Die Hexenriecher. Roman Rausch

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Hexenriecher - Roman Rausch страница 5

Автор:
Серия:
Издательство:
Die Hexenriecher - Roman Rausch

Скачать книгу

gehabt.

      Somit steht der Nachweis für die tatsächliche Zauberkunst im Raum. Bloße Gerüchte und Denunziationen, wie sie noch im 16. Jahrhundert genügten, um ein Verfahren auf Hexerei in die Wege zu leiten und zum erhofften Erfolg zu bringen, hätten eigentlich Mitte des 18. Jahrhunderts im fränkischen Würzburg nicht mehr ausreichen dürfen, wenn man sich die Geschichte der fränkischen Hexenverfolgung kurz betrachtet.

      Die in deutschen Landen mitunter größten und grausamsten Hexenprozesse fanden zu Beginn des 17. Jahrhunderts auf Würzburger Herrschaftsgebiet statt. Anfänglich waren es mittellose, alte Frauen, dann auch Männer und Kinder, die den Hexenriechern zum Opfer fielen. Kurz vor Einfall der Schweden und ihren protestantischen Alliierten, die dem Wahnsinn ein Ende bereiteten und, nebenbei bemerkt, den geistigen Brandstiftern von Teufels- und Hexenglaube – den Jesuiten – nachstellten, sahen sich auch Kleriker mit dem Vorwurf auf Hexerei und Teufelspakt konfrontiert. Ein gutes Dutzend verlor in Würzburg das Leben. Der beispiellose Vorgang ist als Klerikerprozesse in die Geschichte eingegangen.

      Rund 120 Jahre später wurde nun erneut gegen eine Geistliche, die Ordensschwester Maria Renata in Sachen Hexerei ermittelt, und das war besonders heikel, da sie eine Adelige war und keine unbedeutende Person aus dem Volk. Sie genoss das Privilegium fori, das Rechtsprivileg der Kleriker, wonach sie nicht vor ein weltliches Gericht zitiert werden konnte. Zudem stand sie unter dem Schutz ihrer einflussreichen Ordensbrüder aus Kloster Oberzell, ihr oberster örtlicher Schutzherr war der Fürstbischof von Würzburg.

      Einige wichtige Gründe sprachen also gegen ein erfolgreiches Verfahren … wenn es da nicht eine Ausnahmeregelung gegeben hätte, die als Ausnahmeverbrechen (crimen exceptum) definiert wurde. Diese setzte nahezu alle Rechtsvorschriften außer Kraft und war von Juristen und Theologen wissenschaftlich hergeleitet und begründet worden.

      Das Sonderverbrechen fußte auf mehreren Tatbeständen:

      – Die bereits angesprochene Zauberei

      – Gotteslästerung

      – Sodomie

      – und Ehebruch, sofern der/die Angeklagte verheiratet war.

      Dazu sollte man wissen, dass derartige Verfahren nicht auf Basis der Peinlichen Halsgerichtsordnung Karls V. (Carolina) geführt, sondern nur danach gestraft werden konnten (peinlich vom Lateinischen poena: Strafe). Das Strafmaß richtete sich nach Umfang des angerichteten Schadens.

      Um zu einem belastbaren Urteil zu kommen, strebte man das Geständnis des Angeklagten an. War er nicht willig, drohte ihm die Folter. Außerdem sollte er Reue zeigen sowie Komplizen benennen. Die Halsgerichtsordnung versuchte die Folter zu reglementieren und auf Gottesurteile (unter anderem Wasser- und Nadelprobe) zu verzichten. Der Beweis der Schuld war erst bei einem Geständnis erbracht, es musste später ohne Gewaltandrohung wiederholt werden.

      So weit die Theorie. Die Praxis sah anders aus. Der berüchtigte und allseits gefürchtete Hexenhammer des Theologen und Dominikaners Heinrich Kramer kam zur Anwendung, da dieser ein Instrumentarium zur Verfügung stellte, um einer Hexe auf die Spur zu kommen. Beim Verhör galt es über zweihundert standardisierte Fragen glaubhaft zu beantworten. Tat man es nicht oder nur unglaubwürdig, winkte die Folter.

      Im Fall Maria Renatas kam laut Aktenlage die Folter nicht zum Einsatz, was aber nicht heißt, dass die Ordensfrau nicht körperlich gezüchtigt oder gefoltert wurde, eben nur anders – neuzeitlicher. Darüber wird an späterer Stelle noch zu sprechen sein. Außerdem habe sie alles freiwillig gestanden, wie es heute immer noch gerne heißt, es brauchte also keine Nachhilfe.

      Die mitunter abscheulichen und krankhaften Fragen des Hexenhammers (unter anderem Aussehen und Beschaffenheit des teuflischen Geschlechtsteils, auch wie es sich anfühlt), nähren den Verdacht auf Misogynie, den Hass auf Frauen, nicht nur bezüglich dem Autor des wirren Teufelswerks, sondern auch bei den Verhörern, den Hexenriechern.

      Einen Zusammenhang zwischen Frauen und Teufeln sahen manche Gelehrte schon lange vor 1749, wenn von Frauen als dem schwachen Geschlecht die Rede war, das, im Gegensatz zu den starken Männern, leichter Opfer teuflischer Nachstellungen wurde. So sei das Verbrechen der Hexerei ein vornehmlich weibliches Delikt und dass sich Frauen im Verhältnis von 50:1 häufiger der Hexerei schuldig machten als Männer. Das läge an der weiblichen Begierde, ihre Kraft befände sich in den Eingeweiden und den Sexualorganen, und das alles ziehe sie von Natur aus zum Teufel hin5. Wer dem widersprach, machte sich schnell zum potentiellen Teufelsanhänger und Hexenmeister.

      Der Frauenhass lässt sich daraus erklären, aber auch aus dem Zusammenhalt der Männer untereinander und gegen alle anderen, besonders wenn es zu Streitigkeiten kam. Machtkämpfe provozierten frauenfeindliche Reden als Mittel im Kampf um Deutungshoheit und Urteilskraft und schließlich um den Erhalt einer göttlichen Ordnung, die als patriarchalische Ordnung imaginiert wurde, in der Männlichkeit gleichbedeutend war mit Klugheit, Überlegenheit, Besonnenheit und Wahrheit.6

      Im Folgenden werden wir des Öfteren auf Beispiele dieser Überlegenheit stoßen, auf rivalisierende Männer und machthungrige Verbündete, die schonungslos gegen die Attacken einer bösartigen Hexe vorgehen und dabei Recht, Geist und Moral opfern.

      Maria Renata wurde Hexerei und Zauberei vorgeworfen, speziell die Verhexung von sechs Schwestern im Kloster Unterzell. Weitere Vorhaltungen wie Zauberwerk an Mäusen, einer Katze und weiteren Personen in und außerhalb des Klosters kamen in den anschließenden Befragungen und Verhören hinzu.

      Die Klosterleitung stellte Maria Renata am 5. Februar zur Rede und laut Protokoll soll sie umgehend und vor allem freiwillig gestanden haben: Ja, sie sei eine Hexe und hätte alles begangen, was ihr vorgehalten wird.

      Der Abt von Oberzell, Oswald Loschert, hatte daraufhin den Bischof von Würzburg über das Ergebnis in Kenntnis gesetzt. Auf dessen Anordnung hin wurde eine Kommission aus vorerst zwei Geistlichen gebildet, die den Sachverhalt vor Ort überprüfen sollte. Bevor es dazu kam, verstarb der Bischof und sein Stellvertreter, der Domdechant, führte die Geschäfte in der Sedisvakanz fort. Er stockte die Kommission um zwei weitere Geistliche auf, die am 19. Februar in Kloster Unterzell das erste Verhör mit Maria Renata durchführten, das zweite fand am 21. Februar statt.

      Aber, wer hat ursprünglich die Anschuldigungen vorgebracht und waren sie glaubwürdig?

      Der genaue Hergang wird in unterschiedlichen, sich zum Teil widersprechenden Versionen berichtet, worauf im Weiteren eingegangen wird. Glaubwürdig schienen sie allemal zu sein – zumindest nach Auffassung der Klosterleitung und später auch nach Dafürhalten der Kommission.

      Im Ergebnis hat Maria Renata alle gegen sie erhobenen Vorwürfe eingestanden. Die geistliche Kommission fällte darauf beruhend ein Urteil: Die Ordensschwester wurde in allen Anklagepunkten als überführt und für schuldig erklärt, ihrer geistlichen Würden beraubt und zur weiteren Behandlung an ein weltliches Gericht überstellt.

      Als Maria Renata am 19. Februar sich den Fragen der geistlichen Kommission stellte, war ihr Gesundheitszustand bereits bedenklich. Sie hatte am 5. Februar mindestens eine Befragung ihrer Ordensbrüder über sich ergehen lassen müssen7, und diese war nach Aussage ihres externen Beichtvaters, des Benediktiners Pater Maurus Stuart de Boggs aus dem Würzburger Schottenkloster, nicht ohne Brisanz.

      In einem Brief an den Weihbischof beklagte sich Pater Maurus später in klaren, unmissverständlichen Worten:

      „Die

Скачать книгу