Die Forsyte-Saga. John Galsworthy

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Die Forsyte-Saga - John Galsworthy

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hatte beim Frühstück von dem Ball bei Onkel Roger gesprochen, zu dem sie gehen wollte und gesagt, sie habe, dumm genug, nicht daran gedacht jemand zu bitten sie mitzunehmen. Jetzt sei es zu spät dazu.

      Der alte Jolyon blickte mit seinen scharfen Augen auf. June pflegte Bälle stets mit Irene zu besuchen. Langsam heftete er einen erstaunten Blick auf sie und fragte, warum sie nicht mit Irene ginge?

      Nein! Mit Irene wollte sie nicht gehen, sie würde es nur tun, wenn er selbst dies eine einzige Mal – nur für ganz kurze Zeit –

      Als er sie so ungestüm und gequält sah, hatte der alte Jolyon schließlich brummend eingewilligt. Er begriff nicht, was sie auf einem solchen Balle wollte, der doch sicher nur eine armselige Geschichte wäre; sie passe nicht besser als eine Katze dahin, sagte er. Sie brauche Seeluft, und nach der General-Versammlung der Globular Gold Concessions sei er bereit sie hinzubringen. Sie wolle nicht verreisen? Oh, sie müsse sich aufraffen! Und mit einem verstohlenen Blick auf sie fuhr er mit seinem Frühstück fort.

      June ging früh aus und wanderte in der Hitze ruhelos umher. Ihre leichte kleine Gestalt, die in letzter Zeit so matt gewesen, war lauter Feuer. Sie kaufte sich Blumen. Sie wollte – sie nahm sich vor so gut auszusehen wie möglich. Er würde dort sein! Sie wußte ja, daß er eingeladen war. Sie wollte ihm zeigen, daß ihr alles einerlei war. Aber tief im Herzen faßte sie den Entschluß ihn zurückzugewinnen. Sie kam erregt zurück und sprach lebhaft beim Lunch, und der alte Jolyon ließ sich dadurch täuschen.

      Am Nachmittag verfiel sie in einen verzweifelten Weinkrampf. Sie erstickte das Geräusch in den Kissen ihres Bettes, aber als es vorüber war, sah sie im Spiegel ein geschwollenes Gesicht mit roten Augen und violetten Rändern darunter. Sie blieb bis zur Essenszeit in dem verdunkelten Zimmer.

      Während der ganzen schweigsamen Mahlzeit kämpfte sie mit sich. Sie sah so schattenhaft und erschöpft aus, daß der alte Jolyon dem ›Scheinheiligen‹ gebot den Wagen abzubestellen, er wollte sie nicht fort lassen. Sie sollte zu Bett gehen! Sie leistete keinen Widerstand, ging in ihr Zimmer hinauf und blieb im Dunkeln. Um zehn Uhr klingelte sie nach ihrem Mädchen.

      »Bringen Sie mir heißes Wasser und sagen Sie dem Herrn, daß ich mich vollkommen ausgeruht fühle. Sagen Sie ihm auch, wenn er zu müde wäre, könnte ich allein auf den Ball gehen.«

      Das Mädchen sah sie von der Seite an und June wandte sich gebieterisch um. »Gehen Sie,« sagte sie, »und bringen Sie das Wasser gleich!«

      Ihr Ballkleid lag noch auf dem Sofa, und in wilder Hast kleidete sie sich sorgfältig an, nahm die Blumen in die Hand und ging hinunter, das kleine Gesichtchen hocherhoben unter der Last ihres Haares. Im Vorbeigehen konnte sie den alten Jolyon in seinem Zimmer hören.

      Bestürzt und ärgerlich kleidete er sich an. Es war nach zehn, vor elf konnten sie nicht dort sein; das Mädchen war toll. Aber er wagte nicht ihr zu widersprechen – denn der Ausdruck ihres Gesichts bei Tisch verfolgte ihn.

      Mit großen Ebenholzbürsten glättete er sein Haar, bis es unter dem Licht wie Silber glänzte; dann kam er ebenfalls auf die dunkle Treppe hinaus.

      June erwartete ihn unten, und ohne ein Wort gingen sie an den Wagen.

      Als sie nach der Fahrt, die eine Ewigkeit zu währen schien, den Saal betraten, verbarg sie all ihre quälende Unruhe und Erregung unter einer Maske von Entschlossenheit. Das Gefühl der Schande über ›das Nachlaufen‹, wie es genannt werden könnte, wurde durch die Furcht gemildert, ihn vielleicht nicht hier zu finden, ihn trotz allem vielleicht doch nicht zu sehen, und ebenso durch den eigensinnigen Entschluß ihn – sie wußte noch nicht wie – zurückzugewinnen.

      Der Anblick des Ballsaals mit seinem glänzenden Fußboden erweckte ein Gefühl der Lust und des Triumphs in ihr, denn sie liebte den Tanz, und schwebte, wenn sie tanzte, so leicht, wie ein behender, wirbeliger kleiner Geist dahin. Er würde sie sicherlich zum Tanzen auffordern, und wenn er mit ihr tanzte, würde alles sein wie eh. Sie schaute sich eifrig um.

      Allein der Anblick Bosinneys mit diesem seltsamen Ausdruck äußerster Vertieftheit in seinem Gesicht, als er mit Irene aus dem Wintergarten kam, traf sie zu plötzlich. Sie hatten nichts gesehen – und niemand, nicht einmal ihr Großvater sollte – ihren Kummer sehen.

      Sie legte die Hand auf des alten Jolyon Arm und sagte leise:

      »Ich muß nach Haus, Großväterchen, mir ist nicht wohl.«

      Er eilte mit ihr fort, und brummte für sich selbst, daß er gewußt, wie es kommen werde.

      Ihr sagte er nichts; erst als sie wieder im Wagen saßen, der durch einen glücklichen Zufall in der Nähe der Tür geblieben war, fragte er sie: »Was fehlt dir, Liebling!«

      Als er ihren ganzen zarten Körper von Schluchzen geschüttelt sah, war er furchtbar erschrocken. Sie müsse Blank morgen rufen lassen, darauf würde er bestehen. Er könne sie nicht so sehen ...

      June unterdrückte ihr Schluchzen, drückte fieberhaft seine Hand und lehnte sich, das Gesicht in ihren Schal gehüllt, in ihre Ecke.

      Er konnte nur ihre Augen sehen, die unverwandt ins Dunkel starrten, aber er hörte nicht auf, ihre Hand mit seinen dünnen Fingern zu streicheln.

      Neuntes Kapitel

      Der Abend in Richmond

       Inhaltsverzeichnis

      Auch andere als Junes und Soames' Augen hatten ›jene Beiden‹ (wie Euphemia sie bereits zu nennen begann) aus dem Wintergarten kommen sehen, und andere Augen hatten auch den Ausdruck in Bosinneys Gesicht bemerkt.

      Es gibt Momente wo die Natur eine Leidenschaft offenbart, die sich sonst unter der sorglosen Ruhe ihrer gewöhnlichen Stimmungen verbirgt – ein plötzlicher Frühling, der weiß auf Mandelblüten durch die purpurnen Wolken blitzt; ein schneeiger mondheller Gipfel mit einem einzigen Stern droben im sehnsüchtigen Blau; oder gegen die Flammen des Abendrots ein alter Eichenbaum, der als finsterer Hüter eines feurigen Geheimnisses dasteht.

      Es gibt auch Momente, wo in einer Bilder-Galerie ein Werk, das als ›*** Titian – besonders bemerkenswert‹ bezeichnet ist, den Widerstand eines Forsyte durchbricht, der vielleicht besser gefrühstückt hat als seine Mitmenschen, und ihn in einer Art von Ekstase gefangen hält. Hier sind Dinge, fühlt er – Dinge die – die eben Dinge sind. Etwas Unüberlegtes, Unvernünftiges überkommt ihn; wenn er versucht, es mit der Gründlichkeit des praktischen Mannes zu erklären, entgleitet, entschlüpft es ihm, wie die Glut des Weines, den er getrunken, sich verliert, und ihn verstimmt zurückläßt und daran mahnt, daß er eine Leber hat. Er fühlt, daß er extravagant gewesen, daß er etwas verschwendet hat; sein gesunder Verstand hat ihn verlassen. Er wünschte nichts von dem zu sehen, was die drei Sternchen dieses Katalogs verhießen. Gott bewahre ihn davor, etwas von den Kräften der Natur zu wissen! Gott bewahre ihn davor, einen Augenblick zuzugeben, daß so etwas existiert! Gab er das einmal zu, wohin führte es dann? Man bezahlte einen Schilling für den Eintritt und einen zweiten für den Katalog.

      Der Blick den June gesehen und den andere Forsytes gesehen, war wie das plötzliche Aufblitzen einer Kerze durch das Loch eines imaginären Vorhangs, hinter dem sie sich bewegte – schattenhaft und lockend, wie das plötzliche Aufflammen eines vagen irrenden Scheines. Es gab den Zuschauern die Gewißheit, daß drohende Mächte an der Arbeit waren. Für einen Augenblick gewährte es ihnen Vergnügen und Interesse, dann aber hatten sie das Gefühl, es gar nicht bemerken

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