Rachemokka. Hermann Bauer
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Ein weiterer Blick auf die Uhr zeigte Korber, dass er keine Gedanken mehr an die feuchtfröhliche Nacht verschwenden durfte. In Windeseile trank er eine Tasse schwarzen Kaffee und würgte dazu ein halbes Butterbrot hinunter. Dann eilte er aus der Wohnung. Zum Glück erwischte er sofort eine Straßenbahn und war sogar um 7.55 Uhr an seinem Arbeitsplatz. Deshalb wunderte es ihn, dass Frau Pohanka vor dem Lehrerzimmer ungeduldig auf ihn wartete und ihn mit einem nervösen »Da sind Sie endlich« empfing.
»Rechtzeitig zum Unterricht, wie ich hoffe«, verteidigte sich Korber. Dabei drehte sich ihm vom Hinaufgehen in den ersten Stock leicht der Kopf.
»Haben Sie vergessen, dass Sie für heute um 7.45 Uhr zu Direktor Marksteiner bestellt waren?«, klang ihm Frau Pohankas Stimme unbarmherzig im Ohr.
Langsam dämmerte es Korber. Gäste waren da, die er betreuen sollte. Gäste aus Deutschland. Er räusperte sich. »Nein, aber der Verkehr …«, war aber das Einzige, was ihm als Entschuldigung einfiel.
»Sie sehen ein wenig schlampig aus«, unterbrach ihn Frau Pohanka. »Frisieren Sie sich und spülen Sie bitte hiermit Ihren Mund aus«, raunte sie ihm zu, sodass es niemand hörte, und steckte ihm ein kleines Fläschchen zu. »Frau Aberle und Herr Bader von unserer Partnerschule in Heidelberg warten bereits ungeduldig auf Sie. Ich gehe schon einmal vor und kündige Sie an.«
»Danke«, murmelte Korber verschämt. Im Spiegel der Toilette sah er dann, dass sich die Exzesse der vorigen Nacht tief in sein Gesicht gekerbt hatten. Er erfrischte sich, so gut es ging, und betrat das Sekretariat, wo die Tür zur Direktion bereits offen stand.
Direktor Marksteiner wirkte angespannt, bemühte sich jedoch um Souveränität. »Ah, Korber. Sie hatten Probleme mit dem Verkehr, wie ich höre. Nun sind Sie ja, Gott sei Dank, da. Darf ich Ihnen unsere Kollegen vom Eichendorff-Gymnasium in Heidelberg vorstellen, die uns diese Woche besuchen? Das ist der dortige Administrator, Professor Erwin Bader, mit dem ich Möglichkeiten der Kooperation in der Schulorganisation erwägen werde, und hier ist Ihre Kollegin in Deutsch, Frau Professor Monika Aberle, mit der Sie Ideen für ein gemeinsames kulturelles Projekt im Herbst austauschen werden.«
»Guada Morga«, tönte es Korber aus beiden Kehlen im schwäbischen Akzent entgegen.
»Einen schönen guten Morgen«, grüßte er zurück und musterte die beiden Gäste, während er ihnen die Hand schüttelte. Bader wirkte wie der typische in Ehren ergraute Lehrer, dem es für einen Schulleiter am nötigen Ehrgeiz gemangelt haben mochte, dem aber die nüchterne Arbeit mit Zahlen und Systemen Freude bereitete. Vorderhand reserviert, vielleicht zugänglicher in den nächsten Tagen. Hohe Stirn, dünne Lippen, das eine oder andere Kilogramm um die Hüften zu viel. Keine Besonderheiten.
Monika Aberle sah fröhlicher aus, war aber ebenfalls nicht mehr die Jüngste. Blond gelocktes Haar, bereits die eine oder andere Falte im freundlichen Gesicht, sportlich, Kumpeltyp. Sympathisch, aber nicht die Frau, die Korber über die derzeitige Misere in seinem Liebesleben hinweghelfen konnte. Zumindest war das sein erster Eindruck.
»Nehmen Sie Frau Aberle bitte gleich in Ihren Unterricht mit, damit sie sich ein Bild machen kann, wie es bei uns so zugeht«, hörte Korber Marksteiner in seine Richtung sagen.
»Natürlich«, bekräftigte Korber und wagte ein Zwinkern in Richtung Monika Aberle. Zu seiner Erleichterung zwinkerte sie zurück.
Auf dem Weg in die Klasse machte er ihr ein Geständnis. »Ich hatte heute große Mühe, aus dem Bett zu kommen, weil wir gestern eine Feier hatten«, beichtete er. »Ich kann Sie nur bitten, mein spätes Kommen zu entschuldigen.«
»Deesch nedd schlemm«, beruhigte ihn Monika Aberle. »’s isch bloß bleed, dass ma am näggschdn Daag so frieh ähfanga muass. Ach, verzeihen Sie! Ich plappere Sie da auf Schwäbisch an! Ich meinte, das sei gar nicht schlimm. Es ist halt dumm, dass man am nächsten Tag gleich wieder zeitig mit der Arbeit beginnen muss. Kenne ich von mir selbst.«
»Scho rächd«, lächelte Korber sie an. »Ich habe ein Jahr in Heidelberg studiert. Ein bisschen was bekomme ich von der Sprache schon noch mit.«
»Vielleicht reden wir zur Sicherheit doch lieber in unserem Lehrerhochdeutsch miteinander, damit es keine Verständigungsschwierigkeiten gibt«, schlug Monika vor. »Und jetzt freue ich mich schon auf Ihren Unterricht!«
Nett ist sie auf jeden Fall, die Besucherin aus Heidelberg, dachte Korber. Ausgesprochen nett!
*
»Hier trinkst du also immer deinen Kaffee?«, wollte Monika Aberle wissen, als Korber mittags mit ihr auf einen Imbiss im Café Heller saß.
Korber nickte. »Das ist stark untertrieben. Ich gehe hier sozusagen ein und aus. Die Nähe zum Gymnasium ist dabei recht praktisch.« Beide duzten sich bereits und ließen sich einen Salat mit Hühnerstreifen schmecken. Korber hätte das Essen am liebsten mit einem Glas Bier hinuntergespült, begnügte sich aber mit Apfelsaft, um bei Monika, die am Mineralwasser nippte, keinen schlechten Eindruck zu hinterlassen.
»Ein schönes Kaffeehaus! Genial schlampig und unkompliziert. Wie ist es denn hier so am Abend?«, fragte seine Begleiterin.
»Wir können uns das gerne zusammen ansehen«, stellte Korber in den Raum.
»Oh fein«, war Monika hocherfreut. »Erwin, mein Kollege, ist leider etwas langweilig. Ich hatte schon Angst, dass ich mir niemanden zum Ausgehen finde. Und zu besprechen hätten wir wegen unseres gemeinsamen Projekts ja eine ganze Menge. Wie schaut’s morgen aus? Heute werde ich wohl ein wenig müde sein, denke ich.«
»Morgen passt ausgezeichnet«, freute Korber sich über Monikas Angebot. »Da wirst du auch meinen besten Freund, den Oberkellner Leopold, näher kennenlernen, der im Augenblick so geschäftig herumläuft.«
Leopold, der die letzten Worte gehört hatte, eilte herbei, um abzuservieren. »Darf ich dir meine Kollegin Aberle aus Heidelberg vorstellen? Ich habe ihr gerade von dir erzählt«, teilte Korber ihm mit. »Vergiss morgen Abend bitte deine Vorbehalte gegen alles, was Deutsch spricht und nicht aus Österreich kommt. Da möchte ich mit ihr hier nämlich ein paar unbeschwerte Stunden verbringen.
»Und was ist mit den anderen acht?«, fragte Leopold erstaunt.
»Was meinst du?«
»Du hast morgen um 19.30 Uhr für zehn Leute reserviert«, erinnerte Leopold seinen Freund.
Einmal mehr verfluchte Korber seine gestrigen Exzesse. Wie hatte er bloß vergessen können, dass ihn Marion um diese Gefälligkeit gebeten hatte? »Dann nimmst du eben zwei Plätze dazu«, trug er Leopold auf.
»Also insgesamt zwölf.«
»Nein! Einmal zehn und einmal zwei!«
Jetzt schaute Leopold Korber ganz verständnislos an.
»Du reservierst uns einen schönen Tisch für zwei Personen und setzt uns in einen kleinen Abstand zu den restlichen zehn«, erläuterte Korber ihm seine Absicht. »Ist das denn so schwer?«
»Nein, aber ungewöhnlich. Und schön langsam gehen mir die Plätze bei den Kartentischen aus«, informierte Leopold ihn. »Die Chefin hat dort nämlich selbst eine Besprechung.