Der fromme Chaot auf Gemeindefreizeit. Adrian Plass
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Elizabeths Brief war ein starker Anreiz, mit meiner Schreiberei weiterzumachen, und allmählich eröffneten sich auch Arbeitsmöglichkeiten. Nachdem im Family Magazine zwei oder drei Artikel von mir erschienen waren, wurde ich von einem kleinen christlichen Verlag beauftragt, ein Buch über mein eigenes Leben und meine Begegnungen mit Gästen und anderen Teilnehmern bei Join the Company zu schreiben.
Im Rückblick kommt es mir schier unfassbar vor, dass irgendjemand, ich selbst eingeschlossen, es für angebracht hielt, dass ich eine Autobiografie schreiben solle. Die einzigen Leute, die je von mir gehört hatten, waren die paar verstreuten Zuschauer im Süden Englands, die damals, als es noch kein Fernsehprogramm rund um die Uhr gab, bis in die Puppen aufblieben, um die letzte Sendung vor dem Testbild zu sehen. Unsere Zuschauer waren vor allem Leute, die an Schlaflosigkeit litten, Taxifahrer, Kneipenwirte und diverse Gruppen von Studenten, die unsere Diskussionen offenbar zum Schreien komisch fanden. Wenn man bedenkt, dass wir versuchten, uns in jeweils zehn Minuten Sendezeit mit so schwerwiegenden Themen wie Sex, Tod, tödlicher Krankheit und dem Wesen Gottes zu befassen, muss man diesen Studenten wohl zubilligen, dass ihre Erheiterung nicht unberechtigt war.
Ich schrieb das Buch. Natürlich schrieb ich das Buch. Warum auch nicht? Es hieß Join the Company. Bridget und ich waren außer uns vor Begeisterung, als wir zum ersten Mal Exemplare davon in den Händen halten durften. Ich legte immer eines auf den Couchtisch in unserem Wohnzimmer, ging hinaus, schlenderte dann beiläufig wieder hinein und bemerkte mein Buch mit einem kleinen inneren Hüpfer der Freude und Überraschung. Bridget verlegte ihr beiläufiges Schlendern in die christliche
Buchhandlung in unserem Ort, wo sie verstohlen ein Exemplar, das im Regal steckte, sodass nur der Rücken zu sehen war, herauszog und es so hinstellte, dass potenzielle Käufer das Cover sehen konnten.
Join the Company war eigentlich ein unebenes, recht eigenartiges Werk, aber es hatte eine gewisse nackte Ehrlichkeit. Damals boten die meisten christlichen Bücher geistliche Techniken und Problemlösungen in irgendeiner Form an. Mein Buch hatte Ecken und Kanten und war voller ungelöster Fragen und loser Enden, aber wenigstens haftete ihm ein stressbedingter Geruch der Wahrheit an. Der Absatz war natürlich alles andere als reißend. Nachdem später das Tagebuch eines frommen Chaoten erschienen war, wurde Join the Company unter dem Titel The Growing Up Pains of Adrian Plass (dt. Die steile Himmelsleiter) neu herausgebracht und hatte nun mehr Erfolg.
Die Erfahrung, ein ganzes, richtiges Buch zu schreiben, war anstrengend, aber sehr lohnend. Freilich hatte ich immer noch nicht den „großen Gedanken“ gefunden, den Edward England erwähnt hatte. Unversehens war aber inzwischen etwas anderes passiert.
Mitte der Achtzigerjahre waren in England die Adrian-Mole-Bücher enorm erfolgreich. Das brachte Andy Butcher, den stellvertretenden Chefredakteur des Family Magazine, auf die Idee, mit meinem Vornamen könnte ich doch unter dem Titel „The Secret Diary of Adrian Plass, aged 37 and threequarters“ monatlich eine humorvolle Kolumne für seine Zeitschrift schreiben.
Das Setting für diese Kolumne war leicht gefunden. Der fiktive Adrian, ein leicht verwirrter, tiefernster Bursche, hat eine fiktive Frau namens Anne (nein, Bridget ist nicht meine zweite Frau, wie manche Leute zu denken scheinen) und einen sechzehnjährigen Sohn namens Gerald, der zum Vehikel für viele der Bemerkungen wurde, die ich so gern über die verbreitete Dämlichkeit in der christlichen Gemeinde machte.
Die Leichtigkeit, mit der mir die Ideen zuflogen, hatte nicht so sehr mit meinen schriftstellerischen Fähigkeiten zu tun, als vielmehr damit, dass ich eine unverhoffte Möglichkeit gefunden hatte, meine das Leben erstickende Dunkelheit in Leben schaffenden Humor zu verwandeln. Dieses Prinzip war mir nicht vertraut, und ich hätte es damals nicht so beschreiben können, aber es in die Tat umzusetzen, war die reinste Freude und Befriedigung. Es war wie eine prasselnde Dusche, die den Dreck von mir abspülte, und eine grenzenlose Erleichterung, mich selbst über die gemeindebedingten Probleme und Nöte lachen zu hören, die ich jahrelang wie Bleigewichte um den Hals mit mir herumgeschleppt hatte. Wohlgemerkt, damals dachte ich, ich wäre wohl der Einzige, der über meinen neuen Umgang mit diesen „ernsten“ Dingen lachen würde. Doch da irrte ich mich, wie ich bald merkte.
Ein Mann, der in eine Evangelical Community Church (evangelische Gemeinschaftskirche – gibt es denn noch eine andere Sorte?) in unserem Ort ging, lud mich zu einem Treffen der Jugendgruppe ein, die er damals leitete. Colin hatte ein paar meiner Kolumnen gelesen und dachte, das würde seinen jungen Leuten bestimmt Spaß machen. Ich war da nicht so sicher. „Junge Leute“ machen, anders als Erwachsene, keinen Hehl daraus, wenn sie sich langweilen. Das ist ja auch ihr gutes Recht, aber es ist eine Katastrophe für angehende Schriftsteller, die ihnen etwas vorlesen wollen, das witzig sein soll, aber vielleicht gar nicht ist. Schließlich gibt es für Humor nur eine einzige Nagelprobe.
Ich ging trotzdem hin. Sie lachten. Sie lachten sogar eine Menge. Es war ein sehr zufriedenstellender Abend, und ich fasste Mut.
Wie sich herausstellte, war Colin, der mit Nachnamen Saunders hieß, an der Organisation von Spring Harvest nicht unwesentlich beteiligt. Das ist ein großes christliches Familienfestival, das damals auf mehreren im Land verteilten Ferienlagerplätzen stattfand. Ob ich wohl Lust hätte, fragte er, einen dieser Veranstaltungsorte im nächsten April zu besuchen, um die Urlauber dort zu unterhalten? Für Kost und Logis für mich und meine Familie würde gesorgt sein. Nur die Reisekosten müssten wir selbst tragen.
Dazu Ja zu sagen, kam mir so vor, als hätte ich mich bereit erklärt, im Dunkeln Golf zu spielen. Das Ganze war mir ein einziges Rätsel. Ein beängstigendes Rätsel. Eine großartige Möglichkeit, mich vor einer riesigen Menschenmenge zu blamieren.
Drei Monate später stiegen wir mit unseren drei Kindern, unseren Koffern, unserem Fahrgeld für hin und zurück – sowie ein paar Pfund extra für Notfälle – und Eis am Stiel in einen Bus nach Prestatyn. Die Fahrt schien ungefähr sechs Monate zu dauern. Wir waren schlagkaputt, als wir mit unseren drei kleinen Kindern in Prestatyn ankamen, nur um festzustellen, dass wir auch noch einen Tag zu früh dran waren und die Nacht in einer dieser in die Jahre gekommenen Frühstückspensionen an der Küste verbringen mussten, in denen die Teppiche an den Wänden dicker sind als die auf dem Fußboden. Für die Übernachtung ging das Geld drauf, das wir für die Rückfahrt vorgesehen hatten, aber ich schätze, so ist das nun einmal, wenn man im Dunkeln Golf spielt. Augen zu und durch, hieß die
Devise. Eine andere Wahl hatten wir nicht.
Mein erster „Auftritt“ in Prestatyn war ein Albtraum, zumindest am Anfang. Ich stand in einer riesigen Halle an einem Mikrofon, geblendet von Scheinwerfern, vor mir ungefähr ein Hektar Tanzfläche, die mich von den Hunderten von Leuten da ganz hinten trennte, von denen keiner die leiseste Ahnung hatte, wer ich war. Sie alle warteten darauf, dass ich anfing, witzig zu sein. Ein Muskel in meinem Bein pulsierte so heftig, dass ich sicher war, man konnte es hören. Meine Oberlippe klebte an meinen Zähnen, und mein Mund war so trocken wie die Wüste Gobi. Ich krächzte ein paar Worte. Nichts. Ich krächzte noch ein paar. Dann funkelte irgendwo in der Dunkelheit ein kaum merkliches Kichern auf.
Aber das schien der auslösende Funke für den Rest des Publikums zu sein. Sekunden später loderte der ganze Saal vor Gelächter. Die heilsame Wirkung einer positiven Reaktion auf Humor ist sehr bemerkenswert.