NachtTaxi. Thorsten Amrhein
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»Oh, habt ihr das gehört? Er hat Ja gesagt!«, triumphiert sie. Kurz darauf sind wir am Ziel. Mein Beifahrer bezahlt und steigt mit der hinter ihm sitzenden Frau aus. Meine Verehrerin bleibt jedoch im Wagen sitzen und blickt mir tief in die Augen. »Komm doch mit in die Disko. Parke hier einfach und habe ein bisschen Spaß mit uns!«
»Ich muss leider noch arbeiten und im Moment ist sehr viel Geld zu verdienen. Es ist eben Samstagnacht, wo das Geschäft so richtig brummt«, versuche ich meine Standardausrede anzubringen.
»Wie lange fährst du denn heute noch?«, erkundigt sie sich umgehend.
»Bis 7 Uhr«, übertreibe ich extra.
»Okay. Dann gib mir wenigstens deine Nummer. So in drei Stunden rufe ich dich an, dann kannst du mich wieder nach Hause fahren.« Als ich zögere, fügt sie noch an: »Dann können wir bei mir noch einen Kaffee trinken. Ich bezahle natürlich die Fahrt. Wie heißt du denn überhaupt? Ich bin Natascha.«
Mit meinem Namen und meiner Handynummer verlässt sie das Taxi. Werde ich in ein paar Stunden ohne jeglichen Aufwand wirklich die Gelegenheit zu einem One-Night-Stand bekommen? Und wenn, sollte ich sie wahrnehmen? Warum habe ich ihr sonst die richtige Nummer gegeben? Welcher Mann würde bei so einem Angebot von einer attraktiven Frau wohl Nein sagen? Sollte ich der einzige Dummkopf sein? In Anbetracht des sich anbahnenden sexuellen Abenteuers steigert sich meine Erregung immer weiter, je näher der erwartete Anruf kommt.
Gegen 4 Uhr klingelt tatsächlich mein Handy und Natascha bestellt mich zu der Disko, an der ich sie abgeliefert habe. Als ich ankomme, verabschiedet sie sich gerade von ihren beiden Freunden. Als sie mich bemerkt, beeilt sie sich einzusteigen. Wir sitzen nun allein im Taxi und ihre Lockerheit von der Hinfahrt ist verschwunden. Wir führen die Fahrt über einen belanglosen Smalltalk, unterbrochen von Phasen peinlicher Stille. Es kommt mir vor, als habe sie Angst vor ihrer eigenen Courage bekommen. »Es waren nur ganz junge Leute in der Disko«, greift sie das zum Erliegen gekommene Gespräch wieder auf, »die hätten alle meine Kinder sein können! Kennst du nicht eine gute Möglichkeit zum Tanzen für etwas reifere Leute?« Nach einigem Nachdenken nenne ich ihr zwei Locations. »Wie oft gehst du abends weg?«, erkundigt sie sich umgehend. Als ich nicht gleich antworte, mutmaßt sie sofort: »Wahrscheinlich nur einmal im Jahr«, womit sie gar nicht so falsch liegt und mir erneut ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert. Wir machen noch einen kurzen Zwischenstopp an einer Tankstelle, um Zigaretten zu holen. Schließlich stehen wir vor ihrer Wohnung, sie bezahlt und nun bin ich gespannt, ob alles nur ein Spielchen war oder ob sie es ernst gemeint hat.
»Jetzt kommst du aber noch mit rein, auf einen Kaffee.«
»Eigentlich muss ich noch mindestens zwei Stunden arbeiten.«
»Ach komm schon, dann fährst du danach eben noch ein bisschen.«
»Na gut«, gebe ich mir einen Ruck.
»Ich weiß, was du jetzt denkst«, sagt sie beim Betreten ihres Flures.
Wir gehen in die Küche.
»Oh, hier sieht es etwas unordentlich aus. Wir haben vorhin zu Abend gegessen.« Sie räumt den Tisch ab, ich lege meine Jacke ab und setze mich.
»Bist du nervös? Du brauchst keine Angst zu haben.«
»Nein, nein«, lüge ich schnell. Sie macht mir einen Kaffee und schaltet das Radio mit einiger Mühe ein, da es sich im obersten Fach ihres Küchenregals befindet. Sie setzt sich mir direkt gegenüber und zündet sich eine Zigarette an.
»Ich bin verheiratet und habe zwei Söhne. Der Große ist 18, der Kleine sechs«, legt sie gleich alle Karten auf den Tisch. »Mein Mann ist in Kanada«, schiebt sie leicht vorwurfsvoll nach.
»Was macht er denn beruflich?«, frage ich.
»Er ist selbstständig und muss sehr viel reisen.«
Dann gibt sie mir zu verstehen, dass sie eigentlich einen wunderbaren Mann hat und alles in Ordnung ist, bis auf die Tatsache, dass er meist nicht zu Hause ist.
»Da wir beide verheiratet sind«, sagt sie, »gibt es keine gemeinsame Zukunft für dich und mich. Es wäre also nur eine Affäre.« So versucht sie, eventuelle Ängste meinerseits, dass sie mehr als ein Liebesabenteuer will, abzubauen. Auch bei ihrem Alter schummelt sie nicht: »Ich bin vierzig«, sagt sie frei heraus, »und wie alt bist du?«
»37«
»Ich bin Ausländerin, in Russland war ich Lehrerin. Hier in Deutschland konnte ich meinen Beruf leider nicht weiter ausüben. Ich verstehe alles sehr gut, nur mein Sprechen ist nicht perfekt.«
»Ich finde, du sprichst sehr gut deutsch.«
»Aber anscheinend nicht gut genug für eine Anstellung als Lehrerin in Deutschland. Daher bin ich nun schon lange Hausfrau. Nun erzähl mal was von dir. Wie lange bist du schon Taxifahrer?«
»Sieben Jahre.«
»So lange schon? Was hast du vorher gemacht?«
»Ich bin eigentlich Bauingenieur.«
»Oh, du bist nicht dumm«, ist sie überrascht, »ja es ist im Moment bestimmt schwierig, eine Arbeit zu finden.« Sie setzt wie selbstverständlich voraus, dass ich auch als Ingenieur arbeiten will und so breite ich ihr meine Lebensphilosophie aus. »Ich brauche nicht viel Geld, Luxus interessiert mich nicht, ich habe dafür lieber mehr Zeit, um über das Leben und die Welt nachzudenken. Taxi fahren ist für mich der ideale Job, weil ich sogar während der Arbeitszeit, nämlich in der Wartezeit zwischen zwei Fahrten, meinen Interessen nachgehen kann: Philosophie, Astronomie, Quantenmechanik, Schach. Ich bin mit meinem Leben, so wie es ist, sehr zufrieden.«
Dafür kann sie erwartungsgemäß, wie die meisten Menschen, kein Verständnis aufbringen und versucht mir sogar zu zeigen, dass ich mir etwas vormache. Ich merke immer deutlicher, dass wir so gar nicht auf der gleichen Wellenlänge liegen. Wir diskutieren noch einige Zeit weiter, bis sie wieder auf den eigentlichen Grund unseres Treffens hinarbeitet.
»Ich bin keine fünfundzwanzig mehr, aber ich fühle mich noch jung, nur mein Körper ist es nicht mehr. Das ist mein Problem. Im Herzen bin ich noch ein junges Mädchen. Wo ist die schöne Zeit geblieben?«, fragt sie wehmütig.
Anstatt ihr in irgendeiner Form Komplimente zu machen, was sie wohl erhofft hat, versuche ich sie zu trösten: »Ja, da müssen alle Menschen durch. So ist das Leben nun mal. Männer haben es da allerdings leichter mit dem Älterwerden. Bei Frauen achtet man leider nur aufs Äußere.« Sie unterbricht mich mit einer kreisenden Handbewegung: »Ja, immer weiter so, sprich dich nur aus.« Da merke ich erst, dass ich auf dem falschen Dampfer bin und kann meinen aufkommenden Lachreiz nur mit Mühe zu einem Lächeln abmildern: »Nein, nein, so habe ich das nicht gemeint.«
»Ich gefalle dir nicht«, stellt