Das süße Gift des Geldes. Bhavya Heubisch
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Читать онлайн книгу Das süße Gift des Geldes - Bhavya Heubisch страница 17
„Ich spiel uns was.“ Adele setzte sich ans Klavier, schlug den Donauwalzer an, pfiff die Melodie dazu. Rosa wirbelte im Zimmer herum. Adele stand auf, fasste sie um die Taille, singend drehten sie sich im Walzerschritt.
Rosa ließ den Kopf auf Adeles Schulter sinken. „Mir ist schon ganz schwindlig.“
Adele zog sie enger an sich: „Kommst mich am Sonntag besuchen? Zum Kaffee?“
„Gern. Aber jetzt muss ich gehen. Sonst gibt’s daheim ein Donnerwetter.“
Nachdem die Rosa gegangen war, füllte Adele ihre Kaffeetasse und rührte Milch und Zucker hinein. Legte ihre Finger auf die Wange. Spürte immer noch Rosas Lippen. Samtweich hatten sie sich angefühlt. Sie erschrak. Was, wenn die Rosa am Sonntag nicht kommen würde? Adele wusste ja nicht einmal, wo sie wohnte.
Sie ging aus dem Zimmer und fragte die Kathi, die im Treppenhaus mit einem Staubwedel über die Bilder fuhr: „Weißt, wo die wohnt, die grad bei mir war? Hast sie angeschaut, als würdest sie kennen.“
„Die ist mir gleich so bekannt vorgekommen. Hat früher im Nebenhaus von uns gewohnt. Was wollen Sie von der?“
„Wissen will ich, wo sie daheim ist.“
Kathi ließ den Staubwedel sinken. „Jetzt lebt sie mit ihrer Mutter in der Türkenstraße. Dort hat die Mutter eine Büglerei.“
Adele nickte. „Wenn der Homolatsch kommt, dann sagst ihm, dass er hingehen soll. Sie daran erinnern, dass ich sie am Sonntag zum Kaffee erwart.“
Am Sonntag wartete Adele ungeduldig, bis es Nachmittag wurde. Immer wieder schaute sie auf die Uhr. Um ihre Unruhe zu vertreiben, setzte sie sich ans Klavier. Geschmeidig glitten ihre Finger über die Tasten. Sie schlug ein Klavierstück von Schubert an und erinnerte sich an ihren Klavierunterricht in der Schule. Streng war die Klavierlehrerin gewesen, hatte jeden falschen Ton gerügt. Doch als Adele immer besser wurde und auch schwierige Stücke fehlerfrei spielen konnte, durfte sie auf einer Weihnachtsfeier den Chor auf dem Klavier begleiten.
Adele schlug den Klavierdeckel zu, stand auf und öffnete die Tür. Kurz nach fünf war es schon. Sie rückte die Tassen auf dem Tisch zurecht, prüfte, ob der Kaffee noch warm war. Endlich hörte sie, wie die Haustür aufging und Rosa den Bediensteten begrüßte. Lachend ging Adele ihr auf der Treppe entgegen. „Hab schon geglaubt, du kommst gar nicht mehr.“
„Hab der Mutter noch helfen müssen. Aber jetzt freu ich mich, dass wir uns sehen.“ Untergehakt gingen sie die Treppe hinauf und setzten sich im Salon an den Tisch. Rosa nahm die silberne Kuchengabel mit dem ziselierten Griff in die Hand. „Die ist fast zu schön, um mit ihr zu essen.“
„Lass dir’s schmecken. Den Kranzkuchen hat die Kathi gebacken.“
Adele war wie verzaubert von der Rosa. Von ihrem blonden Haar, das ihr in Locken auf die Schultern fiel, den schalkhaften blauen Augen. Selten hatte sie sich in Gesellschaft einer Frau so wohl gefühlt. Sich meist gelangweilt bei dem Weibergetratsch, bei dem es nur um die Kinder, die Männer oder ums Kochen ging. Aber die Rosa war etwas Besonderes. Mit ihrer Lebenslust, ihrem Lachen, wenn sie sich lustig machte über die Herrschaften, denen sie die Wäsche ins Haus brachte.
Adele wollte sie gar nicht mehr weglassen. „Hättest nicht einmal Lust auf eine Kutschfahrt? Wir könnten hinausfahren aufs Land und in einem Gasthaus einkehren.“
Rosa lächelte. „Freilich hätt ich Lust.“
Adele ging an die Kommode und entnahm einem Rosenholzkästchen eine Kette aus feinstem Rosenquarz. Sie trat hinter die Rosa, strich ihr das Haar aus dem Nacken und legte ihr die Kette um. „Die schenk ich dir.“
Rosa sprang auf und ergriff den Handspiegel auf der Kommode. „So ein schöner Schmuck!“ Sie umarmte Adele und küsste sie auf den Mund. „Die Kette werd ich in Ehren halten.“
Von nun an kam die Rosa immer häufiger. Kam und ging, wie es ihr gerade passte. Zu den Abendgesellschaften, zu denen Adele hochgestellte Persönlichkeiten, Offiziere oder Hofschauspieler lud, erschien sie immer.
Blieb ihre Freundin ein paar Tage aus, wanderte Adele ruhelos durchs Haus und herrschte die Bediensteten bei jeder Kleinigkeit an.
Auch heute, wo sie so gern mit der Rosa spazieren gehen wollte, hatte sie wieder umsonst gewartet. Enttäuscht legte Adele ihre Hunde an die Leine und machte sich auf zu einem Spaziergang.
Kurz darauf betrat Rosa das Haus. Sah durch die offene Küchentür die Kathi herumwerken.
„So fleißig immer bei der Arbeit?“
„Sie schon wieder?“ Kathi schob den Louis weg, der unter dem Tisch nach etwas Essbarem suchte. Stäubte dann eine Handvoll Mehl auf einen Teig und walzte ihn mit dem Nudelholz aus.
„Das Fräulein komm ich besuchen.“
„Die ist mit ihren Hunden weggegangen.“ Kathi bedachte die Rosa mit einem grimmigen Blick, schnitt mit einem Messer Teigstücke ab, formte sie zu Kugeln für das Schmalzgebäck.
„Was passt Ihnen eigentlich nicht an mir?“
Kathi ließ die Teigkugeln ins heiße Öl fallen, schöpfte sie, wenn sie goldbraun nach oben stiegen, heraus. „Gibt genug, die nur kommen, damit sie was abstauben können.“
„Aber ich bin doch eine Freundin. Und die kann sie gut gebrauchen, wo so viel geredet wird über sie.“
Kathi sah auf. „So? Was denn?“
Die Rosa freute es, dass die Alte neugierig wurde. „Dass es nicht mit rechten Dingen zugeht, dass sie auf einmal so reich ist. Dass sie vielleicht mit dem Teufel im Bunde ist.“
„So ein Schmarrn. Hart arbeiten tut sie für ihr Geld.“
„Ich sag ja nur, was die Leut so sagen. Die wundern sich über das große, goldene Kreuz, das sie so oft trägt. Zum Aufklappen soll es sein. Mit einem Zauberpulver drin.“
„Was Blöderes hab ich mein Lebtag noch nicht gehört.“ Kathi siebte Puderzucker auf die Schmalzkugeln und schichtete sie auf eine Platte. „Ein Mönch hat es ihr geschenkt.“
Rosa, an den Türrahmen gelehnt, schaute der Kathi zu, die den Tisch mit einem Teigschaber sauber machte. „Geht sie lang mit den Hunden spazieren?“
„Jetzt, wo’s zum Regnen angefangen hat, kommt sie bestimmt bald zurück.“
„Dann wart ich auf sie.“ Bevor die Kathi sie daran hindern konnte, stieg Rosa die Treppe hinauf. Ging in den Salon, zog die Handschuhe aus und legte sie auf den spiegelglatt polierten Tisch. Sie betrachtete die Gemälde in den wuchtigen Goldrahmen, betastete die brokatenen Vorhänge. Nach kurzem Zögern öffnete sie das Ebenholzkästchen auf der Kommode und probierte die Ringe an. Drehte die Hand hin und her. Der Ring mit dem riesigen Brillanten funkelte gar zu schön. Sie hörte Schritte. Hastig zog sie die Ringe ab, legte sie zurück und setzte sich hin.
Adele kam mit den Hunden herein. „Die Kathi hat mir gesagt, dass du da bist. Ich freu mich ja so.“ Adele fiel ihr um den Hals und strich ihr zärtlich durchs Haar.