin oder her – ich musste zugeben, ein Platz im Obdachlosenasyl konnte dagegen nicht anstinken.

      Zu der Zeit passte mein gesamtes Hab und Gut noch in eine Plastiktüte. In den sechs Monaten, die ich in dem Hänger wohne, hat sich ein bisschen mehr angesammelt, aber ich kann mir etwas darauf einbilden, dass ich trotzdem im Falle eines Falles innerhalb von zehn Minuten mit dem Nötigsten bepackt und abmarschbereit sein könnte.

      Ich will dir ein Geheimnis verraten – ich schleppe ständig eine Zwei-Unzen-Tabaksdose mit mir herum, und in dieser Dose habe ich alles, was ich zum Licht- und Feuermachen, zum Kochen und für kleinere Wehwehchen brauche. Wachsstreichhölzer, eine flach geschabte Kerze, Skalpellklingen, Draht, ein Sägeblatt, wasserfestes Pflaster, Nadel und Faden, Aspirin, Teebeutel und Brühwürfel. Schon erstaunlich, was man alles in einer Zwei-Unzen-Tabaksdose unterbringen kann, wenn man wissenschaftlich vorgeht.

      Die Idee habe ich aus dem SAS Survival-Handbuch. Ich fühle mich sicherer damit, und ich kann es nur jedem empfehlen, der regelmäßig

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