Moment mal!. Fabian Vogt

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Moment mal! - Fabian Vogt

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Verrückte dabei ist: Das Ganze passierte sicher nicht vor 1 000 050 Jahren, es war wahrscheinlich kein 17. Januar, und ich schätze, dass es auch kein Schwamm war, der die Menschen darauf brachte, dass man gestalterisch tätig werden und sich das Leben mit Kunst verschönern kann. Trotzdem hat es die menschheitsbewegende Erfahrung mit der Kunst irgendwann zum ersten Mal gegeben. Und es ist wichtig und richtig, sie zu feiern.

      Komisch, da muss ich noch mal an Weihnachten zurückdenken. Weil da auch jedes Jahr Kritiker darauf hinweisen, dass der Dezembertermin ursprünglich ein heidnisches Sonnenwendfest war und dass Jesus bestimmt nicht im Winter auf die Welt gekommen ist. Na und? Wir wissen nicht genau, wann er Geburtstag hatte. Und trotzdem gibt es viele Gründe, seinen Geburtstag zu feiern. Wichtig ist, dass Jesus geboren ist und die Welt verändert hat.

      JANUAR

      17

       Welttag der Migranten und Flüchtlinge

      »Welttag der Migranten und Flüchtlinge«? Was mag das wohl sein? Also: Das ist ein kirchlicher Gedenktag, der von der katholischen Kirche schon 1914 ins Leben gerufen wurde. Und es geht darum, an diesem Tag an all die Menschen zu denken, die aus irgendwelchen Gründen ihre Heimat verlassen und ganz neu anfangen müssen.

      Wer sich schon mal in der Fremde ein neues Zuhause aufgebaut hat, der weiß, welche gewaltigen Probleme das mit sich bringt. Und die anderen können es sicher nachempfinden: andere Beziehungen, andere Sprache, andere Kultur, andere Werte, andere Ängste. Da muss man sich wirklich erst mal hineinfinden.

      Zudem nimmt in Zeiten grenzenloser Mobilität die Zahl der Migranten auch noch zu. Übrigens nicht nur von Menschen, die in andere Länder übersiedeln. Ich behaupte, dass es auch immer mehr inländische Migranten gibt. Wenn jemand aus einem ostfriesischen Dorf wegen des Jobs nach München zieht, dann ist das kulturell bestimmt ebenso herausfordernd wie ein Wechsel nach Alabama. Wenn nicht noch viel herausfordernder.

      Die Bibel ist voller Migrationsgeschichten. Kein Wunder. Schließlich erzählt sie anfangs viel von Nomadenvölkern. Und vielleicht unterscheiden sich die Migranten von heute gar nicht so sehr von Nomaden. Das sind Leute, die regelmäßig weiterziehen. Und denen sagt die Bibel von Anfang an: Das Schöne ist, dass Gott mit euch geht. Wie fremd die neue Umgebung auch sein mag, Gott ist der Gleiche. Damals hat das viele getröstet.

      JANUAR

      18

       Hitparade

      Ja, ja, ich weiß, dass das ziemlich peinlich ist. Wer hat schon die Hitparade geguckt? Ich! Ich habe regelmäßig eingeschaltet, wenn Dieter Thomas Heck die neusten Hitkandidaten präsentierte. Das war für mich als Teenie Hochkultur: Peter Maffay, Wencke Myrrhe und Katja Ebstein und später dann auch Nena, Trio und Geier Sturzflug. Besonders kultig fand ich natürlich, dass Dieter Thomas Heck im Abspann jedes Mal in einer Minute gefühlte 5 000 Mitarbeiter der Sendung aufzählen konnte.

      368 Folgen der ZDF-Hitparade wurden zwischen 1969 und 2000 ausgestrahlt. Und ich habe ziemlich viele davon gesehen. Meistens heimlich. War auch nicht so ein Bringer-Thema auf dem Schulhof. Weil das in unserer Klasse nicht unbedingt als cool galt. Hitparade. Wobei ich sagen muss, es gab damals zwei Tabuthemen: Hitparade … und Kirche: »Nee, oder? Du guckst doch nicht Hitparade? Und du gehst doch nicht etwa in die Kirche?«

      Ich hab dann immer so komisch rumgedruckst. Eigentlich affig. Wegen der Hitparade habe ich mir eines Tages eine Gitarre gekauft. Und später viele Jahre als freischaffender Musiker gelebt. Und das mit der Kirche war das Beste, was mir passieren konnte. Weil da mein Horizont erweitert wurde. Weil ich angefangen habe zu spüren, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt als Coolsein.

      Wenn ich heute an die Hitparade denke, dann erinnert sie mich immer daran, dass es manchmal cooler ist, uncool zu sein. Ich jedenfalls habe sie geliebt. Basta. Und darum feiere ich heute auch ihren Geburtstag.

      JANUAR

      19

       Geschichten

      Manchmal versuche ich, mir das vorzustellen. Wie das damals war, vor 2 000 Jahren. Eine Menschenmenge. An einem Seeufer. Unruhe. Drängeln. Und dann steht da dieser Mann, Jesus, und erzählt eine Geschichte. Und noch eine. Die Leute hören zu. Gebannt.

      Merkwürdig. In diesen Geschichten geht es um lauter Dinge, die in Israel zum Alltag der Menschen gehörten: um Weinberge, Schafe, Senfkörner, Sämänner, Ackerbauern, Hochzeiten oder Geldstücke. Völlig unspektakulär. Und trotzdem begriffen die meisten Zuhörer: Moment mal! Der redet ja gar nicht nur von Hirten und Schafen, der meint eigentlich Gott und die Menschen. Da geht es um uns. Hey, dieser Hirte, der sich liebevoll um die Schafe kümmert, ist das nicht Gott? Und dieses Schaf, das sich verirrt hat, das … das könntest doch du sein. Oder vielleicht sogar ich selbst?

      Warum hat Jesus so gerne Geschichten erzählt? Könnte das daran liegen, dass man Gott mit menschlicher Logik gar nicht begreifen kann? Dass jeder Versuch, ihn abschließend zu beschreiben, scheitern muss?

      Verrückt, oder? Denn wir möchten Gott doch so gerne verstehen. Aber immer wenn eine christliche Gruppierung ernsthaft dachte, sie wüsste, wie Gott ist, ging das schief. Da kam es zu Engstirnigkeit, Traditionalismus, Gewalt, Ausgrenzung, Aggression und Streit.

      Jesus macht das ganz anders: Er definiert nicht, er erklärt nicht, er erzählt Geschichten. Er sagt fast nie: »Gott ist soundso«, sondern: »Gott ist wie …« Er vergleicht. Er vergleicht den Schöpfer des Himmels und der Erde mit ganz irdischen Dingen, die wir kennen und verstehen. Und die Bilder, die er benutzt, öffnen uns die Augen.

      JANUAR

      20

       Fabianstag

      Früher dachte ich immer, Fabian sei ein neumodischer Name. Meine Großmutter – so erzählt die Familienlegende – soll noch angefangen haben zu weinen, als sie hörte, mit welch absurdem Lautgebilde meine Eltern mich strafen wollten: FA-BI-AN.

      Doch dann hab ich festgestellt: In vielen Ländern ist der Namenstag wichtiger als der Geburtstag, weil die Leute früher meist ohnehin den Namen des Heiligen bekamen, der an ihrem Geburtstag gefeiert wurde. Da habe ich dann doch mal nachgeschaut. Und siehe da, es gibt tatsächlich einen Fabianstag – und der ist heute.

      Also: Es war einmal ein Fabian. Der besuchte im Jahr 236 Rom. Und weil die christliche Gemeinde damals gerade einen neuen Bischof wählte – sozusagen einen frühen Papst –, ging Fabian zur Wahlversammlung, um sich das mal anzusehen. Allerdings rechnete er bestimmt nicht mit dem, was dann geschah: Plötzlich erschien das Bild einer leuchtenden Taube über seinem Kopf, und er wurde direkt zum Bischof gewählt.

      Anscheinend machte er seinen Job ganz gut. Denn er organisierte die Kirche neu und war seinen Gegnern so sehr ein Dorn im Auge, dass er 250 als Märtyrer für seinen Glauben starb – und später heiliggesprochen wurde.

      »Heiliger Fabian« hin oder her, evangelische Christen tun sich (zum Glück) mit jeder Form von Personenkult schwer. Dennoch ist es

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