Alles ist Zufall. Theodor Fontane

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Alles ist Zufall - Theodor Fontane marixklassiker

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Ring

      Trägt sich leichter als von Bodelschwingh.

      Ohne Wühler dort und Agitator

      Frißt uns höchstens mal ein Alligator,

      Schlöffel-Vater und selbst Schlöffel-Sohn

      Respektieren noch den Maranon.

      Dort kein Pieper, dort kein Kiol-Bassa,

      Statt der Darlehnsscheine Gold in Kassa,

      Und in Quito oder Santa Fé

      Nichts von volksbeglückender Idee.

      Laß die Klänge Don Juans und Zampas,

      Hufgestampfe lockt uns in die Pampas,

      Und die Rosse dort, des Reiters wert,

      Sichern dich vor Rellstabs Musenpferd.

      Komm, o komm! Den heimatlichen Bettel

      Werfen wir vom Popokatepettel

      Und dem Kreischen nur des Kakadu

      Hören wir am Titicaca zu.

      1848, SW XX, S. 447 f.

      Preußens Zukunft

      Die deutschen Stämme werden mehr und mehr erkennen, daß ihre Interessen dieselben sind, die Scheidewände werden fallen mit den Dynastien, und Deutschland wird groß, frei und einig sein.

      Diese Auferstehung Deutschlands wird schwere Opfer kosten. Das schwerste unter allen bringt Preußen. Es stirbt. Jeder andere Staat kann und mag in Deutschland aufgehen; gerade Preußen muß darin untergehen. Was unsere Zeit so schön charakterisiert, ist Gerechtigkeit gegen jede Nationalität. Die eigene schützen, die fremde achten, das ist Losung und Feldgeschrei. Innerhalb der Nationalitäten aber werden Stammesverschiedenheiten wieder in ihr Recht treten, und diese Rückkehr zum Natürlichen bringt Preußen um seine Existenz. Bayern, Sachsen, Schwaben, sie werden in Deutschland aufgehen, der großen deutschen Republik werden diese Namen nicht fehlen. Aber eine preußische Republik ist eine Unmöglichkeit; Preußen muß zerfallen. Seine Provinzen gleichen ebensovielen Eisenstäben, die ohne Anziehungskraft untereinander nur durch das Tau eines absoluten Willens zusammengehalten wurden. Das Tau ist mürbe geworden, es wird zerrissen, und die Eisenstäbe werden folgen, wohin der Magnet der Stammesgleichheit sie zieht. Preußen war eine Lüge, das Licht der Wahrheit bricht an und gibt der Lüge den Tod. Mögen Tausende sich erheben und Preußen eine Wahrheit, mich aber einen Lügner nennen, mögen sie in Ermangelung eines andren Beweises das Paradepferd unserer glorreichen Geschichte reiten – ich antworte ihnen: das jetzige Preußen hat keine Geschichte. – Was gilt dem Schlesier die Schlacht bei Fehrbellin, was gilt ihm selbst der Siebenjährige Krieg mit seinem zweifelhaften Recht? Was gelten dem Sachsen, dem Rheinländer unsere Siege bei Dennewitz und Großbeeren? Sie fochten auf feindlicher Seite, als wir den Tempel unseres Ruhms mit Trophäen schmückten. – Vergebens suchen unsere Staatsmänner einen Ausweg, Österreich und Preußen unterliegen der Nemesis der Geschichte; welche Politik wir auch verfolgen mögen, ob eine hochherzig deutsche oder eine königlich preußische, der Ausgang bleibt derselbe: das jetzige Preußen hört auf zu sein. Preußen hat nur die Wahl zwischen einem Untergehen in Deutschland oder einem Zusammenschrumpfen auf das Ländergebiet von 1740. Es kann nicht zweifelhaft sein, was schöner wäre: ein solcher Tod oder ein solches Leben.

      1848, Auszug, SW XIX, S. 45 f.

      Einheit oder Freiheit

      Unsere Einheit ohne das ganze Maß der Freiheit ist ein Unding; sie bleibt ein unlösliches Problem. Ohne Freiheit gibt es wohl eine Einheit der Kabinette, eine Einheit der Polizei, eine Einheit von allem möglichen, nur nicht eine Einheit des deutschen Volks. Nein, keine Einheit um jeden Preis, überhaupt kein Streben nach Einheit; sie muß sich geben wie die Liebe – aller Zwang ist ihr Tod. Nur »Freiheit um jeden Preis«! Ihr nachgestrebt, ihr jedes Opfer gebracht – das sei unverändert die Losung des Tages. Dann ist die Zeit nahe, wo kein Schwanken mehr ist, »ob einig, ob frei?« Dann werden wir einig sein durch die Freiheit und frei sein durch die Einigkeit.

      1848, Auszug, SW XIX, S. 52

      Das Volk ist immer reif für die Freiheit.*

      Brief an Bernhard von Lepel v. 12. Oktober 1848

      Das Jahr 13 kam; das Volk, und nochmals und nur das Volk befreite sich und seinen König mit. Friedrich Wilhelm III. bekundete damals seine ganze Schwäche und Unbedeutendheit. Die Schlacht bei Belle-Alliance war geschlagen; das Volk pflanzte Freiheitsbäume, in seinem Jubel vergaß es daran zu denken, daß es auch innere Feinde giebt, die ein freies Volk nicht dulden darf. Nicht großgezogen in der Freiheit, noch ohne Sinn und Zunge für ihren Feuerwein – wohl aber, nach Tagen voll Muth und Kraft, von dem verzeihlichen Wunsche beseelt, nun auch in aller Muße des Sieges und seines Theils daran sich zu freuen, in dieser Stimmung schlich sich jene politische Flauheit ein, die von der königlichen Herrschsucht so schnöde mißbraucht und der Grund zu allen Kämpfen wurde, deren kleinster Theil wir erst bestanden haben. Der Sturz Humbolds und Boyens, die Beseitigung aller freisinnigen, ehrlichen Männer, die dem Volke nun auch geben wollten, was ihm versprochen war, die Metternichsche Politik und als ihre Blühte, die Karlsbader Beschlüsse, alle diese Einzelheiten sind Schandflecke auf den Purpurmänteln unsrer Fürsten. Ich weiß, daß milde Seelen bemüht gewesen sind, dies geizige Zurückhalten mit der Phrase zu entschuldigen: »das Volk war noch nicht reif«; ich aber erwidere darauf: »ein gutes und gesittetes Volk ist immer reif für die Freiheit.«

      Auszug, Hanser Briefe (im Folgenden HB), Bd. 1. S. 45 f.

      Preußen ein Polizeistaat?*

      Blicken wir nun auf das jetzige Preußen! Da gibt es auch eine Sonderstellung, da gibt es auch Dünkel und Übergriffe; aber es sind nicht die lustigen Streiche großer Männer, die sich wohl gar eine halbe Zustimmung zu erobern wissen, es sind die nackten, durch nichts entschuldigten Unverschämtheiten einer ebenso ruhm- wie rücksichtslosen Polizei.

      Und was das Schlimmste ist, diese Polizei steht über dem Gesetz! Kein Ruhm, keine Bevorzugung hätte vorzeiten irgendwelchen Rechtsverletzer gegen die Hand des Gesetzes geschützt. Die Gesetze unsrer Tage dringen überall hin; nur vor dem Nimbus der Polizei schrecken sie zurück. Jeder Tag bringt neue Übergriffe, neue Rechtsverhöhnungen dieser heiliggesprochenen, unantastbaren Kaste, und vergeblich bettelt das Volk bei den vorgesetzten Behörden dieser staatsrettenden Grobiane um ein Fünkchen Recht.

      Daß wir es sagen müssen; dies Recht- und Genugtuungfordern seitens der Demokratie ist zur Lächerlichkeit geworden. Die Handlanger der Polizei handeln in höchsten Aufträgen; wie mögen Übergriffe da gerügt werden, wo sie, vielleicht wohlüberlegt, angeordnet wurden.

      Man will die Volkspartei aufs äußerste bringen, man will den Kampf und – wir zweifeln nicht – man wird ihn haben. Wer mag den Ausgang bestimmen! Wie er sich aber auch gestalten möge, wir wenden uns, in altpreußischem Stolz, mit Schmerz und Scham von einer Regierungsform ab, die, unsre Armee zu Polizeiknechten degradierend, an die Stelle eines militärisch organisierten Rechtsstaates das Schreckensregiment polizeilicher Willkür gesetzt hat.

      1848, Auszug,

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