Leben statt Angst. Felix R. Paturi
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Durch ein Trauma oder langjährig praktizierte eigene Verhaltensmuster erworbene Ängste sitzen. Man kann sie nicht in wenigen Tagen loswerden. Noch mehr Zähigkeit und Geduld braucht es, sich von archetypischen Grundängsten zu trennen, die im Wesen des Menschen verankert sind.
Aber wer es ernst meint mit dem Wunsch, seine krankhaften Ängste für immer loszuwerden, dem wird mein Buch Schritt für Schritt in Theorie und Praxis den Weg dazu weisen. Es genügt dabei freilich nicht, die Seiten lediglich zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen. Sie müssen auch konsequent, ausdauernd und geduldig danach handeln. Lassen Sie es mich so sagen: Egal, wie viele und wie gute Bücher Sie zum Thema Sexualität und Zeugung lesen, allein durch die Lektüre wird sich Ihr Kinderwunsch niemals erfüllen. Sie müssen das Gelernte auch unbedingt selbst praktizieren, damit sich Erfolge einstellen. Mit dem Loswerden Ihrer Ängste ist das kein bisschen anders. Ich kann Sie nur führen. Gehen müssen Sie selbst. Und bitte lassen Sie sich damit die nötige Zeit – aber auch nicht mehr, sonst gerät Ihr Programm ins Schleifen. Gehen Sie Schritt für Schritt vor. Man kann kein solides Haus bauen, wenn nicht zuerst ein sauberes Fundament gelegt wird, wenn nicht zuerst Ruinen entfernt werden, die sich auf Ihrem Grundstück befinden. Der Prachtpalast würde später plötzlich zusammenbrechen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg beim Durcharbeiten – nicht beim Lesen – dieses Buches. Spätestens nach dem ersten Drittel wird es leichter, denn spätestens dann zeigen sich die spürbaren Erfolge, und das gibt Auftrieb.
Finger weg von spirituellen Selbstheilungsversuchen
Seit Professor Michael Harner und andere Wissenschaftler in den 1970er Jahren schamanische Arbeitsweisen in der westlichen Welt salonfähig machten, fanden diese auch vielfältigen Eingang in die moderne Psychotherapie. Die spricht zwar meist nicht von „schamanischen Reisen in die untere und obere Welt“ und auch nicht von „Krafttieren“ oder „spirituellen Lehrern“, die dem Schamanen helfend zur Seite stehen, sondern benutzt Ausdrücke wie „katathyme Bilderschau“, weil diese professioneller und anspruchsvoller klingen als das Vokabular der Stammesschamanen sogenannter Primitivvölker.
Immerhin bestätigte bereits um 1985 die Weltgesundheitsorganisation, dass derzeit nur etwa 15 Prozent aller Patienten weltweit schulmedizinisch versorgt werden, dagegen aber rund 85 Prozent schamanisch. Die Heilerfolge, so die WHO, seien in beiden Lagern etwa gleich groß, wenn auch nicht genau auf denselben Gebieten. Ein Patient mit offenem Schädelbruch oder einer akut lebensbedrohlichen Infektion ist sicher bei einem Schulmediziner in besseren Händen, während bei der Vielzahl psychosomatischer Leiden und bei Krankheiten, deren Heilung sich durch seelische Prozesse beschleunigen lässt, oft der Schamane die besseren Karten hat.
Versuche, sich von Ängsten ohne kompetente Hilfe auf eigene Faust zu befreien, scheitern oft auch schon deshalb, weil der Betroffene Angst davor hat, dass es nicht klappen könnte und er dann in einen wahren Hexenkreis der Angst gerät.
Auch vielen Formen der Angst lässt sich schamanisch gut beikommen. Allerdings gibt es hier in unserer modernen Gesellschaft Missverständnisse: Immer wieder versuchen Menschen, in ein paar Wochenendseminaren die Grundlagen schamanischen Arbeitens zu erlernen, mit der einzigen Zielsetzung, sich dann selbst heilen zu können, sich von psychischen und physischen Leiden befreien und auch Ängste überwinden zu können. Das ist zum einen gar nicht der Sinn schamanischer Arbeit. Der Schamane ist ein Heiler, kein Selbstheiler. Ist er krank, wendet er sich in der Regel an einen Kollegen, wie das etwa auch ein Zahnarzt tut. Zum Zweiten kann der Versuch, sich schamanisch gleichsam an den eigenen Haaren aus dem Sumpf der Angst ziehen zu können, geradewegs ins völlige Abseits führen.
Ein guter schamanischer Heiler, der seinen Patienten seelisch „manipuliert“, weiß, was er tut. Ein Dilettant, der sich selbst seelisch manipulieren will, gerät fast immer in ein dichtes Netz aus Aberglauben und Selbstbetrug. Er verliert dann oft den Bezug zur Realität, und das weckt nur neue Ängste. Also Finger weg von Versuchen spiritueller Selbstheilung. Das gilt übrigens keineswegs nur für schamanische Methoden.
Vor dem Aufbau gilt es „Ruinen“ abzutragen
Misstrauen Sie allen Versprechungen, die Ihnen einreden wollen, Sie könnten Ihre Ängste nachhaltig binnen kürzester Zeit loswerden. Wer Ihnen Derartiges weismachen will, ist entweder ein Scharlatan oder ein Betrüger. Es gibt hier nur eine einzige Ausnahme: einige sehr spezielle Phobien – wie etwa die panische Angst vor dem Zahnarzt – lassen sich manchmal hypnotisch begegnen.
Nun gibt es eine – von Michael Harner und seiner „Foundation of Shamanic Studies“ entwickelte – Methode, die sich „Shamanic Counseling“ nennt und unter anderem bei Angstpatienten oft hervorragende Ergebnisse erzielt, wenn der Counselor eine solide Ausbildung absolviert hat und über ausreichende praktische Erfahrung verfügt.
Der Counselor führt seine Klienten dabei fünf Wochen lang durch inhaltlich aufeinander aufbauende Trance-Sitzungen und bespricht die Ergebnisse mit ihm. Ich selbst habe diese Technik wieder und wieder praktiziert und dabei immer dieselbe Erfahrung gemacht. Zumindest die erste Sitzung, nicht selten auch die ersten beiden Sitzungen, sind reine „Abrissarbeit“ und für den Klienten meist alles andere als angenehm. Er muss sich alten Traumen stellen, muss aufhören, überall ängstlich Halt zu suchen, sich von seinen oft manischen Sicherheitsbedürfnissen verabschieden. Er muss gründlich loslassen, ohne dafür zunächst einen tragfähigen Ersatz zu bekommen. Manchmal hatte ich das Gefühl, meinem Klienten wird buchstäblich auch noch das letzte bisschen Boden unter den Füßen fortgerissen, auf das er sich geflüchtet hatte.
Wer in dieser Phase den Weg ohne erfahrene Begleitung gehen würde, könnte nur allzu leicht resignieren, weil ihn das Gefühl bedrückt: „Jetzt wird ja alles noch viel schlimmer.“ Das steigert die Angst zu Panik und wird als Rückschlag empfunden. Und mitten in diesem vermeintlichen Desaster bricht man dann die hoffnungsvoll begonnene Selbsttherapie ab und macht damit wirklich alles noch schlimmer.
Aber es führt kein Weg daran vorbei: Wer die baufällige Ruine, in der er wohnt, nicht mehr sanieren kann, muss sie erst abreißen, ein neues Fundament legen und dann mit einem soliden Neubau beginnen. Natürlich ist die Situation zu Beginn dieses Prozesses nicht gerade beneidenswert. Es ist kein Glücksgefühl, vor einem riesigen Berg von Abrisstrümmern und Schutt seines bisherigen Weltbildes zu stehen, aus dem hier und dort noch die ramponierten Reste so manchen altvertrauten Objekts herausragen. Aber da muss man durch, wenn man wirklich Altes loswerden will, und mit dem Alten meine ich hier natürlich die bisherige, angsterfüllte Existenz.
Mein Buch wird Sie deshalb als notwendiges Übel zuerst einmal durch die Abrissphase begleiten. Der Aufbau kommt dann danach.
Es gibt keine Abkürzung zum Erfolg
Wenn Sie einen Fachmann suchen, der Ihnen dabei helfen soll, Ängste zu überwinden, dann schauen Sie zuerst einmal in seine Augen. Sehen Sie darin Unsicherheit, Unzufriedenheit oder gar eigene Ängste, dann dürfen Sie sich ihm nicht anvertrauen, ganz egal, ob er sich als spiritueller „Meister“ ausgibt oder ein Universitätsdiplom als Psychologe nachweisen kann.