Weltdistanz und Menschennähe. Michael Lohausen

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Weltdistanz und Menschennähe - Michael Lohausen Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge

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in der Spannung von Weltdistanz und Menschennähe: Einblicknahmen in den Seelsorgealltag

       3.1 Zentrierung und Disziplinierung: Karl August Graf von Reisachs Konzept der Klerusausbildung

       3.1.1 Das ‚tridentinische Seminar‘ als Bollwerk gegen Vernunftreligion und schwache Frömmigkeit

       3.1.2 Das Modell Eichstätt als zeittypisches Phänomen und Innovationsmotor: Eine Seminaridee macht Schule

       3.2 Programm und Erwartung: Der Erfolg des Ultramontanismus bei der breiten Bevölkerung

       3.2.1 Notwendige Relativierungen an einem nur statischen Bild vom ‚katholischen Milieu‘

       3.2.2 Die Leute und ihr ‚Eigensinn‘: Die Amalgamierung von Kirchlichkeit und Landkultur

       3.3 Weltdistanz und Menschennähe: Klerikerexistenz im ländlichen Raum

       3.3.1 Sakramente als Marker religiöser und sozialer Zugehörigkeit

       3.3.2 Das Pfarrhaus als Ort von Eingliederung und Abgrenzung

       3.3.3 Kleriker als kirchliche Rollenträger und Teilnehmer am Sozialleben

       3.4 Restriktion und Entfaltung: ‚Unerlaubte‘ und erlaubte‘ Klerikerbiographien

       3.4.1 Die Strafverfolgung von Pfarrern als kirchenpolitisches Steuerungsinstrument

       3.4.2 Ökonomiepfarrer als Wegbereiter der wirtschaftlich-sozialen Entwicklung

       Ergebnissicherung

       4 Epilog: Für die Arbeit an einem positiveren Verhältnis zur Fachgeschichte

       Literaturverzeichnis

       Danksagung

      Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2016/17 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg als Dissertation angenommen und für die Drucklegung geringfügig überarbeitet. Sie ist das Produkt einer zweiten Chance, nachdem das Thema Promotion eigentlich längst ad acta gelegt worden war und ich eine Erwerbstätigkeit in einem ganz anderen, sehr lebensnahen Bereich ausübte. Ich habe mir deshalb den Luxus gegönnt, mich mit einer Fragestellung zu beschäftigen, die mich erst einmal von Herzen interessiert hat, und sonst nichts weiter – die Arbeit leistet keine wissenschaftliche Reflexion meiner Berufserfahrung, keine Beteiligung an einer gerade heiß geführten Fachdiskussion und auch kein Weiterdenken beim Ansatz einer einzelnen Persönlichkeit aus der Theologie. Eine besondere Freiheit und Entdeckungsfreude im Forschungsprozess hingen, bilde ich mir ein, mit diesem ‚Kein‘ zusammen. Wenn das Buch andere dazu verleitet, einem in der Pastoraltheologie aktuell nur schwach beanspruchten und trotzdem lehrreichen und zur Selbstvergewisserung als Wissenschaft eigentlich fest dazugehörenden Themenkomplex – der Geschichte des Fachs – mehr Neugier entgegenzubringen, hat es sehr viel ausgelöst.

      Ein solches Projekt ist nicht ohne wohlwollendes Miterleben und Hilfe aus vielen Richtungen möglich. Mein Dank geht als erstes und vor allen Dingen an Prof. Dr. Erich Garhammer. Er hat mir im Schaffensprozess nicht nur mit Rat, Tat und vermutlich auch etwas Aufregung als Betreuer zur Seite gestanden, sondern die Arbeit überhaupt möglich gemacht, indem er mich für zwei Jahre als Assistent an den Lehrstuhl für Pastoraltheologie und Homiletik nach Würzburg holte. Ein besonderer Dank geht außerdem an Prof. Dr. Johann Pock, Wien, für die Übernahme des Zweitgutachtens, an Prof. Dr. Ute Leimgruber, Regensburg, für hilfreiche Fachgespräche und Unterstützung bei der Druckvorlagenerstellung, an Heribert Handwerk vom Echter Verlag, Würzburg, für viel Geduld und ständige Ansprechbarkeit, an JProf. Dr. Bernhard Spielberg, Freiburg, für wertvolles Networking und an Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Pompeÿ, Gundelfingen, für intensiven Fachaustausch vor meiner Würzburger Assistenzzeit und lebhaftes Interesse am Dissertationsprojekt.

Würzburg, Ostern 2018Michael Lohausen

       Einleitung

      Die katholische Pastoraltheologie zeigt sich aktuell, was Reflexionshorizont und Methoden angeht, als ein außergewöhnlich plurales und grenzoffenes Gebilde,1 aber wenn sich etwas mit ziemlicher Sicherheit über sie sagen lässt, dann, dass sie sehr viel stärker an Gegenwart und Zukunft als an der Vergangenheit interessiert ist. Obwohl die Geschichtskategorie nicht prinzipiell ausgeklammert wird,2 spricht daraus nicht direkt ein vitales Interesse, sich mit den pastoralen Gegebenheiten heute unter retrospektiven Gesichtspunkten (Herkunft, Entwicklung u. ä.) auseinanderzusetzen. Es äußert sich darin mehr die Überzeugung, dass kirchliches, christliches bzw. allgemein menschliches Handeln, (auch) insoweit es in seinem Verhältnis zu Gott bewusst gemacht wird, keinen aus falsch verstandenen Ewigkeitsvorstellungen abgeleiteten Veränderungsresistenzen unterliegen darf, sondern ‚nach vorn offen‘, also umgangsfrei und -bedürftig ist. ‚Geschichtlichkeit‘ geht deshalb zuallererst mit Begriffen zusammen, denen die Konnotation des Visionären anhaftet; die Gestaltung, die Konzeption, die Orientierung, die Ermöglichung3 – und relativ neu in Matthias Sellmanns pragmatistischer Spielart: die Problemlösung, die Durchsetzung, die Erfolgsmaximierung4 – sind die Vollzugsgrößen der Pastoraltheologie, insofern sie sich im weitesten Sinn einem „Handlungsdruck“5 ausgesetzt sieht, und darauf mit Denkprozessen reagiert, „was jetzt am besten zu geschehen hat“6. Reinhard Feiter hat darauf aufmerksam gemacht, dass ein solcher Aktualitätsbezug nicht nur epistomologisch, sondern auch geschichtlich zu den Konstitutionsmomenten der pastoraltheologischen Wissensgenerierung und -vermittlung gehört,7 aber die ekklesiologischen Akzentsetzungen auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil gaben erst den Anstoß, damit auf die Breite hin reflex umzugehen und das Fach maßgeblich von dieser Grundlage her aufzuziehen.8

      Es wird sich im Lauf der Untersuchung herausstellen, dass es unter den gegebenen Voraussetzungen kein Zufall war, dass die Pastoraltheologie durch die Konzentration auf Gegenwarts- und Zukunftsfragen und eine am Synchronen interessierte Orchestrierung ihrer Reflexionsgehalte (vorhandene Praxis, Ergebnisse aus empirisch arbeitenden Humanwissenschaften, christliches Menschenbild usw.), gewissermaßen ‚nach hinten blind‘ geworden ist. Der Sachverhalt an sich wird allerdings schon dann evident, wenn man nur daran Maß nimmt, wieviel Platz in den Einführungs- bzw. Überblickstexten9 für die Rekonstruktion der Fachgeschichte zur Verfügung steht und um welche Einzelinhalte es sich dabei handelt. Während ein Nachschlagen im Inhaltsverzeichnis reicht, um sich zu vergewissern, dass die geschichtlichen Zusammenhänge oft bloß in kurzen Abschnitten berücksichtigt werden, zeigt ein intensiverer Vergleich der entsprechenden Passagen – und das ist das aussagekräftigere Ergebnis – ein verhältnismäßig schmales und variantenarmes Themenportfolio.10 Die Perspektive der Verfasser wird ausnahmlos immer von denselben Episoden der Fachgeschichte bestimmt, die dadurch als Lehrbuchtradition bzw. diachron laufender Gesprächsprozess zwischen einzelnen Universitätstheologen in Erscheinung tritt, und wenn man von den großen politischen Entwicklungslinien absieht, kommen zeitgeschichtliche Umstände (religiöses Leben, Seelsorgepraxis, Gemeindesituation usw.) gar nicht zur Sprache, obwohl man sich davon eigentlich hätte viel Aufschluss versprechen können.

      Paul M. Zulehner hat in seiner 1989/90 publizierten vierbändigen ‚Pastoraltheologie‘ unter der Überschrift „Was die Geschichte lehrt“11 ein Modell entwickelt, das gegenüber allen späteren Ausarbeitungen als so etwas wie die Idealform angesehen werden kann, aber auch selbst zentrale Teile aus sehr viel früheren Darstellungen enthält.12

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