Gesammelte Werke von Xenophon. Xenophon

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Gesammelte Werke von Xenophon - Xenophon

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Jugend an im Stehlen übt und es nicht nur nicht für eine Schande, sondern vielmehr für Pflicht haltet, insofern das Gesetz nicht ausdrücklich etwas zu stehlen verbietet. Um das Stehlen und die dazu nöthige Vorsicht recht gründlich zu lernen, ist es ja bei euch gesetzlich, denjenigen zu geißeln, der sich über der That ertappen läßt. Jetzt hast du nun eine treffliche Gelegenheit, deiner Erziehung Ehre zu machen, wenn du dich so vorsichtig benimmst, daß wir bei dem Versuch, den Berg wegzukapern, unentdeckt bleiben und uns nicht etwa eine gute Tracht Schläge holen.« »Ich habe aber auch,« erwiderte Chirisophus, »von euch Atheniensern gehört, daß ihr trotz aller Gefahr, die dem Diebe droht, den öffentlichen Schatz gar meisterhaft zu bestehlen wißt, und zwar diejenigen aus der Classe der Edlen, die ihr etwa mit euren Staatswürden beehrt, gerade am Fertigsten. Benutze daher selbst diese Gelegenheit, uns zu beweisen, was du gelernt hast.« »Nun ich,« sagte Xenophon, »erbiete mich, nach eingenommenem Frühstück mit dem Nachzuge zum Marsch, um den Berg zu besetzen. Auch habe ich Wegweiser, denn die Gymneten paßten den Dieben, die uns auf dem Fuße folgten, auf, und nahmen Einige von ihnen gefangen. Durch diese nun hab' ich erfahren, daß der Berg nicht unzugänglich ist, sondern von Ziegen und Rindvieh beweidet wird. Wenn wir also nur einmal die Höhe zum Theil besetzt haben, so wird auch unser Zugvieh daraus fortkommen können. Ich hoffe, der Feind, der es jetzt nicht wagt, sich mit uns auf der Ebene zu messen, wird auch dann nicht Stand halten, wenn er sieht, daß wir mit ihm auf gleicher Höhe sind.« »Wozu aber,« sagte Chirisophus, »ist es denn nöthig, daß du selbst marschirst und den Posten beim Nachzuge verlässest? schicke lieber Andere, wenn sich keine Freiwillige finden.« Nun meldeten sich Aristonymus aus Methydrium mit Hopliten, Aristeas aus Chios, und Nikomachus aus Oeta, beide mit Gymneten, und beschlossen unter sich, ihre Ankunft auf der Höhe einander durch eine Menge Feuer zu erkennen zu geben. Nach dieser Verabredung nahmen sie das Frühstück, und dann rückte Chirisophus mit der ganzen Armee etwa zehn Stadien vorwärts auf den Feind zu, um ihm einen Angriff auf dieser Seite recht wahrscheinlich zu machen.

      Nach dem Abendessen, als es finster geworden war, brachen die hierzu commandirten Truppen auf und nahmen die Höhe ein; das übrige Heer rastete unten. Da die Feinde die Einnahme des Berges gewahr wurden, blieben sie wach und unterhielten die Nacht durch viele Feuer. Mit Anbruch des Tages, nach vollendetem Opfer, marschirte Chirisophus auf den besetzten Weg zu, der über den Berg führte, die Griechen aber, welche schon auf der Höhe standen, suchten nun die Gipfel einzunehmen.

      Die feindliche Armee blieb größtentheils an dem hohen Wege stehen, ein Theil aber ging den Griechen auf den Gipfeln entgegen. Ehe aber noch die Hauptcorps an einander geriethen, kam es zwischen den Truppen auf den Anhöhen zum Schlagen. Die Griechen siegten und verfolgten den Feind. Während dem gingen auch von der Ebene aus die Peltasten im Laufe auf den ihnen gegenüber stehenden Feind los, und Chirisophus folgte ihnen mit den Hopliten im vollen Schritte. Als die feindliche Armee an dem hohen Wege sah, daß ihre Truppen auf den Höhen geschlagen wurden, nahm sie die Flucht und verlor viele Leute. Die Griechen erbeuteten eine große Menge geflochtener Schilde und machten sie durch Säbelhiebe unbrauchbar. Nachdem der Berg erstiegen war, wurde geopfert und ein Siegeszeichen errichtet, und nun marschirten sie in die Ebene herab, wo sie in Dörfer einrückten, die mit allerlei Lebensmitteln reichlich versehen waren.

      7.

       Inhaltsverzeichnis

      Hierauf zogen sie in das Land der Taochen und legten in fünf Märschen dreißig Parasangen zurück. Es mangelte jetzt an Lebensmitteln, denn die Taochen bewohnten feste Plätze, in die sie sich mit allem Mundvorrath geflüchtet hatten. Als Chirisophus vor einem solchen Platze anlangte, wo sich, ohne daß daselbst eine Stadt oder auch nur Häuser waren, eine Anzahl Menschen beiderlei Geschlechts mit vielem Vieh zusammen gezogen hatten, so griff er ihn auf der Stelle an und ließ dabei immer mit frischen Truppen abwechseln, weil der Platz, der ringsum steil war, nicht von Allen zugleich angegriffen werden konnte. Nun kam Xenophon mit dem Nachzuge, der aus Peltasten und Hopliten bestand, und Chirisophus empfing ihn mit den Worten: »Du kommst wie gerufen, denn diesen Platz müssen wir einnehmen; wo nicht, so hat die Armee keine Lebensmittel.« Sie traten nun zur Berathschlagung zusammen und Xenophon fragte: »Was hindert denn aber den Einmarsch?« »Dieser Zugang,« erwiederte Chirisophus, »den du hier siehst, ist der einzige. Wenn aber da jemand hinanzukommen versucht, so wälzen sie Steine über diesen hervorragenden Felsen, und dem Getroffenen geht es dann, wie du hier siehst.« Bei diesen Worten zeigte er auf einige Leute, denen Schenkel und Rippen zerschmettert waren. »Wenn sie nun die Steine werden verbraucht haben,« sagte Xenophon, »was wird uns dann noch vom Eindringen abhalten? Wir sehen doch nur diese wenigen Leute gegen uns, von denen zwei oder drei bewaffnet sind. Der Raum den wir unter den herabrollenden Steinen zu durchlaufen haben, beträgt, wie du siehst, etwa viertehalb Plethren; zwei Drittheile dieses Platzes sind, von Raum zu Raum durch hohe Fichten gedeckt: wenn die Leute hinter diese treten, was werden sie dann noch von den herabgeworfenen oder heruntergewälzten Steinen zu befürchten haben? Es bleibt also nur noch ein halbes Plethrum, was wir, wenn der Steinregen aufhört, durchlaufen müssen.« »Sogleich aber,« entgegnete Chirisophus, »wenn wir uns gegen die Bäume zu in Marsch setzen, wird eine Menge von Steinen herabrollen.« »Recht so,« sagte Xenophon, »um so geschwinder sind sie mit ihren Steinen fertig. Wohlan, so laßt uns jetzt hinmarschiren; von da aus bis zum Ziele, wenn es überhaupt zu erreichen ist, haben wir nicht weit zu laufen und können uns auch, wenn wir wollen, leichter zurückziehen.«

      Nun brachen Chirisophus, Xenophon und der Hauptmann Kallimachus aus Parrhasia auf; denn der Letztere hatte unter den Hauptleuten des Nachzuges an diesem Tage das Commando, die andern Hauptleute aber blieben in ihrer gefahrlosen Stellung. Es zogen sich also an siebzig Mann hinter die Bäume, und zwar nicht auf einmal, sondern einzeln, Jeder mit der äußersten Vorsicht. Agasias aus Stymphalum, und Aristonymus aus Methydrium, ebenfalls Hauptleute des Nachzugs, und Andere blieben außer dem Busche, denn für mehr als eine Compagnie war es unter den Bäumen nicht sicher. Da hatte Kallimachus den guten Einfall, von dem Baume an, unter welchem er stand, zwei oder drei Schritte hervorzuspringen und dann, wenn die Steine herabrollten, sich schnell wieder zurückzuziehen: so gingen bei jedem neuen Vorsprunge über zehn Wagen voll Felsenstücke verloren. Als Agastas die That des Kallimachus und die Aufmerksamkeit des ganzen Heeres wahrnahm, befürchtete er, dieser möchte zuerst den Platz ersteigen, und ohne seine Freunde, den Aristonymus, der ihm am nächsten war, oder den Eurylochus aus Lusiä oder irgend einen Andern herbeizurufen, lief er allein und kam Allen zuvor. Als ihn Kallimachus vorbeilaufen sah, faßte er ihn beim Rande des Schildes. Während dem überlief sie Aristonymus aus Methydrium und nach ihm Eurylochus aus Lusiä. Alle diese machten einander den Preis der Tapferkeit streitig, und ihr Wetteifer eroberte den Platz, denn sobald nur erst Einer eingedrungen war, hörte das Steinwerfen auf. Jetzt aber sah man ein schreckliches Schauspiel: die Weiber warfen ihre Kinder herab, und dann stürzten sie sich, so wie die Männer, ihnen nach. Der Hauptmann Aeneas aus Stymphalum sah hier einen schön gekleideten Menschen laufen, der im Begriffe war, sich herabzustürzen: er faßte ihn, um ihn daran zu hindern; allein dieser riß ihn mit fort, beide stürzten über die Felsen herab und starben. Sehr wenige Menschen wurden hier gefangen genommen; aber von Rindern, Eseln und Schafen erbeutete man eine große Menge.

      Hierauf zog die Armee durch das Land der Chalyben, fünfzig Parasangen in sieben Märschen. Diese Nation war unter allen, deren Gebiet sie durchzogen hatten, die tapferste, und ließ sich mit den Griechen auch in stehenden Kampf ein. Sie trugen leinene Harnische bis an den Unterleib; statt der Panzerschuppen bedienten sie sich zusammengewundner Schnüre, die dicht aneinander schlossen. Auch hatten sie Beinharnische und Helme, und am Gürtel ein Seitengewehr, gleich dem lakonischen Säbel. Mit diesem machten sie die Feinde nieder, die sie überwältigen konnten, schnitten ihnen die Köpfe ab und nahmen sie mit sich, und zwar, wenn der Feind sie bemerken konnte, unter Singen und Tanzen. Sie trugen auch Lanzen, die an fünfzehn Ellen lang waren und eine Spitze hatten. In den Städten hielten sie sich so lange, bis alle Griechen vorbeimarschirt waren; dann folgten sie ihnen unter beständigem Kampfe. Ihren Rückzug nahmen sie in die festen Oerter, wohin sie auch die Lebensmittel gebracht hatten,

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