Offen gesagt. Tassilo Wallentin

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Offen gesagt - Tassilo Wallentin

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bereits 2006, als es seine BIP-Statistik gleich um 25 % aufblähte, indem es eine lächerlich große Schattenwirtschaft unterstellte. Die EU wies dies anfangs zwar zurück, „einigte“ sich aber dann mit den Griechen auf „nur“ 9,6 %. Das zeigt die Brisanz von ESVG 2010 sehr deutlich. Doch anders als die Politik richten sich die Investoren, Gläubiger und Märkte dieser Welt nicht nach dummdreisten Lügen, nur weil man sich politisch auf sie geeinigt hat.

      Die weltweit renommierte Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt deshalb vor Spekulationsblasen und einer akuten Crash-Gefahr in der Euro-Zone. Europa droht laut namhaften Ökonomen auf Jahrzehnte die wirtschaftliche Rezession.

      Um in dieser Situation Wirtschaftswachstum zu generieren, fuhr und fährt die EZB eine so genannte Niedrig-Zins-Politik. Das bedeutet im Wesentlichen, dass man versucht über die Senkung des Leitzinses die Zinsen für Sparguthaben zu beeinflussen. Dahinter steht ein sehr einfacher Gedanke:

      Wenn die Zinsen für Sparguthaben sinken, wenn also die Bankkunden für die magere Ausbeute auch noch Kapital­ertragsteuer zu bezahlen haben und den Rest die Inflation frisst, dann vergeht den Menschen die Freude am Sparen und sie werden ihr Geld lieber für andere Dinge ausgeben. Und das generiert Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone. So weit, so falsch. Denn mittlerweile liegt der Leitzins bei 0,05 %, was bedeutet, dass die Zinsen für Sparer abgeschafft sind.Und trotz dieser „Null-Zins-Politik“ geben die Menschen kein Geld aus und wird kein Wirtschaftswachstum generiert. Die klassische Geldpolitik der EZB ist damit kolossal gescheitert. Aber warum?

      Die Antwort ist sehr einfach: „Geld ist Vertrauen“, das wusste schon Goethe. Und aufgrund der beschriebenen Situation haben die Menschen berechtigte Sorgen um ihre Zukunft und misstrauen seit der Finanzkrise dem Bankensystem und den manipulierten Finanzmärkten. Am allerwenigsten werfen sie wegen niedriger Zinsen ihr Geld zum Fenster hinaus. Wenn schon investieren sie in Börseprodukte, um höhere Renditen zu erzielen, weshalb dort auch von Spekulationsblasen die Rede ist.

      Der Großteil der Menschen aber bringt das Bargeld in Sicherheit und hortet es zu Hause. Seit der Euro-Einführung hat sich die Bargeldsumme vervierfacht. Selbst die

       12 Millionen Reichsten der Welt halten mittlerweile nach einer Schätzung von Wels Fargo Asset Management etwa 28–40 % ihres Vermögens in bar (2008 lag die Barquote nur halb so hoch). Und damit sind wir beim Kernthema:

      Um den Menschen den Fluchtweg ins Bargeld abzuschneiden, sie mit aller Gewalt zum Geldausgeben zu zwingen und nötigenfalls über Nacht enteignen zu können, um ihre Ersparnisse in leere Pensions- und Staatskassen umzuleiten, vertreten Finanzeliten rund um den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die EZB öffentlich einen ganz radikalen Ansatz: Das Bargeld soll abgeschafft und Straf-Zinsen für Sparer eingeführt werden.

      In einem ersten Schritt will man die Menschen dazu zwingen, ihre gesamten Ersparnisse auf Bankkonten zu legen. In einem zweiten Schritt könnten die Notenbanken jederzeit die Zinssätze weit unter null drücken, also den Zwangskunden der Bank so hohe „Straf-Zinsen“ auf ihre Guthaben verordnen, dass diese ihr hart verdientes Geld lieber schleunigst ausgeben anstatt Straf-Zinsen dafür zu bezahlen. Die Notenbanken hätten die totale Kontrolle über die Geld- und die Finanzströme, die sie lenken und leiten können wie sie wollen. Wie in einer Planwirtschaft!

      Regierungen könnten über Nacht eingeführte Vermögenssteuern jederzeit von den Konten abbuchen.

      Wie gesagt, die Fortführung der „Niedrig-Zins-Politik“ hin zur „Straf-Zins-Politik“ funktioniert nur, wenn die Leute nicht auf das Bargeld ausweichen können. Zudem gibt es bei einem allzu großen Ausweichen auf Bargeld noch ein weiteres Problem: In der Euro-Zone sind Scheine und Münzen im Wert von 700 Milliarden Euro im Umlauf, es existiert aber 11-mal so viel Giralgeld, also Beträge, die auf Konten, Kreditverträgen und Verrechnungsanweisungen aufscheinen.

      Ein „Banken-run“ wäre nicht zu verkraften – die Bargeldmenge reicht gerade einmal für 10 % der auszuzahlenden Summe; daher muss eben das Bargeld abgeschafft werden.

      Wie konkret diese Pläne, dieser „war on cash“ bereits gediehen ist, zeigen folgende Fakten: Alles, wovon ich eben gesprochen habe, wird vor dem IWF offen diskutiert oder hat Eingang in dessen Strategiepapiere gefunden, wie etwa die Forderung auf eine 10 %ige Zwangsabgabe auf alle Sparguthaben (eine eiskalte Enteignung sonst nichts). Zudem sind Straf-Zinsen die logische Fortsetzung der „Niedrig-Zins-Politik“, von der man sich nicht verabschieden will. EZB-Chef Mario Draghi spricht in diesem Zusammenhang

       von „unkonventionellen Maßnahmen“. Damit übernimmt er glatt den Wortlaut des ehemaligen US-Finanzministers Larry Summers aus dessen Rede vor dem IWF im November 2013, mit der dieser die Abschaffung des Bargeldes und die Einführung von Negativ-Zinsen propagierte. Und für EZB-Vizepräsident Constâncio ist das alles – wohl süffisant gesagt – „eine Diskussion wert“. Auch ein OECD-Bericht über die Zukunft des Bargeldes kommt zu dem wenig überraschenden Ergebnis, dass das Bargeld abzuschaffen ist. Die EU setzt ebenfalls ganz konkrete Schritte in Richtung Abschaffung des Bargelds. Sie hat vor kurzem das „soziale Grundrecht jedes Menschen auf ein Bankkonto“ ausgerufen. Damit meine ich die so genannte Europäische-Bankkonten-Richtlinie, die alle Mitgliedstaaten bis 2016 umzusetzen haben. Die Richtlinie schreibt „das Recht“ jedes Konsumenten auf ein Girokonto vor. Das bereitet nicht nur die Abschaffung des Bargeldes vor, sondern macht auch etwa 30 Millionen Menschen automatisch zu Zwangs-Bankkunden. Ein neues Bankenrettungspaket.

      Hinzu tritt, dass Barzahlungen über 70 bis 2.500 Euro in vielen EU-Ländern nicht mehr erlaubt sind. In Griechenland liegt die Grenze bei 70 Euro, in Italien bei 1.500, in Spanien bei 2.500 und in Frankreich nun bald auch bei 1.000 Euro. In diesen Fällen darf man diese Betragsgrenzen übersteigende Zahlungen nicht mehr in bar begleichen, wenn eine der Parteien bei der Transaktion in professioneller oder gewerblicher Kapazität handelt. Im Falle Italiens ist das besonders bedenklich und niederschmetternd. Die Italiener sind die größten Sparer der EU, haben die geringsten Privatschulden und zahlen gerne mit Bargeld.

       Sie verwenden kaum Kreditkarten (fünfmal weniger als andere Nationen) und geben deshalb nicht mehr Geld aus als sie haben. Den Italienern das Bargeld abspenstig zu machen, stellt einen ungeheuren Paradigmenwechsel dar, der bereits unter Ministerpräsident Monti seinen Lauf genommen hat. Vordergründig argumentieren die Staaten bei den Bargeldbeschränkungen und der angesteuerten Abschaffung des Bargeldes noch damit, dass dies notwendig sei, um die Schattenwirtschaft, Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung und organisierte Kriminalität zu erschweren bzw. zu verunmöglichen. Doch gerade das stößt bei namhaften Ökonomen auf größtes Misstrauen.

      Die Menschen würden auf andere Währungen und zur Not auf Edelmetalle ausweichen. Die Schwarzarbeit würde zwar schwieriger, aber noch lange nicht unmöglich. Man geht davon aus, dass die Schattenwirtschaft maximal um 15 % schrumpfen würde. Beim Rest würde auf andere Zahlungsmittel ausgewichen. Es gäbe anstatt eines sauberen Arbeitsmarktes ein unüberschaubares Geldchaos aus Auslandswährungen, Naturalwährungen und Edelmetallen. Auch Gutscheinsysteme, mit denen Dienstleistungen direkt ausgetauscht werden können, sind vorstellbar. Prof. Schneider von der Universität Linz und Paul Schmidt von der Frankfurt School of Finance and Management haben hierzu beachtenswerte Berechnungen und Studien verfasst.

      Die groß angelegte Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Form von Steuersparmodellen, Platzierungen von Holding-Gesellschaften auf Offshore-Inseln bekäme man mit der Bargeldabschaffung aber ohnehin nie in den Griff. Dafür gibt es sehr prominente Beispiele: Etwa die britischen Kanalinseln, die nicht Teil der EU sind und daher nicht den üblichen Steuergesetzen unterliegen, aber der britischen Krone gehören und zu den Steuervermeidungsparadiesen zählen. Ebenso wie die Tax-Heavens der USA, an deren Abschaffung die US Regierung nicht denkt und die US-Präsident Obama in allen Gesprächen ausklammert. Man erinnere sich auch an den Wallstreet-Skandal, als eine prominente Bank über die Cayman Islands Milliarden Dollar des mexikanischen Drogenkartells gewaschen hatte.

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