Berufs- und Arbeitspädagogik. Bernhard Gress
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1.1.2 Bedeutung der Ausbildung für Jugendliche, Wirtschaft und Gesellschaft
1.1.2.1 Bedeutung der Berufsbildung für den Jugendlichen
Die Bedeutung der Berufsausbildung für den Einzelnen liegt in folgenden Bereichen:
> wichtiger Einstieg ins Berufsleben
> Sicherung eines Arbeitsplatzes
> Sicherung des Lebensunterhalts und der finanziellen Existenzgrundlage
> stufenweise Einführung in die Berufs- und Arbeitswelt
> Erwerb von Verhaltensformen im Betrieb
> Schaffung einer Grundlage für berufliche Mobilität (örtliche und fachliche Beweglichkeit)
> Lernen von selbstständigem Arbeiten und Handeln
> Persönlichkeitsbildung
> Aneignung von Pflichtbewusstsein, Verantwortung und Zuverlässigkeit
> Voraussetzung für den Einstieg in Weiterbildungsmöglichkeiten.
1.1.2.2 Bedeutung der Berufsbildung für Wirtschaft und Gesellschaft
Jede Gesellschaft muss alle denkbar geeigneten Maßnahmen durchführen, um die berufliche Leistungsfähigkeit zu schaffen und zu erhalten. Die Leistungsfähigkeit des Einzelnen ist auch für eine Gesellschaft aus wirtschaftlichen Gründen wichtig, weil Menschen, die ihre berufliche Leistungsfähigkeit vorzeitig verlieren, letztlich auf Kosten der übrigen arbeitenden Mitglieder der Gesellschaft mitgetragen werden müssen. Die Erhaltung der beruflichen Leistungsfähigkeit ist ferner ein wichtiges Element für die Stabilität einer Gesellschaftsordnung, weil Arbeitslosigkeit, die auf mangelnde berufliche Leistungsfähigkeit zurückzuführen ist, auf Dauer gesehen eine Gesellschaftsordnung gefährdet.
Die berufliche Leistungsfähigkeit und somit die Stabilität einer Gesellschaftsordnung wird insbesondere erreicht und erhalten durch
> eine solide berufliche Ausbildung,
> eine laufende berufliche Fortbildung und
> durch geeignete berufliche Umschulungsmaßnahmen im Bedarfsfall.
Wirtschaftspolitische Bedeutung der Berufsbildung
Der wichtigste Produktionsfaktor „Arbeit“ hängt in einer Volkswirtschaft vom Niveau der Ausbildung aller arbeitenden Menschen ab.
In einem rohstoffarmen Land wie der Bundesrepublik nimmt somit die berufliche Bildung wirtschaftspolitisch die absolute Schlüsselrolle ein.
Sie ist die wichtigste Investition in „Humankapital“, die genauso bedeutsam ist wie die Investition in Sachkapital (Maschinen, Werkzeuge usw.).
Die enge Verflechtung von Problemen der Bildungs-, Gesellschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik hat dazu geführt, dass Berufsbildungsfragen auch unter dem Gesichtspunkt sozial- und arbeitsmarktpolitischer Entscheidungen gesehen werden müssen.
Arbeitsmarktpolitische Bedeutung der Berufsbildung
Am Arbeitsmarkt treffen Angebot und Nachfrage nach Arbeitskräften zusammen. Das oberste Ziel der Arbeitsmarktpolitik muss der Ausgleich von Angebot und Nachfrage sein. Der Arbeitsmarkt wird von folgenden Faktoren beeinflusst:
> technische Entwicklungen
> konjunkturelle und strukturelle Entwicklungen
> lohnpolitische Entscheidungen
> sozialpolitische Entscheidungen
> bildungspolitische Entscheidungen
> Qualität der Berufsbildung.
Einer der stärksten Einflussfaktoren ist die Bildungspolitik und die qualitative und quantitative Situation in der beruflichen Bildung.
Qualitativ gesehen muss das berufliche Bildungssystem dafür sorgen, dass deren Absolventen den technischen und ökonomischen Anforderungsprofilen der beruflichen Arbeit (Fertigkeiten, Kenntnisse, Verhaltensformen, Problemlösungskompetenz) in den Betrieben und somit am Arbeitsmarkt entsprechen. Dabei ist die Ausbildung auf größtmögliche Beweglichkeit (Mobilität) zwischen verschiedenen Arbeitsplätzen, Branchen und Regionen auszurichten. Quantitativ betrachtet muss in erster Linie die Bildungspolitik (zum Beispiel durch Aufwertung der beruflichen Bildung), aber auch der Bürger in seinem Berufswahlverhalten dafür sorgen, dass genügend fachlich vorgebildete Arbeitskräfte zur Verfügung stehen und der Arbeitsmarkt so ausgeglichen wie möglich ist.
Leider ist dieser Ausgleich in der Bundesrepublik nicht gegeben. Trotz bestehender Arbeitslosigkeit gibt es unbesetzte Stellen in beachtlicher Zahl, weil die Qualifikationen in Angebot und Nachfrage nicht zur Deckung gebracht werden können. Es ist daher mehr als zuvor notwendig, über eine gezielte Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik die qualitativen und quantitativen Ungleichgewichte zu reduzieren.
Sozialpolitische Bedeutung der Berufsbildung
Auch für die Sozialpolitik hat die berufliche Bildung eine wichtige Bedeutung: Ein solides Berufsbildungssystem schafft die wirtschaftlichen Grundlagen für die Sozialpolitik eines Staates, weil nach sozialen Gesichtspunkten gesehen nur das verteilt werden kann, was vorher durch gut ausgebildete Arbeitskräfte erarbeitet wurde. Eine gute Berufsbildungspolitik ist somit auch der Schlüssel für die soziale Sicherung und die soziale Stellung, insbesondere auch sozial schwacher Schichten unserer Gesellschaft.
Wer eine qualifizierte Ausbildung und Weiterbildung durchläuft, kann in der Regel ein höheres persönliches Einkommen erreichen (zum Beispiel im Vergleich zum Ungelernten oder Angelernten). Darüber hinaus erschließt sie auch eine höhere soziale Stellung (zum Beispiel selbstständiger Handwerksmeister).
Gesamtwirtschaftlich betrachtet führt eine qualifizierte berufliche Bildung zu hoher Wirtschaftsleistung sowie einem hohen Beschäftigungsgrad und somit zur Einsparung von sozialen Leistungen an sozial Schwache oder Arbeitslose.
Berufliche Bildung entlastet die Sozialpolitik auch durch berufliche Wiedereingliederung und Ausbildung von Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung.
Handwerkspolitische und einzelbetriebliche Bedeutung der Berufsbildung
Gerade im Handwerk spielt das Niveau der Berufsausbildung eine entscheidende Rolle. Zwar ist auch im Handwerk der Maschinen- und Geräteeinsatz in den letzten Jahren ständig angestiegen, und dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Trotzdem bestimmt aber die menschliche Arbeitskraft im Handwerk noch weitgehend das Ergebnis der betrieblichen Leistung. Daher hat das Handwerk noch mehr als andere Wirtschaftszweige dafür zu sorgen,