Lebendige Seelsorge 3/2016. Группа авторов

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      http://www.bild.de/sport/fussball/lionel-messi/maradona-geraet-insschwaermen-41229380.bild.html (11.1.16).

      http://www.spox.com/myspox/blogdetail/Lionel-Messi—Eine-Lobeshymne,77251.html (7.4.2010). [Aufrufe am 31.03.16]

       Von einer nutzlosen Leidenschaft, dem Fußball, oder: Vom Religionstier Mensch

      Sollte Ekstase – gerne auch mystisches Erleben genannt – Indiz für ein tatsächliches religiöses Erleben sein, so wäre das Erleben von Fußballleidenschaften als ein solches Erleben zu beschreiben. Jedenfalls dann, wenn man genau zu sagen wüsste, dass religiöses Erleben notwendig ein ekstatisches Element enthält. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail, anders formuliert: Man müsste wissen, was tatsächliches religiöses Erleben von nichtreligiösem Erleben zu unterscheiden erlaubt. Ich bin in den Fragen, was denn nun was sei, nicht so sicher – aber mit irgendeiner Festlegung muss das beschreibende Denken ja anheben. Magnus Striet

      Von einer Gewissheit darf aber getrost ausgegangen werden: Dass in den Fußballarenen der Gegenwart nicht weniger, wenn nicht gar mehr Ekstasen zu beobachten wären als bei den großen Religionsevents der Gegenwart. Zumal in den Stadien weltweit aber eben ja Indizien liturgischer Bildung unübersehbar sind. Ob dies reflexiv gewusst ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Auch der zumal im Bereich des Römisch-Katholischen sich bewegende Gottesdienstbesucher ist religiös gebildet, man kann auch nüchterner sagen: sozialisiert. Wer an der participatio actuosa teilhaben will, muss schließlich wissen, was zu tun ist.

      Im Normalfall wird dies aber nicht bewusst studiert, sondern in Prozessen von Sozialisation eingeübt. Dieser so eingeübte Modus des Wissens reicht aber aus, um teilnehmen zu können. Der Katholizismus funktioniert in dieser Hinsicht bis heute erstaunlich gut. Aber immer, wenn etwas gut funktioniert, wird es auch in andere Kontexte transferiert. Und wenn der Katholizismus hierzulande im 20. Jahrhundert als Vorbild politischer Form herhalten musste (mit im Übrigen verheerenden Folgen), so heute seine Liturgie als Vorbild fußballerischer Ästhetik.

      Wer katholisch gebildet auch nur einmal ein Stadion betreten hat, sich hat hineinziehen lassen in das Spiel zwischen den Mannschaften und den Fans (es wird ja nicht nur auf dem Platz gespielt), weiß, dass es nicht der doch deutlich wortbetontere Protestantismus ist, der hier formgebend ist. Die Liturgie ist eingeübt: Der Einzug der Mannschaften folgt einem vorgeschriebenen Ritual, die Spieler werden in einer Art Heiligenlitanei aufgerufen, das Spiel auf dem Platz wird von Wechselgesängen begleitet, es gibt Fußballgötter im Kampf zwischen Gut und Böse (und der Manichäismus feiert fröhliche Urstände: es gibt Mannschaften, die sind nur in der eigenen Stadt gemocht – sozusagen Inkarnationen des schlechthin Bösen), ein Amt entscheidet zwar nicht unfehlbar, aber es entscheidet, Pokale werden gen Himmel gereckt, es gibt Helden und Märtyrer – und die wahren Fans würden das Spiel am liebsten im Weihrauchdunst erleben… Ist nicht angesichts dieser liturgischen Inbrunst im Stadion von religiösem Erleben oder gar von Religion zu reden?

       Magnus Striet

      Professor für Fundamentaltheologie an der Universität Freiburg; Arbeitsschwerpunkt: Frage, wie heutzutage noch (wenn überhaupt) verantwortet von Gott geredet werden kann und was überhaupt mit diesem Menschheitsbegriff gemeint sein könnte; den großen Sieg gegen die Bayern verpasste er, weil er auf Vortragsreise in diesen Fragen war.

       SCHWIERIGKEITEN MIT DEM RELIGIONSBEGRIFF (UND THEOLOGISCHEN ÜBERTRAGUNGEN)

      Um etwas nüchterner zu werden: Der Begriff des Religionsersatzes ist zwar beliebt, aber er verwischt das damit angesprochene Problem eher, als dass er dies löst. Würde man im Fall von Fußball von Religionsersatz sprechen, so würde im Hintergrund die Überzeugung arbeiten, dass mit hinreichender Gewissheit und d.h. mit ausweisbaren Gründen zwischen einer oder gar der wahren oder falschen, d.h. wahre Religion ersetzenden Religionen unterschieden werden kann. In den engeren religionstheologischen Debatten hat diese Überzeugung zu heftigen Auseinandersetzungen und zur Ausbildung entsprechender Extrempositionen geführt.

      Während die einen meinen, sagen zu können, die eigene Religion sei die einzig wahre Religion, bleiben andere skeptisch, führen die eigene religiöse Überzeugung beziehungsweise das eigene religiöse Erleben auf biographische Prägung zurück, begreifen konkrete Ausformungen von Religion als anthropomorphe Konzeptionen des einen, aber prinzipiell unsagbaren, durch keinen menschlichen Begriff bestimmbaren Göttlichen und meinen so, die Welt befrieden zu können. Denn wenn alle erst einmal begriffen haben, dass sie nur Annäherungen an das ‚Eine‘ sein können, muss man sich nicht mehr streiten.

      Auf die Welt des Fußballs übertragen hieße dies: Alle müssten nur begreifen, dass sie für ihre spezifische Vereinsleidenschaft nichts können, man kann eben nicht zugleich Schalker und Dortmunder sein, beides ist – wie man dann will – Glück oder Unglück der Geburt zugleich. Es wäre somit durchaus möglich, im Fußballstadion Toleranz zu erlernen, eine gemeinsame Lektüre von Lessings Ringparabel in ökumenischen Fanprojekten könnte hier sehr hilfreich sein. Wenn es nur nicht die mit der Muttermilch eingesogene Anhängerleidenschaften gäbe, welche die Fairnessforderung so manches Mal dem Fegefeuer doch recht ähnlich werden lässt.

      Aber nur von Geschick zu sprechen, griffe dann doch zu kurz. Siege und Niederlagen fallen im Fußball schließlich nicht vom Himmel. Nur wer verantwortet diese? Ich bin skeptisch, ob das von so manchen Spielern und Zuschauern gen Himmel gerichtete Gebet wirklich dazu verhilft, dass der Ball ins gegnerische Tor geht. Gottes willkürliche Gnadenwahl bei Augustinus hat die Menschheit lange genug geplagt, diese Denkfigur sollte nicht zusätzlich bei denen, die zumeist mit Niederlagen zu rechnen haben, zusätzliche Trübsal verursachen. Nein, Siege beim Fußball sind das Ergebnis harter Arbeit, die Theologie hat hierfür den Fachbegriff Pelagianismus ausgeprägt, und von Geld. Dies ruft die Differenzidentifikationskünstler auf den Plan, was mich zu der Frage zurückführt, ob der Fußball nicht doch eine reine Ersatzreligion sei. Immerhin könnte es ja sein (hier entstehende namentliche Assoziationen sind nicht von mir zu verantworten), dass der Fußball von heute nichts anderes als Götzendienst ist, das hinterlistige Ergebnis des einen großen Götzen, der die Welt regiert – Geld. Unter einer solchen Hinsicht hätte Fußball immer noch etwas mit Religion zu tun, jedenfalls mit einer, die die Unterscheidung von Gott und Götze und damit die Unterscheidung von einem wahren und einem falschen Leben kennt. Ich komme darauf zurück.

      Nun bin ich immer wieder irritiert, wie unkritisch – zumal in der Theologie – der Religionsbegriff verwendet wird beziehungsweise wie leichthin Phänomene als Religionsphänomene, als religionsaufgeladene oder auch als religionsbeerbende Phänomene beschrieben werden. Als ob feststünde, was Religion sei. Oder als ob der Mensch von Natur aus religiös sei, was christlich theologisch denkende Menschen dann gar dazu verleitet, zu behaupten, ein jeder Mensch habe eine natürliche Gottesbegabung, so dass aus Religiosität Gottesbezug wird. Allerdings bleibt natürlich die Frage, ob ein bis ins Ekstatische gesteigertes Erleben bereits eine Gotteserfahrung verbürgt. Man könnte sich zu dieser Behauptung verleiten lassen angesichts der im Stadion zu beobachtenden Leidenschaftsausbrüche. Man denke nur an die Freiburger, die anlässlich des Sieges gegen den übermächtigen Götzen Bayern im Jahre 2015 in einen gen Schwarzwald brausenden, geradezu orgiastischen Jubel verfielen.

      Normalerweise sind es andere Grenzerfahrungen, die SC-Anhänger im Schwarzwaldstadion machen, die von Niederlagen. Zumindest dann, wenn der SC in der ersten Bundesliga spielt. Dies gehört zum Schicksal von Menschen, die ins Dasein geworfen dazu verurteilt sind, einem kleinen Verein anzuhängen.

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