Rachemokka. Hermann Bauer

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Rachemokka - Hermann Bauer

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dass wir beide randalieren?«, fragte Korber. »Das ist ja lächerlich!«

      Leopold ging darauf nicht weiter ein und entfernte sich mit der Gewissheit, dass sein Freund im Augenblick eine schwierige Phase durchmachte, wo man ihn besser in Ruhe ließ.

      »Wir können es auch bleiben lassen, wenn es unangenehm für dich ist«, sagte Monika Aberle, die keine Ahnung hatte, worum es ging, höflich lächelnd.

      »Auf keinen Fall«, lehnte Korber ihr Angebot entschieden ab. »Die andere Reservierung ist für eine Bekannte aus meiner Studienzeit. Sie kommt zufälligerweise auch aus Heidelberg und ist jetzt in Wien … Das heißt, das weiß ich nicht so genau, sie unterrichtet jedenfalls in Korneuburg, das ist gleich die nächste Stadt an der Donau nach Westen zu. Sie kommt mit einer größeren Gruppe, und der Einfachheit halber habe ich für sie auf meinen Namen reserviert«, setzte er Monika Aberle daraufhin umständlich auseinander.

      Die wirkte so, als verstünde sie immer noch Bahnhof. »Ach so«, nickte sie andächtig.

      »Es wird dich wahrscheinlich nicht interessieren, aber es geht ihnen darum, einen touristischen Ausbau der Eichendorff-Höhe auf unserem Hausberg, dem Bisamberg, zu verhindern«, fuhr Korber ungeniert fort. Er merkte jedoch gleich, dass er das besser nicht gesagt hätte.

      Monika Aberle war sofort ganz Ohr. »Eichendorff? Meinst du etwa den Eichendorff, nach dem unser Gymnasium benannt ist?«, fragte sie.

      »Ich meine den Romantiker Eichendorff«, antwortete Korber ausweichend. »Der war wohl in erster Linie Schlesier, hat aber Teile seiner Studienzeit in Heidelberg und Wien verbracht.« Er ließ dabei unerwähnt, dass der Dichter sein Jurastudium in Wien abgeschlossen hatte.

      »Des isch doch klasse«, platzte es aus Monika heraus. »Und er war bei euch auf dem Bisamberg?«

      »Pssst«, bat Korber sie, etwas leiser zu sein. »Er ging dort während seines Wien-Aufenthaltes öfters spazieren. Deshalb hat man ihm nach dem Zweiten Weltkrieg ein Denkmal gesetzt. Im Augenblick wird allerdings an eine kommerzielle Nutzung des Platzes gedacht, und das ist zum Streitpunkt geworden. Es geht hin und her, verstehst du? Vorderhand soll niemand wissen, dass diesbezüglich morgen hier ein Treffen geplant ist. Darum läuft die Reservierung auch über mich.«

      »Alles klar«, versicherte Monika.

      »Ich habe mit der Besprechung nichts zu tun«, erklärte Korber. »Wir können uns also entspannt daneben hinsetzen, plaudern und vielleicht sogar ein wenig zuhören.«

      »Klingt spannend«, freute Monika sich. »Wir werden uns einfach in Ruhe über unser Projekt unterhalten. Eichendorff ist doch schon einmal ein blendender Ansatz, oder? Sicher fällt uns rasch etwas dazu ein, was die Direktoren beider Schulen glücklich macht. Ich brauche das dann nur entsprechend auszuformulieren. Das kann ich, glaube ich, recht gut. Du brauchst dir also keine Sorgen machen, dass allzu viel Arbeit auf dich zukommt.«

      Ausgezeichnet, befand Korber. Seine neue Kollegin wurde ihm immer sympathischer. Sicher würde er mit ihr morgen nicht nur über Eichendorff und die Schule sprechen.

      *

      Leopold hatte sich angewöhnt, an seinen freien Abenden ein kleines Nachtmahl für Erika und sich zuzubereiten. So stand bereits etwas Köstliches auf dem Tisch, wenn sie müde von der Arbeit nach Hause kam. Dafür war sie ihrem Schnucki dankbar. Beide genossen daraufhin eine entspannte Stunde mit einem guten Glas Wein, kleinen Neckereien und Gesprächen über belanglose Dinge. Diesmal schnitt Erika allerdings ein ernstes Thema an. »Ich möchte, dass wir morgen bei unserer Besprechung wirklich ungestört sind«, stellte sie dezidiert fest.

      »Warum betonst du das so?«, wollte Leopold wissen. »Und vor allem, warum in meine Richtung?«

      »Weil ich genau weiß, wie du zu dem Projekt stehst«, machte sie ihm klar. »Dir stoßen die neuen Entwicklungen gewaltig auf, du gibst es nur nicht zu. Aber denk bitte ausnahmsweise auch einmal an mich. Das ist eine ideale Möglichkeit, meinen Umsatz sprunghaft zu verbessern.«

      Obwohl Leopold daran lag, einen Disput vor dem Schlafengehen zu vermeiden, konnte er Erikas Behauptungen nicht gelten lassen. »Inwiefern?«, fragte er vorsichtig.

      »Da sieht man, dass du keine Ahnung vom Unternehmertum hast, Schnucki. So eine neue Sehenswürdigkeit schafft Kaufanreize«, belehrte Erika ihn. »Eichendorff am Bisamberg, Eichendorff in Floridsdorf, Eichendorff überall und in aller Munde. Die Leute werden mehr über ihn wissen wollen, sind neugierig, was er geschrieben hat. Wer ›in‹ sein will, muss sein Buch Aus dem Leben eines Taugenichts gelesen haben, in dem die Reise des Helden nach Wien und seine Tätigkeit als Gärtner im Schloss Seebarn beim Bisamberg genau beschrieben wird.«

      »Diese Menschen kommen dann in Scharen ausgerechnet zu dir und kaufen dieses kleine Büchlein«, konnte sich Leopold eines gewissen Sarkasmus nicht enthalten.

      »Das und noch viel mehr«, ereiferte sich Erika. »Was glaubst du, welche Möglichkeiten sich erst eröffnen, wenn ich den Begriff ›Romantik‹ gezielt einsetze? Mein Geschäft zur Spezialbuchhandlung für Romantik nördlich der Donau wird? Das sind Dinge, die über dein Begriffsvermögen hinausgehen.«

      »Und wie willst du das alles anstellen?«

      »Durch gezielte Werbung, durch Vernetzung mit anderen Floridsdorfer Geschäftsleuten. Darum ist unsere Besprechung so wichtig, Schnucki! Wir müssen Synergien schaffen. Dann ergibt sich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit automatisch. Vielleicht kommt mich auch eines Tages das Fernsehen besuchen und macht ein Interview mit mir …«

      »Ich möchte dir deine Illusionen nicht nehmen«, schnitt ihr Leopold das Wort ab, »ich möchte mir auch nicht deinen Kopf über die Realisierung dieser Träume zerbrechen. Sag mir nur eines: Warum nimmst du an, ich hätte vor, euer Treffen zu sabotieren? Noch dazu, wo meine Chefin höchstpersönlich daran teilnimmt?«

      »Leider weiß ich nur zu gut, dass du dich gerne einmischst, wenn es darum geht, dem, was du für Gerechtigkeit hältst, zum Sieg zu verhelfen«, setzte Erika ihm auseinander. »Da ist es dir dann auch egal, ob du dir mit deiner Chefin in die Haare gerätst. Also denk bitte nicht einmal im Traum daran, Spione auszuschicken, die uns belauschen, unsere Diskussion durch kleine Bosheiten zu stören oder sonst etwas in dieser Richtung zu unternehmen. Wir brauchen unsere Ruhe! Es reicht, dass eine zweite Gruppe in unserer Nähe sitzt. Aber die gehört ja Gott sei Dank zu unserem Thomas Korber. Auf den kann man sich verlassen. Stifte ihn mir nur nicht an, Schnucki!«

      »Das ist wieder einmal typisch, dass du Thomas mehr vertraust als mir«, schüttelte Leopold beleidigt den Kopf. »Dabei ist er gerade wieder in einer schwierigen Phase.«

      »Schwierig, aber harmlos«, ging Erika darüber hinweg. Im Gegensatz zu Leopold wusste sie über Korbers Avancen bei seiner Tochter Sabine und deren wechselnden Erfolg Bescheid.

      »Harmlos? Hast du eine Ahnung«, redete Leopold sofort auf sie ein. »Er will sich mit einer großen Partie amüsieren und nebenbei auf einem Zweiertisch seine neue Flamme vernaschen. Keine unbedingte Schönheit, aber das ist ja egal, wenn man wie er nur auf einen bestimmten Punkt fixiert ist, der bei jeder von euch Frauen an derselben Stelle liegt.«

      »Da sind sie schon wieder, deine Verdächtigungen!«

      »Verdächtigungen? Tatsachen! Eine Deutsche ist sie obendrein!«

      »Jetzt mach aber mal einen Punkt mit deinen Vorurteilen!«

      »Ich könnte dir über deinen lieben Thomas noch viel mehr erzählen.

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