Das Schmusekätzchen und andere Geschichten. Manfred Wiedemann
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Plötzlich blieb Franz wie angewurzelt stehen. Er blickte in zwei Augen, die er kannte, überlegte, ob er sich nicht irre, aber ein Irrtum war nicht möglich. Es waren die Augen seiner Rita, es gab keinen Zweifel. Sie sah noch immer gut aus, auch wenn das Leben, das sie führte, seine Spuren hinterlassen hatte. Kurz entschlossen ging Franz hinein. Seine Kollegen fragten ihn noch, was er dort wolle und ob er es denn so nötig habe. Franz hörte sie nicht. Er wusste nur, dass er dort hineingehen musste um zu erfahren, wie seine schöne und schüchterne Rita in dieses Haus kam.
Auch Rita schien ihn jetzt erkannt zu haben, sagte aber dass sie für ihn keine Zeit habe, denn sie wäre schon mit einem anderen Freier verabredet. Franz aber merkte, wie verstört sie war und ließ sich nicht abweisen. Er sprach sie mit ihrem Namen an, den sie wohl schon Jahre nicht mehr gehört hatte und auf den sie mit Schrecken reagierte. Hier wurde keines der Mädchen mit dem richtigen Namen bezeichnet, das war in diesen Kreisen Gesetz. Rita war zunächst sehr abweisend, tat, als ob sie ihn nicht kenne und sagte dass er verschwinden solle. Franz aber ließ nicht nach. Endlich gab auch sie zu, dass sie ihn erkannt habe und sie nicht wisse, was sie sagen solle.
Er sagte ihr, dass er sie mit zahllosen Briefen zu erreichen versucht habe, aber nie eine Antwort erhielt. Er hatte geglaubt, dass sie ihn vergessen habe und dass er meinte, sie sei mit einem reichen Bauernsohn in ihrer Heimat verheiratet. Dass sie hier gelandet sei, könne er nicht verstehen, denn das hätte er sich im Traum nicht vorstellen können. Nun begann Rita ihre Geschichte zu erzählen. Darauf meinte Franz, dass er sie hier herausholen werde, koste es was es wolle. Seine Anke, mit der er schon lange verheiratet sei, würde sicher dafür Verständnis haben. Rita aber meinte, dass sie sich nach all den Jahren mit ihrem Schicksal abgefunden habe und dass sie dieses Leben so weiter führen wolle; es wäre für sie nicht das schlechteste. Und kein Mensch würde eine wie sie haben wollen, es sei nun mal eine Tatsache, dass sie so leben müsse, auch wenn sie daran unschuldig sei. Ihr Zuhälter habe ihr am ersten Tag gesagt, dass er aus ihr noch ein richtiges Schmusekätzchen machen würde, und das sei sie jetzt. Dass sie bei der Nennung ihres Namens Rita so erschrocken reagiert habe, käme daher, daß sie hier diesen Namen habe. Sie heiße eben das „Schmusekätzchen“.
Teure Schönheit
Ein Mann, schon reif, doch noch nicht alt,
der sucht sich eine Freundin bald.
Er hat zu Haus auch eine Frau,
die ist nicht sehr schön, jedoch sehr schlau.
Die Freundin hübsch, und jung und klug,
das findet dieser Sünder gut.
Er ist erfolgreich, hat auch Moos,
er ist ein echter Gernegroß.
Indes, die Frau in seinem Haus,
die kennt sich mit dem Gatten aus.
„Lass ihn nur machen“, denkt sie schlau,
„und balzen, diesen alten Pfau.“
Er nimmt die Junge mit auf Reisen,
denn schließlich muss er sich beweisen,
dass er, jetzt endlich Mann von Welt,
mit dieser Frau erst richtig zählt.
Sie liebt ihn sehr, noch mehr sein Geld,
(das hat er später festgestellt).
Er kauft ihr, was sie so begehrt,
das ist ihm diese Frau schon wert.
Doch mit der Zeit, das Geld wird knapp,
da wendet sie sich von ihm ab.
Und teilt kurz seiner Gattin mit:
„Ich geb’ den Alten Ihnen z’rück!“
Aber die ist pfiffig, wie man vermutet,
drum ihrem Herrn Gemahl was hustet:
„Such Dir ’ne Dümmere als ich bin,
geh’ lieber zu der andern hin!“
„Und will sie auch nichts von dir wissen,
ich hab ein sanftes Ruhekissen.
Denn Haus und Hof, ist alles mein.
Ich steck auch die Versicherung ein.“
Und die Moral von der Geschicht’:
allein der Schönheit traue nicht.
Mit schönen Weibern sich zu zieren,
birgt die Gefahr, viel zu verlieren.
Der Pechvogel
Ein Mann, der niemals hatte Glück,
beklagte laut sein Missgeschick.
Es sei sein Schicksal, dass er immer
noch hoffe, doch dann kommt es schlimmer.
Fortuna denkt er, kennt ihn nicht,
ob auf dem Amt, ob bei Gericht,
Verlierer ist er, das ist klar,
weil’s bei ihm immer schon so war.
Die andern alle haben Glück -
er pachtete das Missgeschick.
Doch hat er niemals nachgedacht
Ob er vielleicht was falsch gemacht!?
Er sieht nur schwarz in seinem Leben.
Hat nie sich einen Ruck gegeben.
Dass auch für ihn die Sonne scheint,
das hat er immer nur verneint.
So lebt er still und vor sich hin,
es hat ja alles keinen Sinn.
Wird alt dabei und grau und hart.
Mit neunzig hat man ihn verscharrt.
Der Alte
Ein Mann, schon alt, doch