Gesammelte Werke von Xenophon. Xenophon

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Gesammelte Werke von Xenophon - Xenophon

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unter der Begleitung des Teribazus, der ihnen mit seinen Truppen in einem Abstande von ungefähr zehn Stadien folgte, fünfzehn Parasangen über die Ebene fort und kamen zu königlichen Schlössern, die ringsum von vielen mit Lebensmitteln angefüllten Dörfern umgeben waren. In der Nacht, die sie im Lager zubrachten, fiel ein tiefer Schnee: es wurde daher am Morgen beschlossen, daß sich die Truppen mit ihren Heerführern in die Dörfer vertheilen sollten; denn man sah keinen Feind und glaubte durch den häufigen Schnee gesichert zu sein. Man fand dort alle benöthigten Lebensmittel, Schlachtvieh, Getreide, alte wohlriechende Weine, Rosinen und Hülsenfrüchte aller Art. Einige aber von denen, die sich von der Armee zerstreut hatten, versicherten, ein Kriegsheer entdeckt und bei Nacht viele Feuer gesehen zu haben. Die Anführer hielten es daher für rathsam, nicht zu cantoniren, sondern die Truppen zusammenzuziehen: so vereinigten sie sich also sogleich, entschlossen, sich unter freiem Himmel zu lagern. In der Nacht aber, die sie so zubrachten, fiel ein so unermeßlicher Schnee, daß die Waffen und die liegende Mannschaft bedeckt wurden; auch das Zugvieh war in den Schnee so eingezwängt, daß es nur mit vieler Mühe sich aufrichten konnte. Es war eine große Verdrossenheit beim Aufstehen, denn so lange man lag und der Schnee nicht abfiel, fühlte man sich warm. Als aber Xenophon sich ermannte, unbekleidet aufzustehen und Holz zu spalten, da erhob sich auch bald ein Anderer, der ihm die Arbeit abnahm, und nun standen Mehrere auf, machten Feuer an und salbten sich. Denn man fand hier viel Salböl aus Lilien, Sesam, bittern Mandeln und dem Terpentinbaum gezogen und bediente sich desselben statt des gewöhnlichen Oels. Auch wohlriechende Salben, aus denselben Stoffen verfertigt, waren hier zu haben.

      Nun beschloß man wieder, in den Dörfern Quartier zu nehmen, und die Soldaten eilten mit frohem Geschrei den Häusern und den Lebensmitteln zu. Diejenigen unter ihnen, die bei ihrem vorigen Abzuge die Wohnungen in Brand gesteckt hatten, büßten nun durch das unbequeme Lager unter freiem Himmel dafür. Hierauf wurde in der Nacht Demokrates, aus Temenium42 gebürtig, mit einiger Mannschaft gegen die Berge zu abgeschickt, auf denen die Streifpatrouillen, ihrer Aussage nach, Feuer gesehen hatten: denn dieser Mann hatte das Lob, schon öfters in ähnlichen Fällen seine Aussagen der strengsten Wahrheit gemäß eingerichtet zu haben. Er hatte zwar, wie er nach seiner Rückkunft erzählte, kein Feuer gesehen, doch brachte er einen Gefangenen mit, der mit einem persischen Bogen und Köcher und mit einer Streitaxt, wie sie die Amazonen tragen, bewaffnet war. Auf die Frage, woher er sei? antwortete er: aus Persien; er käme von der Armee des Teribazus, um Lebensmittel zu holen. Man fragte ihn weiter: wie stark die Armee sei und was für eine Bestimmung sie habe? und er antwortete: Teribazus habe außer seinen eigenen Truppen noch Chalyben und Tarchen bei sich, die in seinem Solde stünden. Teribazus, fuhr er fort, hält sich auf den Höhen des Gebirges fertig, in den Engpässen, die man durchaus passiren muß, die Griechen anzugreifen. Aus diesen Bericht beschlossen die Feldherren, die Truppen zusammenzuziehen; dann ließen sie unter dem Befehl des Stymphaliers Sophänetus eine Besatzung zurück und setzten sich unter Leitung des Gefangenen in Marsch. Als die Höhe erstiegen war und die vorausziehenden Peltasten das feindliche Lager unter sich erblickten, warteten sie nicht erst auf die Hopliten, sondern liefen mit Geschrei darauf los. Die Feinde, durch das Getümmel aufgeregt, hielten nicht Stand, sondern flohen; doch blieben Einige von ihnen auf dem Platze und man erbeutete, außer etwa zwanzig Pferden, auch das Zelt des Teribazus, worin man Bettstellen mit silbernen Füßen, Trinkgefäße und einige Personen fand, die sich für Bäcker und Mundschenken ausgaben. Nachdem sich die Anführer der Hopliten von Allem unterrichtet hatten, beschlossen sie so schnell als möglich zum Lager umzukehren, damit nicht der Feind auf die zurückgebliebene Besatzung einen Angriff machte. Sogleich wurde zum Rückzuge geblasen, und man erreichte noch an demselben Tage das Lager.

      5.

       Inhaltsverzeichnis

      Am folgenden Tage beschloß man, aufs Eiligste weiterzuziehen, ehe sich die Feinde wieder sammelten und die Pässe besetzten. Der Aufbruch geschah sogleich, und die Griechen marschirten, unter der Leitung vieler Wegweiser, durch tiefen Schnee, erstiegen noch am nämlichen Tage die Höhe, wo Teribazus sie hatte angreifen wollen und schlugen das Lager auf. Von hier aus machten sie drei Märsche durch wüste Gegenden am Euphrat und setzten über diesen Fluß, der nur bis an den Nabel ging, weil hier, wie man sagte, seine Quellen in der Nähe waren. Hierauf legten sie in drei Märschen über eine mit tiefem Schnee bedeckte Ebene fünfzehn Parasangen zurück. Der dritte Marsch war mühselig, denn ein Nordwind, unter dessen Hauche Alles erfror und erstarrte, wehete ihnen entgegen. Da machte einer von den Wahrsagern den Vorschlag, dem Winde zu opfern: es geschah, und Jeder glaubte nun deutlich zu fühlen, daß sich das Schneidende des Windes verloren habe. Der Schnee war eine Klafter tief, so daß auch vieles Zugvieh, mehrere Sklaven und an dreißig Soldaten umkamen. Die ganze Nacht wurde Feuer unterhalten, denn man fand an dem Lagerplatze viel Holz, nur denen, welche zuletzt einrückten, blieb davon nichts mehr übrig: wenn sie also zu den Feuern derer, die früher angekommen waren, wollten zugelassen werden, so mußten sie ihnen dafür Weizen oder andere Eßwaaren mittheilen. So halfen sie einander aus mit dem, was Jeder hatte. Wo das Feuer brannte, entstanden durch den geschmolzenen Schnee tiefe Gruben bis an den Boden, und so konnte man die Tiefe des Schnees messen.

      Von hier aus marschirten sie den ganzen folgenden Tag durch Schnee, und eine Menge Leute fiel vor Hunger um. Xenophon, der den Nachzug führte, wußte sich, wenn er die Umgefallenen antraf, ihre Krankheit nicht zu erklären. Als ihm aber Jemand, der darin Erfahrung hatte, versicherte, daß sie vom Heißhunger litten und aufstehen würden, sobald man ihnen zu essen gäbe, so ging er zu den Proviantwagen und gab ihnen die Eßwaaren, die er vorfand, oder schickte sie durch Leute, die ihnen beispringen konnten. Sobald sie etwas genossen hatten, standen sie auf und marschirten mit. Gegen Abend erreichte Chirisophus einen Flecken und traf vor demselben Weiber und Mädchen des Ortes an, die bei einem Brunnen Wasser holten. Auf die Frage derselben, wer sie wären, antwortete der Dolmetscher auf persisch, sie kämen vom Könige und wollten zum Satrapen: die Frauenzimmer erwiederten, der wäre nicht hier, sondern eine Parasange davon. Da es schon spät war, so gingen sie mit den Wasserträgerinnen hinein, zu dem Befehlshaber des Orts. Chirisophus nun und alle Truppen, die dazu gelangen konnten, nahmen dort ihr Nachtquartier: die übrigen Soldaten aber, die nicht so weit gekommen waren, brachten die Nacht ohne Speise und Feuerung unterwegs zu, und Einige von ihnen kamen ums Leben. Auch hatte sich eine Anzahl Feinde zusammengezogen, die dem Heere nachfolgten und das abgemattete Vieh raubten, worüber es unter ihnen selbst zu blutigen Händeln kam. Manche Soldaten blieben liegen, weil sie durch den Schnee das Gesicht verloren hatten, andere, weil ihnen bei der Kälte die Zehen abgefroren waren. Ein Hilfsmittel für die Augen gegen den Schnee war es, wenn man auf dem Marsche etwas Schwarzes über sie deckte, und für die Füße, wenn man sich unaufhörliche Bewegung machte und die Nacht über barfuß war. Wer aber beschuhet schlief, dem drückten sich die Riemen in den Fuß ein und die Schuhe waren wie angeschmiedet. Die Schuhe gehörten zu der Art, die man Karbatmä43 nennt und wurden, nachdem die alten Schuhe verbraucht waren, aus frischer Ochsenhaut verfertigt. Bei solchen Drangsalen also blieben verschiedene Soldaten zurück, und da sie eine Stelle erblickten, welche schwarz schien, weil kein Schnee darauf lag, so vermutheten sie, er sei geschmolzen; und dies war wirklich der Fall, denn es befand sich nahe dabei in einer Bergschlucht eine dampfende Quelle. Hierher wendeten sie sich von der Straße ab und äußerten den Entschluß, nicht weiter zu marschiren. Als Xenophon, der den Nachzug führte, dies erfuhr, bat er sie, nicht zurückzubleiben und wendete, um sie zu bewegen, alle möglichen Kunstgriffe an. Er stellte ihnen vor, der Feind folge in großer Anzahl und brach endlich in Zorn aus. Allein sie erwiederten, er möchte sie niederhauen, denn sie könnten nicht weiter. Nun hielt er für das Beste, dem nachsetzenden Feinde, wo möglich, einen Schrecken einzujagen, damit er nicht über die Müden herfiele. Es war finster und die Feinde rückten mit großem Getümmel an, denn sie waren über ihre Beute in Zwist gerathen. Alle Soldaten des Nachzuges, welche gesund waren, machten sich nun auf und liefen auf die Feinde los. Die Müden aber erhoben ein Geschrei, so stark sie nur konnten, und schlugen dabei mit den Lanzen auf die Schilde. Die Feinde erschraken, eilten durch den Schnee in das Gehölz zurück, und man hörte keinen Laut mehr von ihnen.

      Xenophon

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