Weihnachtswundernacht 2. Группа авторов

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Weihnachtswundernacht 2 - Группа авторов

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Armen, wollte schreien, konnte es aber nicht. Dann kam der Aufprall. Dumpf, schmerzhaft. Seine Niere platzte als Erstes, Menschen liefen zusammen, auf dem Dach entfernten sich zwei Schatten. Dann fiel der Vorhang, Dunkelheit umfing ihn. Salvatore Angelico war tot.

      * * *

      Erwartungsvoll blickte er von einem Teilnehmer zum anderen. Vielleicht war der Vortrag etwas zu engagiert gewesen? Jedenfalls hatte er einen trockenen Mund. Er trank einen Schluck, vermutlich breiteten sich gerade Schweißflecken unter seinen Armen aus. Gut, dass er das Jackett angelassen hatte. Sie schauten noch immer auf ihre Notizen und Laptops, das war nicht gut.

      »Nun«, brach die Programmdirektorin das Schweigen, »erst einmal danke für Ihren – Entwurf. Es klingt auch alles recht gut, aber die Verbindung zu unserem eigentlichen Thema scheint mir etwas – dünn geraten.«

      Er protestierte: »Die Verbindung ist durch die Zeit gegeben. Die Geschichte spielt kurz vor dem Heiligen Abend in Rom. Das Opfer stürzt mitten in einen Weihnachtsmarkt.«

      »Hat Rom denn überhaupt einen Hafen?«, murmelte jemand vor sich hin. Er spürte, dass sein Stern sank.

      »Wie geht die Geschichte eigentlich weiter?«, wollte jemand wissen.

      »Ehrlich gesagt weiß ich das noch nicht genau. Ich dachte, dass vielleicht die Polizei den Mord ermittelt und dabei auf die Weihnachtsgeschichte stößt. Vielleicht geht auch der Vorhang in einer anderen Welt wieder auf oder die Vorgeschichte zeigt, wie Salvatore den Sinn des Festes entdeckt und Jahr für Jahr gegen dessen Kommerzialisierung kämpft, bis er von der Mafia ermordet wird, die ihre Profite gefährdet sieht.«

      »Ist das Meer dann eine Metapher für den Schiffbruch der Religion?«

      Endlich ein Geist, der ihn verstand. »Ja, so ungefähr. Möglicherweise.«

      Ein Raunen und Rascheln ging um den Tisch, die Mienen wurden ratlos. Er wusste, dass er verloren hatte. Die Kommission würde sich für ein anderes Skript entscheiden. Das Schlusswort hatte, wie immer in solchen Komitees, die Programmleiterin.

      »Ich danke Ihnen noch einmal für Ihre Mühe. Leider erscheint Ihre Darstellung des Themas – nicht ganz rund. Ich hoffe, Sie nehmen als Autor einen guten Rat an. Sie müssen wissen, was Sie schreiben. Eine Geschichte muss geplant sein. Ein Autor, der die Frage nicht beantworten kann, wie es weitergeht, wird es zu nichts bringen.«

      Auf dem Weg hinaus klopfte ihm einer der Teilnehmer aufmunternd auf die Schulter. »Das Meer als Metapher, das hat mir gefallen.«

      Er bedankte sich höflich und trat auf den Flur. Er brauchte unbedingt ein Bier.

      * * *

      Er nahm die erste Kneipe mit Stühlen auf der Straße, die er finden konnte. Hier gab es mehr Tauben als Menschen, genau das Richtige. Den Schnaps trank er sofort, mit dem Bier ließ er sich etwas Zeit, es war immerhin erst Mittag. Während er das Pinnchen auf dem Tisch drehte, dachte er bitter an die beiden langweiligsten Geschichten, die er kannte. Beide stehen in der Bibel: die Weihnachtsgeschichte und die Ostergeschichte. Wenn der Engel Maria verkündet, dass »sie vom Heiligen Geist überschattet wird«, weiß jedes Kind, dass Jesus wieder aufersteht. Das Ende ist im Anfang eingeschlossen wie die Fliege im Bernstein. Da gibt es nichts Unvorhergesehenes oder Spannendes.

      »Vielleicht hätten Maria und Josef über ihre Geschichte beten sollen«, dachte er bitter, entschuldigte sich aber in einem frommen Reflex gleich wieder für diesen Gedanken. Offenbar war Gott ein anderer Typ Autor als er selbst. Bei Gott lief immer alles nach Plan auf ein vorgefasstes Ziel hinaus. Das ist schon beeindruckend, immerhin schreibt Gott seine Geschichten nicht mit Tinte. Seine eigenen waren anders. Er wusste nie im Voraus, wie sich ein Buch entwickeln würde. Mit geschlossenen Augen sah er zu, was seine Figuren taten, kritisierte, änderte an manchen Stellen etwas, aber eigentlich war er nur der Chronist, der alles aufschreibt. Die Geschichten entwickelten sich von selbst.

      Je länger er über diesen Unterschied nachdachte, umso weniger war er sicher. Vielleicht wälzte er gerade eine der ältesten Fragen der Menschheit und es ging gar nicht um das Schreiben, sondern um Theologie. Legte Gott alles fest oder ließ er als Autor seinen Geschichten die nötige Luft, sich zu entwickeln? Die Jünger waren Ostern offensichtlich nicht im Bilde, sie waren verzweifelt, hatten das Gefühl, dass Gott die Sache entglitten war. Aber Weihnachten?

      Seine Gedanken glitten immer weiter ab, reisten rückwärts in der Zeit. Die Städte verschwanden, Wälder breiteten sich aus. Nach Osten hin sah er Kreuzritter mit muslimischen Truppen um Jerusalem kämpfen. Rom zerfiel in zwei Reiche, erst fiel Masada, dann Jerusalem. Zuletzt sah er ein Mädchen im Teenageralter, das allein in einer ärmlichen Behausung stand.

      Sie freute sich darauf, bald zu heiraten. Plötzlich strahlte ein überirdisches Licht im Raum auf. Sie presste sich an die Wand, kniff die Augen zu und sah dennoch, wie das Licht sich zu einem Mann zusammenzog. »Maria«, sagte er. »Du hast Gnade gefunden vor Gott.« Maria begann zu weinen. Sie glaubte nicht daran, dass Engel ausgerechnet zu jungen Mädchen aus einfachen Verhältnissen kommen. Schluchzend, um ihren Verstand fürchtend, rannte sie einfach durch die Erscheinung hindurch. Draußen atmete sie ein paar Mal tief durch. Sie schwor sich, nie wieder allein hineinzugehen.

      Er selbst gab seinen Figuren solche Freiheiten, aber hatte auch die echte Maria das Recht, einfach abzulehnen? Nein, vermutlich nicht. Also kommt die schwangere Maria kurz darauf zu ihrem Verlobten.

      »Josef, ich, ich muss dir etwas sagen.«

      »Was ist los, Maria? Warum guckst du so traurig? Du kannst mit mir über alles reden.«

      Maria nickt und packt den Stier bei den Hörnern. »Ich bin schwanger.«

      Es ist, als träfe Josef eine Abrissbirne. (Automatisch strich er das Wort in seinem Kopf durch. Vor zweitausend Jahren gab es keine Abrissbirnen. Noch mal).

      Es ist, als wäre Josef von einer Keule getroffen. Er wendet sich ab, kann erst nach einer Weile wieder sprechen. Dann sagt er, betont langsam, um Fassung ringend: »Von wem?«

      Maria entrüstet sich, was denkt er denn von ihr? Dass sie nebenher einen heimlichen Liebhaber hat? »Von einem Engel. Nein, eigentlich von Gott selbst.« Kaum, dass sie die Worte ausgesprochen hat, merkt Maria, wie dumm sie klingen. Nicht nur sie.

      »Was Besseres fällt dir nicht ein?« Josef stürmt hinaus, er knallt die Tür so stark, dass die Tassen in den Regalen klimpern. Maria will ihm nachrennen, bleibt aber wie angewurzelt stehen. Allein in der Wüste, vielleicht einen Kilometer von Bethlehem entfernt, sitzt Josef allein auf einer Düne. Er spürt nicht, wie ihm die Sonne auf den Kopf brennt. Es wäre ihm auch egal, er will ohnehin lieber sterben als leben, wenn er an die Schande denkt. Die Sache wird ihm immer anhängen. Selbst wenn er Maria verlässt, wird man über ihm tuscheln. Am meisten ärgert ihn die faule Geschichte mit dem Engel. Wenn er Maria nicht verlässt, muss er damit leben, in einem Dorf mit jemandem zu leben, der seine Frau geschwängert hat.

      Josef wird immer bitterer. Da kommt es zu einem merkwürdigen Phänomen. Die gleißende Sonne verdichtet sich zu einem Mann mit Lederschurz. Er trägt ein Schwert an seiner Seite. »Josef«, spricht er ihn an. »Josef, deine Verlobte lügt nicht. Verlass sie nicht.«

      Erst in diesem Moment spürt Josef die Hitze. Er hat einen Sonnenstich, halluziniert bereits. Er muss so schnell wie möglich in den Schatten kommen. Am nächsten Tag löst er die Verlobung.

      Das

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