Der fromme Chaot auf Gemeindefreizeit. Adrian Plass

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Der fromme Chaot auf Gemeindefreizeit - Adrian Plass

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die Zornesader schwoll. Warum zum Geier empfinde ich so ein starkes Bedürfnis, mich gegenüber einer Person zu rechtfertigen, die mir jedes Mal, wenn wir uns begegnen, ihre offenkundig lachhaften Einsichten überstülpt?

      Ihre Antwort? „Adrian, ich finde, meistens geht es uns überhaupt nichts an, was andere über uns denken. Allerdings hast du tatsächlich etwas von einem armen kleinen Heinzelmännchen an dir. War mir bisher gar nicht aufgefallen. Ich muss mal Gerald fragen, wie er darüber denkt.“

      Hmm.

      Nachdem ich an dem betreffenden Abend Minnie am Telefon begrüßt hatte, sagte sie: „Du hörst dich ja ganz grummelig-brummelig an, Adrian. Würde über deinem grummelig-brummeligen Tag die helle Sonne aufgehen, wenn ich dir sagen würde, dass ich mit zu diesem Gemeindedingsda komme und dir helfe? Genau das mache ich nämlich!“

      Konnte ja jetzt schlecht sagen: „O Gott, nein! Nein, im Gegenteil, ich wünschte, wie hätten einen speziellen Anti-Zuschuss-Fonds, um Leute wie dich dafür zu bezahlen, dass sie wegbleiben.“

      Stattdessen sagte ich: „Oh, das ist – das ist schön, Minnie, wirklich schön. Ich trage dich in die Liste ein.“ Fügte hoffnungsvoll noch hinzu: „Du möchtest doch wirklich gern mitkommen, oder?

      Nicht, dass du vielleicht denkst, du müsstest, weil wir Probleme hätten, genügend Teilnehmer zu finden …“

      „Ehrenwerter Mister Adrian Plass!“, unterbrach sie mich mit gespielter Strenge. „Minnie sagt, du sollst schnurstracks ins Badezimmer gehen, dich im Spiegel anschauen und sagen: ‚Ich bin eine leuchtende Kerze an Gottes Weihnachtsbaum, und alle lieben es, wie ich funkle.‘ Versprichst du mir das?“

      „Also, ich …“

      „Versprochen?“

      „Ach, na schön …“

      Als ich abends aus dem Bad kam und ins Bett stieg, fragte ich Anne: „Anne, liebst du es, wie ich funkle?“

      Ein Moment Schweigen.

      „Nicht gerade dein herausragendes Merkmal, mein Liebling“, sagte sie.

      Ha! Dachte ich mir’s doch.

      Ich muss sagen, wenn man so eine Veranstaltung zu organisieren hat, merkt man, dass es in der Gemeinde einen Haufen Leute gibt, die sich vorstellen, dass es im Leben darum ginge, möglichst heiter und gelassen von einer Komfortzone in die andere zu segeln. Leute, die einem bisher immer völlig entspannt und hilfsbereit vorgekommen sind, entwickeln plötzlich alle möglichen Ecken und Kanten, die von Leuten wie mir, die eigentlich noch nie so recht wussten, was sie taten, erst einmal geglättet und abgeschmirgelt werden müssen. Die Liste der Kommentare und Fragen liest sich sehr interessant, besonders, wenn ich die Antworten hinzufüge, die ich darauf gegeben hätte, wenn ich kein Christ und nicht mit einer Frau verheiratet wäre, die sich um die Endkorrektur meines Lebens kümmert.

      „In welcher Richtung steht das Bett in meinem Zimmer? Ich kann nicht schlafen, wenn meine Füße nach Norden oder Osten zeigen. Ich sollte hinzufügen, dass ich auch dann nicht schlafen kann, wenn mein Kopf nach Süden oder Westen zeigt. Gut schlafe ich dagegen, wenn meine Füße nach Süden oder Westen zeigen oder wenn mein Kopf nach Norden oder Osten zeigt.“

       Ja, sicher, keine Sorge. Alle Betten in Scarleeswanvale sind auf Drehscheiben angebracht, wie ein drehbares Tischtablett, und lassen sich in jede beliebige Richtung ausrichten.

      „Sind Traumfänger erlaubt? Ich leere jeden Morgen die Albträume aus meinem Traumfänger in die Tonne aus, damit ich für die nächste Nacht vorbereitet bin.“

       Ah ja, natürlich, ich hatte ganz vergessen, dass Jesus ja zu seinen Jüngern gesagt hat: „Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Kupfer in euren Gürteln haben, auch keine Reisetasche und keine Schuhe, aber auf keinen Fall dürft ihr eure Traumfänger vergessen. Schließlich sind sie eine unerschöpfliche Quelle inneren Friedens und nicht etwa ein Haufen Bockmist.“

      „Kommt Eileen Jessop auch mit? Wir haben kaum ein Wort miteinander geredet, seit sie sich 2011 auf der Weihnachtsfeier der Gemeinde über meine besondere Baisertorte lustig gemacht hat, und ich wüsste nicht, wie sich das in absehbarer Zeit ändern sollte.“

       Ja, Ihre liebe Schwester in Christus Eileen wird ebenfalls dabei und gern bereit sein, die Vergebung zu empfangen, die Sie als Christin ihr sicher nicht versagen werden, der es geboten ist, ihre Feinde zu lieben und ihnen zu vergeben. Ist das nicht schön?

      „Mir war nicht klar, dass die Wochenendfreizeit eine Übernachtung einschließt.“

       Tut mir leid, meine Schuld. Wahrscheinlich war das Wort „Wochenende“ etwas missverständlich, nicht wahr? Ich kann verstehen, dass das etwas verwirrend für Sie gewesen sein muss. Unbegreiflicherweise haben alle anderen es mühelos verstanden.

      „Wir müssen doch dabei nicht irgendetwas tun, oder?“

       Lieber Himmel, nein. Natürlich nicht. Wir werden alle das gesamte Wochenende über still und friedlich in unseren Zimmern sitzen, bis wir uns gefahrlos wieder auf den Heimweg begeben können.

      Ein weiteres Problem waren Leute, die es sich anders überlegten.

      „Es tut mir leid, ich hatte vergessen, dass ich da schon einen Termin hatte.“

      „Uns ist klar geworden, dass wir uns das nicht leisten können, und Almosen wollen wir auf keinen Fall annehmen.“

      „Ich muss mich vertan haben. Ich dachte, es wäre ein anderes Wochenende/​Monat/​Jahr/​Jahrzehnt.“

      „Ich habe Zweifel und ich will es den anderen nicht verderben.“

      „Tut mir leid, aber wir haben gerade eine neue, lebendigere Gemeinde entdeckt, die unseren Bedürfnissen besser entspricht.“

      „Ja, wissen Sie, mir war nicht bewusst, dass ich dann ja Emergency Room verpasse.“

      Also ehrlich!

      Deshalb fand ich es auch so erfrischend, als William Ebson eines Tages anrief, um für die Freizeit zuzusagen. Er und seine Frau Lorna sind erst kürzlich zu unserer Gemeinde gestoßen. Er hat eine lange, spitze Nase, die von vorne betrachtet leicht nach links gebogen ist, und sie hat eine noch längere Nase, die nahezu im gleichen Winkel nach rechts gebogen ist. Sie scheinen ein recht munteres Ehepaar zu sein (sie wollten unbedingt wissen, ob es in der Einkehrstätte auch Doppelzimmer gibt!), sodass ich annehme, dieses Gesichtsverschiebungsphänomen könnte die Folge eines häufigen und leidenschaftlichen Nasenkontakts sein. Schwer zu sagen. Jedenfalls tat es richtig gut, nach all den Ausflüchten endlich jemanden ohne Wenn und Aber sagen zu hören, er würde zur Freizeit mitkommen.

      „Na prima!“, sagte ich zu Anne. „Nach dem ganzen Herumgeeiere, das ich mir anhören musste, ist es eine Riesenerleichterung, wenn jemand mal eine klare Entscheidung trifft. Da kommt einem die Arbeit gleich viel leichter vor.“

      „Ist das das Pärchen mit den Nasen, von dem du da redest?“, fragte Anne.

      „Genau. Warum?“

      „Die sind ein bisschen flatterhaft, Schatz. Da muss man mit allem rechnen.“

      Widersprach. Hätte es besser wissen müssen.

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