Mit der Dakota in die Freiheit. Slavomír Michálek
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Die Beziehungen zwischen Prag und Moskau nach Februar analysiert der Historiker Michal Štefanský in seiner Veröffentlichung „Studená vojna, Slovensko 1946–1954“.15 Ein weiterer Kommentar zu der oben genannten Frage wäre meinerseits nur eine Wiedergabe der Analysen Štefanskýs.
Wie entwickelten sich in diesem Zeitraum aber die Beziehungen zu Washington? Nach den innenpolitischen Veränderungen in der Tschechoslowakei wurden auch die tschechoslowakisch-amerikanischen Beziehungen komplizierter. Laufende Verhandlungen der Vertreter der beiden Staaten über das Handelsabkommen und die Erstattung von beschlagnahmtem Eigentum endeten im Misserfolg. Dabei ging es um eine relativ hohe Forderung von 149 Mio. USD, die die amerikanische Seite im Laufe der Verhandlungen wesentlich senkte. Eine adäquate Kompensation bzw. ein finanzieller Ausgleich zwischen der amerikanischen und tschechoslowakischen Seite für das verstaatlichte Vermögen nach dem Zweiten Weltkrieg konnten bis zum Sommer 1947 nicht gefunden werden. Dies übte einen negativen Einfluss auf die gegenseitigen Beziehungen aus, wobei die unterschiedlichen Ansichten und Ziele der beiden Staaten schwer überwindbare Hindernisse darstellten. Ein weiterer erschwerender Faktor war das tschechoslowakische Währungsgold, das während des Krieges durch Deutschland geraubt und nach dem Krieg durch die Verbündeten Truppen entdeckt und über Jahrzehnte in den USA gelagert wurde.16
Ein weiterer Versuch zur Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und der ČSR nach der Ablehnung des Marshall-Plans durch Prag war der amerikanische Vorschlag zur Schließung eines Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsabkommens. Die gesetzliche Grundlage für die Wirtschaft- und Handelsbeziehungen zwischen den beiden Staaten bildete bis 1948 die „Deklaration über die Handelspolitik“, die die Gewährung der Meistbegünstigungsklausel für die Tschechoslowakei garantierte. Desgleichen genoss die Tschechoslowakei die Meistbegünstigung im Handel mit den USA wegen der gemeinsamen Teilnahme der ČSR und der USA am Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT), dem die Tschechoslowakei nach ihrer Gründung im Oktober 1947 in Genf beigetreten war. Das GATT fasste 38 Teilverträge zusammen, die zwischen den jeweiligen Vertragsparteien die Höhe der Zollgebühren, Vorschriften zur Ausstellung der Ausfuhrgenehmigungen sowie andere Fragen des internationalen Handels regelten. Das Grundprinzip des GATT war, dass alle Mitglieder auf Basis der Meistbegünstigungsklausel verhandelten. Dabei galt die Empfehlung, alle Einfuhrhindernisse zu beseitigen.17
Allerdings ließen amerikanische wirtschaftliche Sanktionen nicht lange auf sich warten. Zu den wirksamsten Maßnahmen der amerikanischen Behörden gegen die kommunistische Tschechoslowakei sowie die sonstigen Staaten des Ostblocks gehörte die Verabschiedung des Gesetzes über die Exportkontrolle, der sog. Export Control Act, im Februar 1949. Auf dieser Basis wurde das Beratungskomitee für die Exportpolitik (Advisory Committee for Export Policy) eingerichtet, das quartalsweise in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Handel Listen über kontrollierte Ware in zwei Kategorien ausarbeitete. Einerseits handelte es sich um Mangelware, andererseits um Ware, die einer Sicherheitskontrolle unterlag, wobei der Export beider Kategorien in die Tschechoslowakei wie auch in die sonstigen Staaten des Ostblocks verboten war. Beide Kategorien umfassten dabei fast 90 % der Warenarten des Welthandels.18 Durch diese radikale Maßnahme schränkten die USA ihre Beziehungen mit der ČSR auf ein Minimum ein.
Den Höhepunkt der sich verschärfenden wirtschaftspolitischen Beziehungen zwischen der Tschechoslowakei und den Vereinigten Staaten nach dem Februarumsturz stellte die Aufhebung der bereits erwähnten Meistbegünstigungsklausel dar. Diese 1946 durch beide Staaten anerkannte Klausel wurde am 1. August 1951 von Truman für nichtig erklärt. In Bezug auf das GATT unternahm Washington im September 1951 einen ähnlichen Schritt. Die Nichtigkeitserklärung wurde durch die Regierung der Vereinigten Staaten mit überwiegend politischen Argumenten begründet. Außerdem verkündete sie, die tschechoslowakisch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen hätten für beide Seiten ihre Zweckmäßigkeit verloren, weil die ČSR diese mit ihren Maßnahmen die Grundlage entzogen hätte. Die ČSR habe das Vermögen amerikanischer Bürger und Unternehmen verstaatlicht, den Vereinigten Staaten keine Informationen über die eigene wirtschaftliche Entwicklung und auswärtige Wirtschaftsbeziehungen geliefert, die Kapazität der amerikanischen Botschaft in Prag reduziert und wirtschaftliche Interessen des sowjetischen Blocks offen verteidigt.19
Infolge der gegensätzlichen politischen, ideologischen und wirtschaftlichen Prinzipien beschränkten sich die Beziehungen zwischen der Tschechoslowakei und den Vereinigten Staaten Anfang der 1950er Jahre lediglich auf unbedeutsame Angelegenheiten. Es wäre nicht sinnvoll, Vermutungen darüber anzustellen, ob sich die Wirtschaftsbeziehungen anders hätten entwickeln können, wenn die eine oder die andere Seite anders gehandelt hätte. Man kann jedoch mit Sicherheit feststellen, dass die Chancen auf eine Beilegung offener Streitpunkte zu diesem Zeitpunkt gegen Null tendierte. Nach der kommunistischen Machtübernahme standen die Tschechoslowakei und die USA auf gegenüberliegenden Seiten.
Die nächste Komplikation in den gegenseitigen Beziehungen der beiden Staaten verursachte im Frühling 1951 der bereits erwähnte Fall des US-amerikanischen AP-Korrespondenten William Oatis, der durch die tschechoslowakischen Behörden verhaftet wurde. William N. Oatis wurde zuerst durch die ŠtB verfolgt und am 23. April 1951 inhaftiert. Er wurde im tschechischen Gefängnis Pankrác gefangen gehalten. Bei der vom 2. bis zum 4. Juli 1951 laufenden Gerichtsverhandlung wurde er der Spionage gegen die Tschechoslowakische Republik beschuldigt und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt.20 Dank amerikanischer diplomatischer Bemühungen wurde Oatis im Sommer 1953 entlassen und kehrte in die USA zurück. Die Vereinigten Staaten hoben die Gültigkeit von US-Reisepässen in der Tschechoslowakei auf, stellten die Ausstellung von Visa ein, verboten Überflüge tschechoslowakischer Flugzeuge durch die westliche Besatzungszone Deutschlands, verlangten Fingerabdrücke tschechoslowakischer Bürger bei der Ausstellung von Visa für die USA und überprüften konsularische Geschäftsrechnungen nicht mehr. Die USA verweigerten die Lieferung eines Breitband-Walzwerks für 16 Mio. USD an die Tschechoslowakei. (Sie argumentierten, die Walzanlage könne nach einem kleinen Umbau Bleche für die Produktion von Panzern liefern.) Als Vergeltungsmaßnahme ordnete die Tschechoslowakei die staatliche Verwaltung des Vermögens der amerikanischen IBM an.
Nach Stalins Tod im Jahr 1953 brachte die in Teilen aufgelöste Anspannung der Ost-West-Beziehungen nur eine geringfügige Besserung der Beziehungen zwischen der Tschechoslowakei und den USA mit sich. Auch weiterhin gab es die sog. Ballonaktionen, Luftballonaussendungen antikommunistischer Aktivisten, die Luftballons mit Flugblättern in die ČSR versandten, Grenzkonflikte und Anschuldigungen seitens der tschechoslowakischen Propaganda, die tschechoslowakische Landwirtschaft sei von „amerikanischen Kartoffelkäfern“ befallen. Die Tschechoslowakei blieb auch weiterhin ein fester Bestandteil des sowjetischen Ostblocks, baute den Sozialismus auf und liquidierte unter der Leitung der KSČ und der ŠtB alle realen und fiktiven Gegner des totalitären kommunistischen Regimes.
Amerikanische und tschechoslowakische Erkundungs- bzw. Spionageflüge über das tschechoslowakisch-deutsche Grenzgebiet waren praktisch an der Tagesordnung. Ihre Auswertung hing davon ab, welche Seite die Flüge durchführte. Die ČSR bezeichnete die amerikanischen Flüge über dem tschechoslowakischen Gebiet als Spionage, während sie die eigenen Flüge durch das deutsche Gebiet als Erkundungsflüge darstellte. Die USA handelten spiegelbildlich.
Die außenpolitische Stellung der ČSR im behandelten Zeitraum war eindeutig – sie führte an der Seite Moskaus unter der strengen bzw. direkten sowjetischen Kontrolle einen unversöhnlichen Kampf gegen die USA und den sogenannten imperialistischen Westen.