Brandt-Gefahr. Klaus Vater

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Brandt-Gefahr - Klaus Vater

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nicht Ja gesagt. Wenn bei diesen Ermittlungen auch nur irgendetwas schiefläuft, fällt das auf mich zurück. Wenn ich Pech habe, kann ich anschließend im Tiergarten Streife gehen.»

      «Egal, wer’s machen würde», warf Strattmann ein, «jeder würde dieses Risiko eingehen. Auch ich. Bei mir wäre es sogar noch größer, weil alle Welt sagen würde, der ist mit dem Freifahrtschein der SPD an seinen Posten gelangt, und nun hat er Mist gebaut. Mich würden die nicht mal mehr Streifendienst versehen lassen!» Strattmann zündete sich eine Zigarette der Marke Overstolz an, ein Arbeiterkraut. «Es ist eigentlich ganz einfach, Otto. Berlin ist unsere Heimat. Und wir sorgen dafür, dass diese Halunken keine Verbrechen verüben. Wenn du die Leitung übernimmst, bin ich immer an deiner Seite.»

      «Eines muss klar sein: Ausufernde Ermittlungen können wir uns nicht leisten, Fehlschläge erst recht nicht», warnte Niederzier.

      «Also, Otto, was meinst du?», fragte Strattmann.

      «In Ordnung», sagte Kappe widerwillig, «aber nur, weil ihr mich sonst nicht in Ruhe lasst.»

      «Wen wollen Sie in Ihrer Gruppe haben?», erkundigte sich Niederzier sofort.

      «Eduard Strattmann wird mein Stellvertreter. Natürlich brauche ich Hans-Gert Galgenberg, der an meine Art zu arbeiten gewöhnt ist und der mir einiges abnehmen kann. Außerdem möchte ich noch die Kriminalmeisterin Lilli Lenné von der Weiblichen Kriminalpolizei dabeihaben.»

      «Warum die?», wollte Keunitz wissen.

      «Weil ich meine, dass es gut ist, wenn jemand unser Team unterstützt, der die Kerle, mit denen wir es zu tun haben werden, aus einer anderen Perspektive betrachtet als wir. Sie hat oft genug bewiesen, dass sie mit ihrem guten Instinkt Ermittlungen voranbringen kann. Hat jemand hier etwas gegen die Kriminalmeisterin?»

      Keiner sagte etwas.

      «Außerdem sollten Gerhard Piossek und Günter Kynast dabei sein, die sind erfahren und enorm belastbar. Sie beherrschen ihre Arbeit aus dem Effeff. Kynast brennt außerdem vor Ehrgeiz, soweit ich das beurteilen kann. Jürgen Rückert ist leider noch in seinem wohlverdienten Urlaub. Aber wir werden noch jemanden brauchen, der nicht davor zurückscheut, etwas gröber vorzugehen. Da habe ich sofort an den Hauptwachtmeister Ludwig Bredow vom Revier in der Koloniestraße im Wedding gedacht. Den kann man als lebendes Lexikon der Berliner Polizeigeschichte bezeichnen. Frau Frieda Kessel wird den Schreibkram erledigen. Mit dieser Truppe würde ich gerne antreten. Ob das genügend Leute sind, weiß ich nicht.»

      «Machen Sie sich deswegen keine Sorgen», sagte Keunitz. «Sie kriegen bei Bedarf, wen Sie brauchen.» Er schaute Kappe forschend an. «Aber der Bredow passt nicht in die Gruppe. Das sollten Sie sich noch einmal überlegen.»

      «Ich habe mich entschieden», antwortete Otto Kappe. «Wir brauchen jemanden, der die Berliner Polizei bestens kennt, auch die Verhältnisse vor ‘45.»

      Der Hauptwachtmeister Ludwig Bredow zählte zu den sehr speziellen Köpfen in der Berliner Polizei. Er hatte als Polizeihauptmeister die Endstufe des mittleren Dienstes erreicht und stand kurz vor der Pensionierung. Wie der 1946 als Kriegsverbrecher verurteilte und gehängte SS-General Kurt Daluege war Bredow in Kreuzburg in Oberschlesien geboren worden. Vier Lebensjahre hatten die beiden voneinander getrennt. Daluege und Bredow lernten sich in der Wandervogel-Bewegung kennen. Daluege wurde Soldat, Ludwig Bredow wurde Werksfeuerwehrmann. In den 1920ern zog Letzterer nach Berlin, bekam eine Anstellung bei den Vereinigten Chemischen Fabriken H. Temmler und wurde für den Werkschutz ausgebildet. Als Daluege 1934 Chef der Ordnungspolizei wurde, meldete sich Bredow bei ihm. Er wurde Polizist, merkte aber bald, auf was er sich eingelassen hatte. 1941 hatte er mit anderen den Abtransport Berliner Juden vom Bahnhof Berlin-Wannsee zu organisieren. Als sich herausstellte, dass sich in Ludwig Bredows Familienstammbuch nicht nur «Arier» befanden, sollte er rausgeworfen werden. Daluege hatte, wenn auch widerwillig, seine Hand über ihn gehalten. Ludwig Bredow hatte die NS-Zeit überlebt – und nichts vergessen.

      Nach Ende des Kriegs hatte Bredow mit Gesinnungsgenossen die Stammbaumprüfer im Polizeiapparat ausfindig gemacht. Niemand von denen war ungeschoren davongekommen. Man handelte proletarisch direkt. Bredow, weiß Gott nicht mit breiten Schultern gesegnet, hatte eine Brachialität an den Tag gelegt, die ihm kaum jemand zugetraut hatte. Nach der Entnazifizierung – er war als Mitläufer eingestuft worden – hatte er sich wieder im Werkschutz versucht. Aber da es in der Nachkriegszeit allzu viele gegeben hatte, die sich selbst der Nächste waren, und er praktisch nichts hatte tun können als zuzusehen, wie sich manche die Taschen füllten, hatte er bei der Berliner Polizei angeklopft – und Erfolg gehabt. Heute war Bredow ein schmaler älterer Mann mit Zähnen, die braun waren vom Zigarettenkonsum. Wer ihn aufmerksam studierte, bemerkte seine auffallend dicken Handgelenke und seine breiten Hände.

      «Dann machen wir es so», entschied Niederzier. «Kommen Sie beide denn miteinander aus?», fragte er und schaute Kappe und Strattmann an.

      Strattmann lachte. «Was glauben Sie denn? Wir beide haben zwar gemeinsam noch keine Verbrecher gejagt, aber dafür haben wir uns auf Polizeifesten im Olympiastadion zusammen ordentlich einen auf die Lampe gegossen.»

      Den Rest des Tages verbrachte Otto Kappe damit, die neue Arbeitsgruppe einzuweisen. Ludwig Bredow hatte er bereits telefonisch zu erreichen versucht und die Bitte um einen Rückruf hinterlassen. Lilli Lenné, Hans-Gert Galgenberg und Günter Kynast wollten genau wissen, um was es gehe. Gerhard Piossek fragte nicht lange, sondern freute sich darüber, dass seine Erfahrungen gefragt waren.

      «Da ist ein Polizeihauptmeister Bredow in der Leitung», sagte Frau Kessel kurze Zeit später zu Kappe. «Wollen Sie mit ihm sprechen, oder soll ich ihn abwimmeln?»

      «Stellen Sie ihn bitte zu mir durch!»

      «Tach, Otto!», schmetterte der Hauptwachtmeister aus dem Wedding in Kappes Ohr. «Wie geht’s dem Onkel? Was machen seine Zipperlein?»

      Otto Kappe musste unwillkürlich grinsen. Bredow hatte vor 26 Jahren mit seinem Onkel Hermann die Klingen gekreuzt, als es um einen vermissten Mann aus dem Fernmeldewesen gegangen war. Einige Zeit später hatten sie sich zufällig wiedergetroffen und Respekt voreinander entwickelt. Der inzwischen längst pensionierte Hermann Kappe gehörte zu den unvergessenen Kriminalisten, die ihr Handwerk noch unter dem legendären Ernst Gennat gelernt hatten.

      «Die Zipperlein wachsen und gedeihen. Ein abendfüllendes Thema, wird vom Onkel gern ausführlich beredet. Doch bis der zum Doktor geht, muss es schon ziemlich dicke kommen. Aber wem sag ich das!»

      «Du wolltest mich sprechen?», fragte Bredow.

      «Ja. Hast du Zeit, in den nächsten Wochen in einer Gruppe mit besonderem Auftrag zu arbeiten?»

      «Eine Gruppe mit besonderem Auftrag? Hört sich zumindest interessant an», meinte Bredow. «Ich bin gern dabei.»

      «Morgen treffen wir uns in der Gothaer Straße. So gegen neun. Du bist herzlich eingeladen. Lässt man dich denn so kurzfristig gehen?»

      «Ach, das Revier ist froh, wenn ich mal nicht anwesend bin.»

      «Ist’s so schlimm?»

      «Viele jüngere Kollegen haben eben andere Auffassungen als ich.»

      «Also morgen um neun Uhr?», fragte Kappe, um nicht näher auf das Thema eingehen zu müssen.

      «Ja, ich werde kommen.»

      «Sag mal, ist dir in der letzten Zeit der Karl-Heinz untergekommen?»

      «Du

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