Weihnachtswundernacht 2. Группа авторов
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Auf einmal gellte ein Schrei durch die Luft. Eine Frau, wohl eine Verwandte der Kranken, war mit ihr oben auf der Ladefläche geblieben, und stimmte das Klagegeschrei an. Sofort fielen alle anderen Frauen in das Heulen und Schreien mit ein. Aus allen Häusern kamen sie herbeigelaufen, rissen sich an den Haaren, schlugen sich auf die Brust und warfen Sand auf ihre Kleider. Die Frau, die durch die Nacht hindurch zu unseren Füßen gelegen hatte, war gestorben. Ihr Ehemann saß direkt neben uns im Sand. Anders als die Frauen stimmte er nicht in das Klagegeschrei ein. Er sagte nur leise: »Allahu akbar!« – »Gott ist größer!« Eine Träne lief ihm über die Wange. Dann trank er seinen Tee.
Das war also unser Weihnachten! Nichts von Festtagsstimmung, kein Lametta, keine Kerzen und kein Weihnachtsschmuck, keine Lieder und kein Gebäck. Das war doch kein Weihnachten! Oder doch?
Unterwegs mit schlechter Nachricht?
Nach kurzer Pause fuhren wir weiter, oben auf dem Wagen, zusammen mit der toten Frau und den anderen Fahrgästen. Von Dorf zu Dorf ging es, entlang dem Nil. Und überall, wo wir hinkamen, erschallte das Klagegeschrei vom Wagen herunter. Überall kamen die Frauen des Dorfes herbeigelaufen und stimmten in das Klagen ein. Hier waren die Menschen alle irgendwie miteinander verwandt, und so betraf der Todesfall die meisten von ihnen. In Windeseile verbreitete sich die Nachricht.
Aber es war doch Heiligabend, der Tag, an dem die beste aller Nachrichten zum ersten Mal die Menschen erreichte: »Euch ist heute der Heiland geboren!« Und es waren doch genauso einfache Menschen wie die, mit denen wir hier unterwegs waren, denen die Himmelsboten damals diese Botschaft verkündigten. Und wir mussten an das Versprechen aus der Bibel denken, das immer wieder in der Weihnachtszeit in den Kirchen vorgelesen wird: »Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da sitzen im finstern Land, strahlt es hell! Denn euch ist ein Kind geboren …«
Genau in diese Welt mit ihren Dunkelheiten, mit ihrem Schmerz und ihrer Trauer, mit ihrer Krankheit und ihrem Tod, da hinein gehört die Weihnachtsbotschaft. Wo, wenn nicht hier, macht Weihnachten wirklich Sinn?
Zwiebeln und Tomatensuppe aus der Tüte
Es war dann kurz vor Einbruch der Dunkelheit, als wir endlich am Haus der beiden Krankenschwestern eintrafen. Margarete und Barbara hatten kaum noch zu hoffen gewagt, dass wir ankommen würden. Ein Telefon gab es damals noch nicht in ihrem einfachen Haus und auch keinen Strom. Und doch konnten wir jetzt Weihnachten feiern! Viel gab es nicht zu kaufen auf dem kleinen Markt von Abri. Fleisch war schon seit Wochen nicht mehr angeboten worden. So bestand unser Festmahl aus einer Tütensuppe, die sie im Sommer aus Deutschland mitgebracht hatten, gebratenen Zwiebeln, etwas Käse und Brot. Und doch war es ein köstliches Mahl, gerade nach der langen Reise. Und wieder sangen wir die Weihnachtslieder, lasen den Bericht von der Geburt von Jesus, den Lukas in seinem Evangelium niedergeschrieben hat, und beteten miteinander. Draußen gingen die Sterne auf, wie damals in der ersten Heiligen Nacht. Und wie damals die Hirten auf dem Feld hörten wir in unseren Herzen die Worte des Engels: »Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.«
Weihnachten in der Wüste
Dieses Weihnachtsfest in der Wüste wird uns für immer unvergesslich sein. Fern von allem, was sonst Weihnachten für uns ausmacht, und fern von dem, was auch häufig den wahren Sinn von Weihnachten überdeckt, erlebten wir unmittelbar, worum es bei Weihnachten wirklich geht.
Das Licht scheint in der Finsternis.
Die Freude überwindet die Trauer.
Das Leben besiegt den Tod.
Jesus, der Retter, ist da!
Dass diese Hoffnung, diese Freude und diese Wahrheit allen Menschen gilt, ob sie nun im Sudan leben oder in Deutschland, in Russland oder Amerika, in Asien, Afrika, Australien, Europa oder sonst wo auf der Welt, das ist der Grund dafür, dass wir immer und überall Weihnachten feiern können.
Auch in der Wüste. Denn da, wo die Weihnachtsbotschaft uns erfasst, wird aus der Wüste unseres Lebens ein blühender Garten.
ROLAND WERNER
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