Gesammelte Werke von Xenophon. Xenophon
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Mit Tagesanbruch kamen die Heerführer und Hauptleute der Griechen zusammen und beschlossen, von dem Zugvieh nur das nothwendigste und stärkste mitzunehmen, und auch alle die erst in der letzten Zeit gemachten Kriegsgefangenen zu entlassen, denn die Menge des Zugviehs und der Gefangenen hielt den Marsch auf, ihre starke Bedeckung konnte zum Gefecht nicht gebraucht werden, und bei der großen Menschenzahl mußte man noch einmal so viel Proviant anschaffen und fortbringen. Dieser Beschluß wurde daher öffentlich bekannt gemacht. Nach dem Frühstück wurde der Marsch fortgesetzt, und die Heerführer standen in einem Engwege, wo sie Alles, was nicht dem Befehle gemäß, zurückgelassen worden war, wegnahmen. Die Soldaten waren gehorsam gewesen, nur hie und da hatten Manche einen schönen Knaben oder ein hübsches Weib aus Liebe zurückbehalten. Auf dem Marsche dieses Tages hatte man bald Gefecht, bald wieder Ruhe. Am folgenden Tage trat schlimmes Wetter ein, aber dennoch mußte der Marsch wegen Mangel an Lebensmitteln fortgesetzt werden. Chirisophus führte den Zug, und Xenophon commandirte den Nachtrab. Die Feinde setzten den Truppen heftig zu, und da die Pässe enge war, so warfen und schleuderten sie ganz aus der Nähe; die Griechen, genöthigt auf sie loszugehen und dann wieder sich zurückzuziehen, konnten nur langsam vorrücken, ja oft mußte Xenophon, wenn die Feinde ihn stark drängten, die Armee halten lassen. Chirisophus, der sonst auf Verlangen immer Halt machte, that es das eine Mal nicht, sondern rückte schnell weiter und commandirte, ihm zu folgen, woraus man schließen konnte, daß ihn irgend ein dringender Umstand dazu nöthigte: man hatte aber keine Zeit, über die Ursache dieser Eilfertigkeit Nachricht einzuziehen, und so erhielt der Marsch bei dem Nachzuge das Ansehn der Flucht. Bei dieser Gelegenheit blieb der brave Kleonymus aus Lakonien, dem ein Pfeil durch Schild und Lederpanzer in die Rippen fuhr und der Arkadier Basias, der durch den Kopf geschossen wurde. Bei der Ankunft im Nachtquartiere ging Xenophon augenblicklich, so wie er war, zum Chirisophus und beklagte sich über ihn, daß er durch sein Forteilen sie genöthigt habe, fliehend zu fechten. »So haben wir, fuhr er fort, zwei brave Männer verloren, die wir weder mitnehmen noch begraben konnten.« »Sieh dir einmal,« erwiederte Chirisophus, »die Berge an, wie unersteiglich sie alle sind, der steile Weg, den du hier siehst, ist der einzige, und diesen hat, wie du sehen kannst, eine sehr zahlreiche Mannschaft besetzt, die den Zugang zum Gipfel bewacht. Deshalb wartete ich nicht auf dich, sondern eilte, um, wo möglich, den Feinden in der Besetzung der Bergspitze zuvorzukommen, denn die Wegweiser bei uns versichern, daß es keinen andern Weg gibt.« »Ich habe zwei Männer bei mir,« sagte Xenophon, »denn da uns die Leute sehr zusetzten, stellten wir einen Hinterhalt, der uns Luft machte, einige von ihnen erlegten wir, andere suchten wir eben deswegen, um uns ihrer, da sie mit der Gegend bekannt sind, als Wegweiser zu bedienen, lebendig zu fangen.«
Die Männer wurden sogleich herzugebracht und jeder besonders gefragt, ob er nicht außer dem vor Augen liegenden Wege noch einen andern wüßte. Der Eine sagte, trotz aller Drohungen, die man anwendete, nichts, und als er endlich ganz untaugliche Dinge vorbrachte, so wurde er vor den Augen des Andern niedergemacht. Der Letztere äußerte nun, sein Gefährte habe sich deswegen so unwissend gestellt, weil er dort eine verheirathete Tochter habe: er aber wollte sie einen Weg führen, wo auch das Zugvieh fortkommen würde. Auf die Frage, ob dieser Weg irgendwo schwer zu passiren sei, antwortete er: man würde auf eine Anhöhe stoßen, die man schlechterdings vorher besetzen müsse, um vorbeikommen zu können. Es wurde hierauf beschlossen, die Hauptleute der Peltasten und Hopliten zu versammeln, die gegenwärtige Lage zu schildern und anzufragen, wer von ihnen so muthig sei, an dieser Unternehmung freiwillig Theil zu nehmen. Es meldeten sich von den Hopliten zwei Arkadier, Aristonymus aus Methydrion und Agasias aus Stymphalia. Der Letztere entzweite sich darüber mit einem andern Arkadier, dem Kallimachus aus Parrhasia. »Ich will,« sagte Agasias, »mit den Freiwilligen aus der ganzen Armee, die mir folgen wollen, marschiren. Und ich weiß gewiß, daß viele junge Mannschaft sich melden wird, wenn ich anführe.« Die Heerführer fragten nun, wer von den Befehlshabern der Schleudrer und Bogenschützen den Zug mitzumachen wünschte. Da bot sich Aristeas aus Chios an, ein Mann, der bei solchen Gelegenheiten der Armee oft sehr nützliche Dienste leistete.
2.
Schon war es Abend geworden, und die Truppen erhielten Befehl, mit dem Essen zu eilen und dann sogleich aufzubrechen. Zugleich überlieferte man ihnen den Wegweiser gebunden und verabredete mit ihnen: sie sollten den Gipfel nach seiner Einnahme die Nacht hindurch besetzt halten, gleich bei Tagesanbruch aber mit der Trompete ein Zeichen geben und die feindliche Mannschaft, die den diesseitigen Zugang bewachte, angreifen. Die übrigen Truppen würden dann mit der möglichsten Geschwindigkeit gegen die Höhe anrücken und ihnen zu Hilfe kommen. Nach dieser Verabredung marschirte das Corps, zweitausend Mann stark, unter heftigem Regen ab. Xenophon aber führte den Nachtrab gegen den diesseitigen Gebirgsweg an, um die Aufmerksamkeit des Feindes, die er auf sich lenkte, von dem Marsche jener Truppen gänzlich abzuziehen. Als der Nachtrab bei dem Hohlwege, den man erst passiren mußte, um den Weg selbst besteigen zu können, anlangte, da wälzten die Feinde Felsenstücke, groß genug, um einen Lastwagen zu füllen und große und kleine Steine herunter, die, wenn sie im Sturze an die Felsen schlugen, mit einer Heftigkeit abprallten, als wenn sie geschleudert würden. Man konnte sich daher dem Gebirgswege durchaus nicht nähern. Als es auf diesem Wege nicht möglich war, da versuchten einige Hauptleute an andern Stellen vorzudringen, und diese Versuche setzten sie fort, bis die Finsterniß anbrach. Als sie nun glaubten, bei dem Abmarsch vom Feinde nicht mehr bemerkt werden zu können, zogen sie sich zurück, um ihre Abendmahlzeit zu halten, denn manche Soldaten vom Nachzuge hatten den Tag über noch gar nichts gegessen. Die Feinde wälzten, wie man aus dem Getöse schließen konnte, die ganze Nacht hindurch unaufhörlich