Gesammelte Werke von Xenophon. Xenophon
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Hieraus legten sie in zwei Märschen sieben Parasangen zurück und kamen an das Meer nach Trapezunt; diese griechische Stadt liegt am Pontus Euxinus, im kolchischen Gebiete und ist eine Colonie von Sinope. Sie rasteten hier auf kolchischem Boden an dreißig Tage und plünderten von da aus in dem Gebiete der Kolchier. Die Einwohner von Trapezunt brachten in das Lager Lebensmittel zum Verkauf, bewirtheten die Griechen bei sich und gaben ihnen Gastgeschenke, Ochsen, Mehl und Wein. Sie verwendeten sich auch bei ihnen für die benachbarten Kolchier, die meistentheils auf dem platten Lande wohnten, und auch von diesen kamen Gastgeschenke an, die dem größten Theile nach in Ochsen bestanden. Hierauf bereiteten sie das angelobte Opfer. Ochsen erhielten sie in hinlänglicher Anzahl, um dem Erretter Zeus und dem Herkules für gnädige Führung Dankopfer zu bringen und auch den andern Göttern ihre Gelübde zu bezahlen. Auch stellten sie auf dem Berge, wo sie im Lager standen, gymnische Spiele an und wählten den Spartaner Drakontius, – der noch als Knabe von Hause entflohen war, weil er einen andern Knaben durch einen Säbelhieb unvorsätzlich getödtet hatte, – um ihm die Bezeichnung der Laufbahn und die Aufsicht über den Kampf zu übertragen. Nach beendigter Opferfeierlichkeit übergaben sie ihm die Häute und verlangten, zu der ihm bezeichneten Laufbahn geführt zu werden. Er zeigte da, wo sie eben standen, auf einen Hügel und sagte: diese Höhe eignet sich von jedem Standpunkte aus zum Wettlauf am besten. »Wie aber,« erwiederten sie, »werden die Leute hier, wo der Boden so rauh und strauchig ist, ringen können?« »Desto besser,« sagte er, »wird es der fühlen, welcher fällt.« Im Stadium nun liefen die meisten gefangenen Knaben; den Dolithos aber liefen mehr als sechzig Kretenser. Andre zeigten sich im Ringen, im Faustkampf und im Pankratium.
Es war ein angenehmes Schauspiel: denn es kamen Viele auf den Kampfplatz, und da ihre Freunde Zuschauer waren, so stieg der gegenseitige Wetteifer sehr hoch. Auch hielt man ein Wettrennen zu Pferde: hier mußten die Renner bergab bis ans Meer jagen und dann wieder bergauf, bis zum Altare, zurückkehren. Abwärts ging es so schnell, daß sehr Viele herunterkugelten: aufwärts aber gingen die Pferde, da es sehr steil war, nur in sachtem Schritte. Das gab denn zu vielem Geschrei, Gelächter und Zuruf Veranlassung.
Band 5
1.
Die Thaten der Griechen auf ihrem Zuge mit dem Cyrus, und auf ihrem Rückmarsche bis zum Pontus Euxinus, ihre Ankunft bei der griechischen Stadt Trapezunt, und das Dankopfer, das sie für ihre Erhaltung auf dem ersten freundschaftlichen Boden darzubringen gelobt hatten, habe ich in den vorigen Büchern beschrieben. – Sie versammelten sich hierauf, um über den übrigen Theil der Reise zu berathschlagen. Zuerst stand Antileo aus Thurii auf und sprach: »Ich wenigstens, Waffenbrüder, bin endlich von dem beständigen Einpacken, Marschiren, Laufen, Gehen in Reih' und Glied, Wachen und Kämpfen erschöpft: endlich wünsche ich von diesen Beschwerlichkeiten auszuruhen, und da wir doch am Meere sind, die noch übrige Reise zu Schiffe zu machen, und ausgestreckt wie Ulysses im Schlafe nach Griechenland zu kommen.« Auf diese Rede äußerten die Soldaten durch lautes Murmeln ihren Beifall. Noch ein Anderer gab eben diesen Rath, und so alle Anwesenden. Jetzt stand Chirisophus auf und sprach: »Soldaten, Anaxibius ist ein Freund von mir, Admiral ist er aber auch gerade. Wollt ihr mich nun an ihn absenden, so hoffe ich mit dreirudrigen Schiffen und andern Fahrzeugen zu eurer Abfahrt zurückzukommen. Bleibt also, da ihr zu Schiffe abgehen wollt, so lange hier, bis ich wieder komme; dies soll aber bald geschehen.« Die Soldaten waren hierüber froh und stimmten für seine baldige Abreise.
Nach ihm stand Xenophon auf und sprach: »Chirisophus reise also ab, um Fahrzeuge zu besorgen, wir aber bleiben. Was wir nun, meinem Bedünken nach, während unsers hiesigen Aufenthalts in unserer Lage zu thun haben, will ich jetzt sagen: zuvörderst müssen wir uns aus den feindlichen Gegenden mit Lebensmitteln versorgen, und haben auch nicht einmal, Wenige von uns ausgenommen, Geld zum Einkauf, und das Land umher ist feindlich. Wir laufen also Gefahr, viele Leute zu verlieren, wenn wir sorglos und unbehutsam nach Lebensmitteln ausgehen. Wir müssen daher, wie ich glaube, aus combinirten Streifzügen uns Lebensmittel holen und nicht aufs Gerathewohl herumschweifen, damit wir diesem Bedürfnisse abhelfen, ohne unser Leben in Gefahr zu setzen.« – Dies wurde beschlossen. – »Hört weiter: Einige von euch werden wol auf Beute ausgehen: ich halte es dafür für rathsam, daß wer diese Absicht hat, uns meldet, daß und wohin er gehen will, damit wir die Anzahl der Abwesenden und Bleibenden wissen, und im Nothfall gemeinschaftlich handeln können; ferner, damit wir, falls sich die Gelegenheit darbietet, Einigen beizustehen, den Ort kennen, wohin wir zum Beistande eilen müssen und im Stande sind, Unerfahrene, die etwas unternehmen wollen, mit gutem Rath zu unterstützen, indem wir die Stärke des Feindes, den sie angreifen wollen, zu erfahren suchen.« – Man willigte ein. – »Ueberlegt auch dies: die Feinde haben Gelegenheit, Beute von uns zu machen, und zu verdenken ist es ihnen nicht, wenn sie uns nachstellen, denn wir sind im Besitz ihres Eigenthums, und ihre Stellung bedroht die unsere. Ich halte es daher für nöthig, um das Lager herum Wachen auszustellen, denn wenn wir abwechselnd wachen und den Feind beobachten, so wird er uns nicht leicht berücken können. Weiter, da wir nicht sicher wissen, ob auch Chirisophus mit einer hinlänglichen Anzahl Fahrzeuge zurückkommen wird, – denn in diesem Falle wäre mein Vorschlag überflüssig – so müssen wir uns, meinem Bedünken nach, Mühe geben, auch aus dieser Gegend Schiffe zusammenzubringen. Sind wir nun bei seiner Rückkunft in dieser Hinsicht schon versorgt, so haben wir desto mehr Fahrzeuge zur Reise, und bringt er selbst keine mit, so können wir uns doch derer bedienen, die wir dann schon haben. Ich sehe hier oft Schiffe vorbeisegeln. Wenn wir uns nun von den Trapezuntiern Kriegsschiffe ausbitten, und mit diesen so viel Fahrzeuge aufbringen und durch Wegnahme der Steuerruder in Verwahrung halten, bis wir eine hinlängliche Anzahl beisammen haben, so können wir dann auf jeden Fall die Abreise unserm Wunsche gemäß bewerkstelligen.« – Auch dies erhielt Beifall. – »Ueberlegt endlich, ob es nicht billig ist, die Mannschaft der aufgebrachten Schiffe auf gemeine Kosten so lange, als sie unseretwegen warten muß, zu verpflegen und ihr die Ueberfahrt zu bezahlen, damit sie für ihre uns geleisteten