Das Phönix-Prinzip. Patrick Freudiger
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Mikropolitik und Bullshit-Kultur sind toxisch für das Arbeitsklima
Zwei »Unsitten« grassieren in vielen Firmen: Mikropolitik und Bullshit-Kultur.
Wir alle kennen Führungskräfte, aber auch Mitarbeitende, die nicht nur die Ziele ihres Unternehmens, sondern auch Eigeninteressen verfolgen und dafür persönliche Macht aufbauen und einsetzen. Durch mikropolitisches Verhalten gestalten alle Mitarbeitenden informelle Spielregeln, soziale Strukturen und Verhaltensweisen in Organisationen mit. Für Führungskräfte ist es anspruchsvoll, solche mikropolitischen Strukturen immer wieder zu unterbinden – aber auch selbst nicht aktiv mitzumachen.
Eine Bullshit-Kultur zeichnet sich durch Führungskräfte – aber auch Mitarbeitende – aus, die regelmäßig in ihren Auftritten und Äußerungen den Anschein von Wichtigkeit vermitteln. Ihre Aussagen sind dabei voller Platituden und inhaltlich leer. Haben Sie gewusst, dass es eine wissenschaftliche Definition für Bullshitting11 gibt?
Führungskräfte »bullshitten«, wenn sie mit wenig bis gar keiner Verpflichtung gegenüber Wahrheit, Beweisen und/oder etabliertem semantischen, logischen, systemischen oder empirischen Wissen kommunizieren. Aus wissenschaftlichen Untersuchungen weiß man, dass Menschen dazu neigen, mehr zu bullshitten, wenn sie sich unter Druck gesetzt fühlen, eine Meinung zu etwas zu haben.
Beispiele für Bullshit, der häufig in Organisationen anzutreffen ist:
Kommunizierte versus tatsächlich gelebte Werte: Es besteht eine Diskrepanz zwischen der Art und Weise, wie sich das Unternehmen nach außen präsentiert und wie diese Werte von den Führungskräften tatsächlich gelebt werden. Über der Eingangstür im Unternehmen hängt ein großes Bild, das in fetten Lettern verkündet: »Wir sind ein Team für Ihren Erfolg.« Die Führungskräfte aber arbeiten meist hinter verschlossenen Türen und stellen sich bei jeder Gelegenheit über die Mitarbeitenden. Oder plakativ wird kommuniziert: »Wir leben exzellenten Kundenservice.« Nimmt ein Kunde diesen Kundenservice in Anspruch, erlebt er das pure Gegenteil. Das Unternehmen weigert sich, wegen eines fehlenden Quittungsbelegs den funktionsuntüchtigen Artikel umzutauschen. Unternehmen wollen »unternehmerisch denkende« Mitarbeitende. Sind diese dann aber wirklich initiativ und kommen mit eigenen Lösungsansätzen, werden sie nur allzu oft in ihrem Wirken zurückgehalten.
Seinen Worten keine entsprechenden Taten folgen lassen: Der Geschäftsführer trifft Anordnungen, die für das gesamte Unternehmen gelten sollen, von denen er genau weiß, dass er diese selbst nicht einhält. Es werden Lohnkürzungen kommuniziert, die Geschäftsleitung gönnt sich aber gleichzeitig eine Lohnerhöhung. Oder der Chef ordnet an, dass alle elektronischen Agenden transparent für alle Mitarbeitenden einsehbar sind, schützt seine eigene Agenda aber still vor der Einsicht der Mitarbeitenden.
Management-Trends unbedarft mitgehen: In Drei-bis-vier-Jahreszyklen gibt es neue Management-Trends, die, wie von unsichtbarer (Berater)Hand gesteuert, in vielen Unternehmen als heilbringend angesehen werden. Oft springen Führungskräfte auf den Zug auf, ohne die neuen Trends inhaltlich auf ihre Zweckmäßigkeit für die eigene Organisation zu überprüfen. Es gehört zum guten Ton, mitzumachen. »Was? Ihr macht nichts zum Thema laterale Führung und Empowerment in eurem Unternehmen?«, »Also wir arbeiten jetzt mit OKR – Objectives and Key Results«. Oder um möglichst zeitgemäß dazustehen, werden die festen Arbeitsplätze aufgelöst und wie Wohnzimmer anmutende Working Spaces eingeführt.
Organisationen müssen gegenwärtig »agil« sein und einen »Purpose« haben: »Wir müssen agiler werden« ist eine oft geäußerte Anforderung von Führungskräften, die sich mit genau dieser Formulierung in vielen Strategiepapieren wiederfindet. Die konkreten Vorstellungen hinter dieser Formulierung gehen dann in persönlichen Gesprächen doch weit auseinander. Auf den Punkt gebracht, geht es meistens um das Thema Geschwindigkeit und die Hoffnung, dass »diese Agilität uns dabei hilft, schneller zu werden«. Oft werden daraufhin Organisationsstrukturen angepasst. Das Mindset verharrt allerdings in alten Mustern und somit wird das gesamte Unternehmen unter eine Spannung gesetzt. Mehr »Schein als Sein« könnte das Motto solcher Veränderungen sein.Bei der Fragestellung nach dem »Purpose«, der Sinnstiftung, die im Mittelpunkt des organisatorischen Wirkens stehen soll, wird es für gewisse Unternehmen anspruchsvoll, einen inspirierenden Purpose zu finden. Wie definieren Hersteller von krebserregenden Zigaretten oder ungesunden Snacks sinnstiftenden Purpose? Dennoch sind auch solche Unternehmen auf den Hype aufgesprungen.
Von einer Führungskraft wird von ihren Kollegen und Vorgesetzten stillschweigend erwartet, dass sie selbst Teil der Bullshit-Kultur ist. Insbesondere, dass sie den Bullshit der Vorgesetzten mitträgt und unterstützt. Darunter leidet die Glaubwürdigkeit der Führungskraft bei ihren Mitarbeitenden. Diese werden verunsichert und zeigen mit der Zeit ein dysfunktionales Verhalten, welches sich gemäß Patrick Lencioni durch einen Mangel an Vertrauen, Angst vor Konflikten, Fehlen von Verbindlichkeit, Mangel an Verantwortung und Nachlässigkeit gegenüber den Ergebnissen äußert12.
Eine Bullshit-Kultur hat verheerende Auswirkungen sowohl auf die Performance einer Organisation wie auch auf die Motivation der Mitarbeitenden. Es fehlt auf allen Führungsebenen an echtem Commitment, denn wer lässt sich schon gern in die Pflicht nehmen und zur Verantwortung ziehen, wenn es sein Vorgesetzter auch nicht tut?
Menschen wollen heute anders geführt werden als früher
Führungskräfte führen Menschen. Die Menschen, die sie führen, haben sich jedoch im Laufe der Jahre verändert. Die Generationen Y und Z13 bauen auf ein neues Wertesystem. In den Unternehmen rückt mit der sogenannten »Generation Y« eine Generation junger Frauen und Männer nach, die ein anderes Wertesystem als deren bisherige Leistungsträger haben. Sie sagen zwar auch »Ja« zum Leistungsanspruch, betrachten Arbeit aber primär als ein Instrument zur Sicherung der Existenz und des gewünschten Lebensstandards. Ihre Arbeit wollen sie als befriedigend erfahren.
Die neuen Generationen stellen die Führungsmodelle einiger Unternehmen in Frage. Denn häufig wird ein kooperativer Führungsstil propagiert, die Führungsrealität sieht aber anders aus. In vielen Unternehmen legitimiert Führung ihre Autorität noch primär über die hierarchische Position; des Weiteren über einen Vorsprung an Erfahrung, Wissen und Information. Und häufig wird von den »Untergebenen« im Arbeitsalltag primär Gehorsam erwartet. Und gute Führung? Sie wird daran gemessen, wie die Mitarbeitenden »spuren«. Zugleich wird aber betont: Unsere Mitarbeitenden müssen eigenständiger denken und handeln. Hieraus resultiert ein Grundkonflikt, für welchen manche der betroffenen Unternehmen noch keine Lösung gefunden haben.
Generell gilt: Im Zeitalter unternehmensübergreifender Projekte und Netzwerke sowie fließender Strukturen lassen sich die Grenzen zwischen Führenden und Geführten nicht mehr so klar wie früher ziehen. Die Führungskräfte verlieren an Einfluss und den Mitarbeitenden fällt eine aktivere Rolle zu. Und zunehmend entscheidet der Grad der