Traditionelle Chinesische Medizin für Dummies. Jean Pélissier
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In Kapitel 5 des Su Wen heißt es: »Derjenige, der Erfahrung in der Erstellung einer Diagnose hat, trennt bei der Beobachtung der Farben und der Pulse zunächst zwischen Yin und Yang, trennt das Reine vom Unreinen und erkennt dann den Ort der Krankheit. Er bemerkt den Zustand der Atmung, hört den Klang und das Timbre der Stimme und kennt die Verbitterung des Patienten. Vom Zustand der Ordnung und des Gleichgewichts der Pulse erkennt er, welches Organ betroffen ist. Er misst den radialen Puls und überprüft, ob er oberflächlich oder tief ist, glatt oder rau, und kennt die Ursache der Krankheit. Auf diese Weise kann er anschließend keine falsche Behandlung durchführen und seine Beurteilung wird nicht falsch sein.«
Die vier Diagnosemethoden
Diese verschiedenen Methoden bilden das, was die TCM als »die vier Untersuchungen: Beobachtung, Geruch, Befragung, Pulsmessung« bezeichnet.
Diese verschiedenen Befragungsmöglichkeiten gestatten dem Arzt, die externen oder internen Störungen des Patienten zu erkennen, aber auch, die Entwicklung der Krankheit zu verfolgen und eine Prognose zu stellen.
Abbildung 5.1: Dem Arzt stehen für eine systematische Untersuchung vier Methoden zur Verfügung, für die er seine fünf Sinne nutzt.
Eine echte Befragung
Es ist immer auf bestimmte Punkte zu achten. Letztlich sind die Schlussfolgerungen, die aus der Beobachtung, der Zustandsbeurteilung, der Befragung und der Pulsmessung gezogen werden können, sehr komplex. Die eigentlichen Krankheiten sind schon sehr kompliziert. Man muss nicht nur Antworten entgegennehmen und Fakten sammeln, sondern sie auch interpretieren können. Der Arzt führt ein wahres Verhör und sein Scharfblick, seine Intuition, die er dank seiner Erfahrung besitzt, und seine Logik sind notwendig, um die Krankheit zu erkennen.
Es ist gut, eine Reihe von Indizien zu sammeln, also Informationen über die Krankheit. Aber sie müssen auch analysiert werden. Die Ba Gang, die »acht Prinzipien« (siehe Kapitel 3), gestatten ihm, all diese Symptome zu ordnen und zu klassifizieren. Ergibt die klinische Tabelle mehr Yin oder mehr Yang? Hat die Krankheit eher einen internen oder einen externen Ursprung? Wird sie durch einen Zustand der Schwäche oder im Gegensatz dazu des Überflusses charakterisiert? Kurz gesagt, diese vier Paarungen gestatten, den Zustand des Patienten präzise zu definieren. Dies ist die unverzichtbare Basis der Diagnose in der TCM.
Die vier Punkte, auf die der Arzt achten muss
All dies stammt aus dem Nei Jing, der Bibel der chinesischen Medizin.
Beurteilen, ob die Symptome normal sind
Man muss unterscheiden, ob die Symptome normal oder anormal sind, und sie sorgfältig analysieren. Beispielsweise ist es möglich, dass die Krankheit vom Typ Yang ist, aber teilweise auch Yin und Xu. Das ist ein anormales Phänomen, das sorgfältig untersucht werden muss. Einige Xu-Krankheiten erinnern im Extremfall an eine Shi-Krankheit, oder auch an eine Xu-Krankheit. Sie kennen das alte Sprichwort »Extreme ziehen sich an«: Ein exzessives Yang kann zu Yin werden, und umgekehrt. Wenn Sie lange ein Stück Eis in der Hand halten, wird es Sie letztendlich verbrennen. Bei einer Person, die einen Hitzschlag hatte, kann man einen leichten Puls feststellen. Im Gegenteil dazu kann man bei bestimmten Fällen der Ohnmacht einen sehr schnellen Puls feststellen. All dies sind anormale Phänomene, die sorgfältig analysiert werden müssen. Vor allem muss zuvor die Kohärenz der Symptomtabelle beachtet werden.
Zwischen primären und sekundären Symptomen unterscheiden
Wenn wir beispielsweise festgestellt haben, dass sich die primären Symptome auf den Meridian der Lunge beziehen, und es gleichzeitig ein Herzflattern gab, wobei es sich um Symptome des Meridians des Herzens und des Herzbeutels handelt, oder auch eine schlechte Verdauung, Symptom des Meridians der Milz, ist es nicht ausreichend, sich an den primären Symptomen zu orientieren. Man muss verstehen, warum diese sekundären Symptome vorliegen. Größtenteils sind diese sekundären Symptome die Konsequenz, das Ergebnis der primären Symptome. Wenn man nur die Hauptsymptome behandelt und die sekundären Symptome außer Acht lässt, bleiben diese bestehen und verursachen das Erscheinen anderer Krankheiten.
Eine tief reichende Sicht
Angenommen, Sie sind Architekt, wollen ein Haus bauen, müssen aber zuvor ein anderes abreißen: Wenn das abzureißende Haus frei stehend ist, gibt es kein Problem. Ist es jedoch mit anderen Häusern zusammenhängend, müssen Sie sicherstellen, dass die Nachbarhäuser ausreichend fest sind, um den Abriss zu überstehen. Wenn sie ebenso alt wie das abzureißende Haus sind, müssen sie zuvor repariert werden, damit sie beim Abriss nicht beschädigt werden. Dazu muss man sehr aufmerksam vorgehen und Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. Die Behandlung muss auf die beiden Symptomtypen achten.
Dies ist ein wichtiger Unterschied zwischen der Traditionellen Chinesischen Medizin und der modernen Medizin. Die moderne Medizin kümmert sich im Wesentlichen um die sogenannten Hauptsymptome, jedoch nicht um die sekundären Symptome. Sie behandelt nur die Folgen der Hauptsymptome.
Die Entwicklung der Krankheit vorhersehen
Eine Krankheit ist nie statisch. Sie entwickelt sich von einem Tag zum anderen weiter, manchmal sogar vom Morgen zum Abend. Vergessen wir nicht, dass es einen Kampf gibt, einen Versuch, die ordnungsgemäße Funktion des Körpers durch die wahre Energie zurückzuerlangen, die Verteidigungsbarrieren. Wenn Ihre wahre Energie leistungsstark ist, zieht sich die Krankheit zurück. Wenn sie schwach ist, setzt sich die Krankheit fest und taucht noch tiefer in den Körper ein.Wenn es sich um arteriellen Bluthochdruck, Diabetes oder eine andere Krankheit handelt, verordnet man nicht zwingend jeden Tag dieselbe Behandlung oder dieselbe Dosis. Man muss die Entwicklung der Krankheit berücksichtigen.
Eine Krankheit kann sich auf positive oder negative Weise entwickeln. Beispielsweise könnte man sagen, dass die Entwicklung positiv ist, wenn eine Krankheit an einem Tag interne Symptome zeigt und am nächsten Tag externe Symptome erscheinen. Die Krankheit geht auf ihre Heilung zu. Man sagt »die interne Krankheit manifestiert sich außen«.
Wenn ein Patient analog dazu Symptome der Zang-Organe, Yin, Speicherorgane, aufweist, die lebensnotwendig sind, und er am nächsten Tag Symptome der Fu-Organe, Yang, Hohlorgane, aufweist, ist dies ein Zeichen, dass die Krankheit sich günstig von innen nach außen entwickelt.
Zeigt der Patient dagegen am Vortag externe Symptome, wie beispielsweise Kopfschmerzen, Fieber, laufende Nase, und am nächsten Tag hat er Schmerzen im Unterleib