Der Bote aus Frankreich. Ludwig Harig
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Oft, wenn Lancelot glücklich war, sagte er, sein Herz könne sich nichts ausdenken, was er nicht auch wirklich zu vollbringen wüßte, wenn er es ernstlich versuchte. So sehr überließ er sich seiner frohen Stimmung, wenn er sich recht freuen wollte. Das ließ ihn später viele schwere Aventüren bestehen und in Ehren zuendebringen. Viele, die ihn so hochfliegend sprechen hörten, glaubten, er wolle sich rühmen, doch das tat er nicht. Er äußerte das alles aus der reichen Freude, die er im Herzen trug.
Lancelot war schön und wohlgeschaffen, und entsprechend gewandt und wohlerzogen war sein Betragen. Er war der edelste und freigebigste Knabe, wo das angebracht war. Was er bekam, verteilte er so gern unter seine Freunde, wie sie es annahmen. Stets strebte er danach, Freien und Edlen Ehre zu erweisen. Niemals hatte man ein Kind von solchem Wesen gesehen. Niemand sah ihn aus freien Stücken etwas Gemeines tun. Wenn er aber dazu gebracht wurde, in Zorn zu geraten, war er nur mit Mühe und Not wieder zu besänftigen. Mit zehn Jahren war er so verständig und klug geworden, daß man ihn keine kindischen Possen mehr treiben sah: so edel und wohlerzogen war er. Wenn er sich etwas Gutes vorgenommen hatte, hätte man ihn nicht leicht davon abhalten können, es auch zu vollbringen, und er ließ dann weder um seines Lehrmeisters noch um sonst jemandes willen davon ab.
Lancelots Aufbruch zum Artushof
So hat die Frau vom See Lancelot versprochen, daß er bald Ritter werden solle. Er freute sich so darüber, daß er nicht froher hätte sein können. »Nun gebt acht«, sagte sie, »daß es niemand erfährt, ich will Euch selbst alles besorgen, was Ihr dazu braucht.« Sie hatte vor vielen Jahren alles beschafft, was ein Ritter ordentlicherweise benötigt: eine weiße Halsberge, leicht aber hiebfest, einen silberüberzogenen weißen Helm, einen schneeweißen Schild mit silbernem Gespänge. Sie wollte nichts dabeihaben, was nicht ganz weiß war. Sie hatte ihm ein Schwert bereitgelegt, das oft erprobt war und, seit es in seiner Hand war, noch viele Male erprobt wurde; es war groß und leicht. Seine Lanze war weiß, der Schaft kurz, dick und hart, das Eisen ebenfalls weiß, scharfschneidig, hart und spitz. Sie hielt ein weißes Streitroß für ihn bereit, das war groß und kraftvoll, wendig und schnell, leichtfüßig und sprungstark. Sie hatte ihm einen Mantel und eine Kotte aus weißem Samt vorbereitet; der Mantel war mit Pelzwerk aus weißem Hermelin gefüttert, die Kotte mit weißem Zendel, weil sie ja wollte, daß alles weiß war, was er tragen sollte. So also stattete sie ihren Knappen aus. – Am nächsten Dienstag saßen die Frau vom See und ihre Begleiter früh auf und ritten in prächtigem Aufzug mit vierzig Pferden, alle weiß wie Schnee, zu König Artus.
Die Historie erzählt uns, daß König Artus gemeinsam mit seiner Frau, der Königin, und zahlreichen Rittern zu dieser Zeit in Camelot war und dort an Sankt Johanni Hoftag halten wollte. Am Freitag stand der König mit Tagesanbruch auf und wollte zur Jagd in den Wald reiten.
Sie gingen in jenem Wald bis zum Abend der Jagd nach. Der König kehrte um und ritt mit seiner Begleitung auf einem Weg heimwärts, der zur Landstraße führte. Da sahen sie rechterhand die Frau vom See mit ihrem Gefolge herankommen. Zuvorderst sah man zwei Burschen, die zwei weiße Lasttiere trieben. Auf dem einen lag ein so glänzendes, schönes und kostbares Zelt, daß nie jemand ein besseres gesehen hat. Auf dem anderen war in einer Truhe Ritterkleidung und alles, was man als Ritter braucht, sowohl Reit- wie Hofkleidung, und darauf lagen eine Halsberge und ein Paar Eisenhosen. Hinter den beiden Saumtieren mit den Truhen kamen zwei Knappen auf weißen Pferden. Der eine trug einen weißen Schild, der andere einen versilberten weißen Helm. Dann kamen wieder zwei, der eine führte eine schneeweiße Lanze; danach zahlreiche Knappen, dann drei junge Frauen in Begleitung dreier Ritter. Sie saßen alle auf weißen Pferden und ritten paarweise. Zuletzt kamen nebeneinander die Frau vom See und Lancelot. Sie unterwies ihn, wie er sich am Artushof, oder wohin er sonst käme, verhalten solle. Sie trug ihm auf, so lieb ihm seine Ehre sei, noch an diesem Sonntag Ritter zu werden: wenn er das versäume, werde es ihm dauernden Schaden bringen. »Was Ihr mir befehlt«, sagte er, »werde ich nicht unterlassen.« Damit waren sie bei der Gesellschaft des Königs angelangt. Der König und seine Ritter hätten sehr gern gewußt, wer das sein möchte, dessen Gefolge in so weiße Kleider gekleidet war und auf weißen Pferden ritt. Der König machte Gawan und Iwein auf sie aufmerksam und sagte, er habe nie jemanden so prächtig und stolz daherreiten sehen. Die Frau vom See erfuhr, daß dies der König und seine Begleitung waren. Sie lenkte ihr Pferd in schnellem Paßgang an ihrem Gefolge vorbei, und der Knappe kam mit ihr. Als der König sie so rasch heranreiten sah, schloß er daraus, daß sie mit ihm sprechen wollte.
Sie war kostbar geschmückt. Ihre Kotte und ihr Mantel waren aus weißem Samt, gefüttert mit Pelzwerk aus Hermelin. Sie ritt ein so schönes wohlgebautes weißes Pferd, wie es schöner nicht sein konnte. Das Zaumzeug war weiß von Silber. Sattel, Brustzeug und Steigbügel waren höchst kunstfertig aus weißem Elfenbein geschnitzt, in das feine Figuren von Rittern und Edelfräulein geschnitten waren. Ihre Kleider waren aus weißem Samt. In diesem prächtigen Aufzug kam die Frau vom See zusammen mit Lancelot vor den König. Lancelot trug eine weiße, sorgfältig gearbeitete Halsberge. Er war zum Staunen schön und wohlgestalt. Er ritt ein großes, kräftiges, laufstarkes Pferd. Die Frau vom See schlug den Schleier zurück und grüßte den König. Noch ehe sie das tun konnte, hatte er sie gegrüßt. »Gott schenke Euch seine Liebe, Herr«, sagte sie, »dem besten König der Welt! Ich bin von sehr weit her zu Euch gekommen, König Artus«, sagte sie, »um Euch eine Bitte vorzutragen, die Ihr mir eigentlich nicht abschlagen könnt, weil Ihr weder Schaden noch Schande noch irgend etwas Böses davon haben werdet. Sie wird Euch auch nichts von Eurem Hab und Gut kosten.« »Auch wenn sie mich viel davon kosten sollte, edles Fräulein«, sagte der König, »wollte ich Eurer Bitte hohe Bedeutung zumessen, vorausgesetzt sie beeinträchtigt mich nicht in meiner Ehre oder meiner Freude.« »Herr«, sagte sie, »das danke Euch Gott! Ich bitte Euch, mir diesen Knappen zum Ritter zu schlagen, und auch er selbst bittet Euch darum.« »Ihr seid mir willkommen«, sagte der König, »und Gott möge es Euch lohnen, daß Ihr ihn zu mir hergebracht habt. Der Knappe ist schön und wohlgestalt, ich will ihn gern zum Ritter machen, wenn er es will. Aber Ihr habt mir versichert, nichts zu verlangen, was mir Schande oder Schaden brächte oder mir zuwider wäre. Wenn ich Eure Bitte erfüllte, wäre das ein Makel, denn ich mache niemanden zum Ritter, der nicht von mir ausgestattet ist. Überlaßt mir den Knappen, ich werde ihn gern zum Ritter machen, und ich will alles das dazu beisteuern, was ich vermag, nämlich seine Rüstung und den Halsschlag. Was sonst dazugehört, muß Gott an ihm vollbringen: Tapferkeit und alle Tugenden, die den Ritter ausmachen.« »Es mag wohl so sein, Herr«, sagte die Frau vom See, »daß Ihr niemanden zum Ritter macht, der seine Rüstung nicht von Euch hat. Vielleicht hat Euch auch nur noch niemand darum gebeten. Denn wenn man Euch darum bittet, bedeutet das, meine ich, keinen Makel für Euch. Dieser Knappe wird nur in der Rüstung und mit den Kleidern Ritter, die ich ihm gebe. Wenn Ihr ihn so zum Ritter machen wollt, soll Gott es Euch lohnen. Wenn nicht, muß ich ihn anderswo hinbringen. Und ehe er gar nicht Ritter würde, wollte ich ihn lieber selbst dazu machen!«
»Ihr braucht ihr nicht abzuschlagen, was sie von Euch erbittet«, sagte Iwein, »Ihr könnt es in Ehren erfüllen. Und fehltet Ihr auch ein wenig damit, solltet Ihr Euch doch einen so schönen Knappen nicht entgehen lassen. Ich habe wahrlich nie einen schöneren gesehen.« Der König sagte, er wolle es also tun, und die Frau vom See dankte ihm. Sie schenkte dem Knappen die beiden Saumtiere und die beiden schönsten Zelter, die man je gesehen hat. Sie gab ihm vier Knappen, die für ihn sorgen und ihm dienen sollten.
Die Frau vom See nahm Abschied vom König. Er bat sie, zu bleiben. Sie antwortete, das könne sie unter keinen Umständen tun. »Wenn Ihr es nicht wollt«, sagte der König, »was mir sehr leid tut, dann sagt mir zumindest, wer Ihr seid und wie Ihr heißt.« »Herr«,