Träume - Spiegel der Seele, Krankheiten - Signale der Seele. Reinhold Ruthe

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Träume - Spiegel der Seele, Krankheiten - Signale der Seele - Reinhold Ruthe

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wenn Menschen das nächtliche Durcheinander ärgerlich beiseite schieben.

      Wollen sie mit ihren Lebenskonflikten, mit inneren Nöten und Ängsten nicht konfrontiert werden? Finden sie einen plausiblen Grund für ihren Traumwirrwarr?

      Wie ganz anders beurteilt die Bibel den Traum! Die ganze Heilsgeschichte Israels bliebe ohne den Traum unverständlich. In Träumen warnt Gott den ägyptischen Pharao davor, das Volk Israel weiter festzuhalten. Im Traum schickt Gott Maria und Josef auf die Flucht und bewahrt so den Heiland der Welt davor, den Kindesmördern in die Hände zu fallen. Ein Traumgeschehen revolutioniert die Missionsstrategie des Paulus. Gottes Regie im Traum führt Paulus nach Europa. Ein Traum gibt Petrus, dem Jünger Jesu, die Gewissheit, er solle auch Nichtjuden die »gute Nachricht« bringen.

      Ich bin nicht überzeugt, dass solche Traumerfahrungen der Vergangenheit angehören. Gott hat nicht nur zu Menschen aus der Bibel in Träumen geredet. Auch heute noch meldet er sich in Träumen, Visionen und Nachtgesichten zu Wort. Es liegt an uns, ob wir seiner Stimme Gehör schenken.

      Als Verfasser fühle ich mich wesentlich von Alfred Adler, dem Begründer der Individualpsychologie, angesprochen, der Träume als wichtige Lebensstil-Aussagen auffasst. Aber auch die Deutungshilfen anderer Traumforscher kommen zur Sprache. Die hier geschilderten und gedeuteten Träume stammen aus der seelsorgerlichen Beratungspraxis, auch aus Einzelanalysen, dazu von Seminarbesuchern, die Träume von Ratsuchenden mit in den Kurs brachten. Der Inhalt der Träume wurde im Wesentlichen beibehalten. Umstände und Lebenszusammenhänge der Ratsuchenden wurden jedoch so verändert, dass Identifikationen nicht möglich sind.

      Das Buch ist nicht nur für Seelsorger und Berater gedacht, die bei Gesprächen mit Ratsuchenden auch mit Träumen konfrontiert werden. Es will praktische Anregungen vermitteln, Träume mit dem Ratsuchenden gemeinsam hilfreich zu deuten. Ebenso will das Buch Christen dazu ermutigen, Träume ernst zu nehmen. Wir möchten die Leser neugierig darauf machen, die »vergessene Sprache Gottes« oder »Gottes ungebetene Boten« neu zu hören und ernst zu nehmen.

      KAPITEL 1

      Traum und Schlaf

      Eine junge Frau schlief seit Tagen unruhig und wurde plötzlich durch einen Albtraum aus dem Schlaf gerissen. Der Oberkörper flog hoch. Angstschweiß stand ihr auf der Stirn. Zwiespältige Gefühle beschlichen sie. Der Traum war bedrückend.

       Sie lief zögernd und ängstlich hinter einer männlichen Gestalt her, die sich entfernte, ohne sich umzudrehen. Die junge Frau empfand ein demütigendes Gefühl. Plötzlich hatte die Straße keinen festen Untergrund mehr, und sie fiel ins Bodenlose. Die männliche Gestalt war verschwunden, nur eine panikartige Angst begleitete ihren Fall in die Tiefe. Sie blickte im Fallen nach hinten und entdeckte eine lange Leiter, die an der Wand des Loches stand, in das sie stürzte. Mit dem Aufschlag auf dem Grund des tiefen Loches wurde sie wach.

      Verwirrt schaute sie sich um. Sie lebte und war am Körper heil und unverletzt.

      Sie ließ das Traumgeschehen noch einmal Revue passieren. Neben der schrecklichen Angst hatte sie besonders die Leiter in Erinnerung, die im Rücken stand und sie bis zum Boden begleitete. Neben dem Fall ins Bodenlose war die Leiter der stärkste Eindruck des Traums für die junge Frau.

      Vor einigen Wochen hatte sie ihr Verlobter, den sie sehr liebte, verlassen. Gute Freunde hatten ihr geraten, den Mann zu vergessen, der sie im Stich gelassen hatte. Aber sie konnte den Schmerz nicht überwinden. Erst der Traum schockierte und beruhigte sie zugleich. Die Leiter wurde ihr zur inneren Gewissheit: Gott redete mit ihr. Sie solle sich umdrehen, eine völlige Kehrtwendung vornehmen. Gleichzeitig schenkte ihr Gott neuen Mut, aus der Tiefe der Verlassenheit wieder ans helle Sonnenlicht zu steigen.

      Nach dem Albtraum konnte sie in der Tat die Blickrichtung ändern. Die Nächte mit dem unruhigen Schlaf waren ausgestanden. Die schmerzhaften Verlassenheitsängste waren weitgehend überwunden.

      Schlaf und Traum sind geheimnisvolle Wunderwerke Gottes. Viele nehmen sie kommentarlos zur Kenntnis. Auch viele Christen, die Gottes Schöpferkraft besingen und bestaunen, gehen achtlos an diesen Wundern vorüber.

      Traum und Schlaf sind eng miteinander verbunden. Seit etwa dreißig Jahren gibt es so etwas wie eine Schlafwissenschaft. Was für die Erforschung der Herzarbeit das EKG, also der zeitliche Verlauf der Herzstromkurve, bedeutet, ist für die Schlaf- und Gehirnforschung das Kurvenbild der Gehirnströme (EEG). Es ist damit möglich, den Schlaf von innen und natürlich auch von außen zu beobachten. Jeder Mensch hat sein persönliches Schlafprogramm, das in seinem EEG (Elektroenzephalogramm) sichtbar gemacht werden kann und wie ein Fingerabdruck des Gehirns zu werten ist.

      Man entdeckte die Traumzeiten des Menschen und kam zu der Überzeugung, dass Träumen wesentlich für den Erholungseffekt des Schlafes ist. Wurden Versuchspersonen im Schlaflabor über längere Zeit am Träumen gehindert, veränderte sich ihre Persönlichkeit. Ängstlichkeit, Depression und mangelhafte Konzentrationsfähigkeit stellten sich ein.

      Schlafen ist ein Naturbedürfnis, das man zwar einschränken, aber nie ganz abschaffen kann. Wie unser Gott Tag und Nacht, Sommer und Winter in den menschlichen Lebensprozess eingebaut hat, so wurde der Mensch auf Wachen und Schlafen programmiert. Gott hat diese Prozesse gewollt, wir können sie nicht einfach ignorieren. Menschen, die künstlich Tag und Nacht wach gehalten wurden, erlitten ohne Ausnahme schwere Zusammenbrüche. Der Schlaf ist also ein körperlicher Zustand der Erholung von der Ermüdung. Zeitweilig werden das Bewusstsein und die Tätigkeit der Skelettmuskulatur herabgesetzt.

      Der Traum ist ein geistig-seelisches Geschehen während des Schlafes. Träumen ist eine lebensnotwendige Funktion, wie Wissenschaftler ermittelt haben. Jeder Mensch träumt. Auch Babys träumen. Das Ungeborene im Mutterleib träumt. Sogar Hunde, Katzen und Hühner träumen. Der Tagesverstand und der Wille üben keine Kontrolle über das Traumgeschehen aus. Das Bewusstsein ist fast ganz zurückgetreten. Gefühle und Reize aus der Umwelt werden nur noch stark gebremst wahrgenommen. Die Hirnzentrale hat die Wahrnehmung gebremst.

      Nach dem Krieg begannen die Amerikaner systematisch, in Schlafkliniken mit modernsten technischen Hilfsmitteln Testpersonen zu untersuchen, die sich dem Schlaflabor zur Verfügung stellten. Über 10.000 Versuchspersonen wurden getestet und die Daten ausgewertet. Wissenschaftlich ist daher heute unbestritten, dass jeder Mensch träumt und in jeder Nacht etliche Male Traumphasen durchlebt. Das körperliche Ausruhen im Schlaf und das Träumen sind zweierlei. Der Schlaf ist die Vorstufe des Traumes.

      Das Schlafverhalten des Menschen läuft in verschiedenen Episoden ab, die immer wieder von motorischer Unruhe gekennzeichnet sind. Je geringer die Schlaftiefe, umso mehr nähert sich das Traumerleben dem Wachzustand. Die Bilder nehmen realere Züge an.

      Mithilfe des Elektroenzephalogramms werden diese episodenhaften Schwankungen gemessen. Wenn ein Mensch etwa acht Stunden schläft, zeigt das EEG etwa fünfmal eine Kurvenform an, die dem Wachzustand eines Menschen ähnelt. Diese zyklischen Schwankungen dauern etwa zehn bis sechzig Minuten. Man fand heraus, dass der Mensch in diesen Intervallen fest schläft und nur schwer aufzuwecken ist. Diesen Zustand bezeichnet man in der Schlafforschung als paradoxen Schlaf, weil das EEG einen wachähnlichen Zustand registriert.

      Besonders in den Zeiträumen des paradoxen Schlafes reagiert der Mensch mit Muskelzuckungen und schnellen Augenbewegungen. Man hat herausgefunden, dass diese REM-Phasen (rapid eye movements = schnelle Augenbewegungen) im Traum stattfinden. Früher glaubte man, ein Traum dauere lediglich einige Sekunden oder nur Bruchteile von Sekunden. Heute weiß man, dass der Traum zehn bis fünfunddreißig

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