Jürgen Klopp. Elmar Neveling
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Weiland kommt im Sommer 2001 vom VfL Osnabrück zu den 05ern. Die Mainzer spielen am 22. Oktober 2001 in Osnabrück, beide Mannschaften kämpfen gegen den Abstieg. Bei Mainz muss Mittelfeldspieler Jürgen Kramny nach 15 Minuten mit Muskelfaserriss raus, Klopp wird eingewechselt und spielt gegen Weiland, der die Tore von Daniel Thioune zum 2:1-Sieg des Vfl vorbereitet. Osnabrück steigt trotzdem ab, Mainz bleibt in der zweiten Liga.
»Das hat dich für Mainz qualifiziert«, sagt Klopp zu Weiland, als der sein »Dosenöffner« im Mittelfeld geworden war. Heidel erzählt, dass er zu Spielerverpflichtungen nie Trainer mitgenommen hat, weil er die Befürchtung hatte, dass die den Neuen abschrecken. Anders bei Klopp, der war sein stärkstes Argument: »Mit ihm ist mir fast nie ein Spieler abgesprungen.«
Weiland erkundigt sich, als die Mainzer Anfrage vorliegt, bei Kumpel Babatz, mit dem er für Germania Grasdorf gespielt hat, und immer zusammen auf dem Zimmer war, wie das so ist, in Mainz. Babatz findet Mainz gut. »Man wusste, dass die mit Viererkette spielen, die hatten mit Michael Thurk und Blaise Nkufo gute Stürmer, und suchten einen Linksfuß«, sagt Weiland. Einen wie ihn.
In Osnabrück warnen sie ihn: »Was willste denn da? Spielst vor 3.000 Zuschauern und nächste Saison steigst du auch ab.« Weiland, ein kluger Bursche, schaut sich den Mainzer Kader an und findet ihn unbedingt zweitligatauglich. »Wir hatten dann das Potenzial, um 4-3-3 zu spielen«, sagt Weiland, das war gut für ihn.
Das System
Klopp baut die Neuen langsam ein, ein Neuer muss das System adaptieren. »Das System stand im Vordergrund«, sagt Weiland. Es gab immer auch mal neue Spieler, »die das System nicht spielen konnten, die kriegten das nicht rein, die hatten Probleme bei uns«. Es geht darum, zu antizipieren, zu ahnen, was der Gegner macht, im Kopf wach zu sein. Das war etwas anderes als stumpfe Manndeckung. Auch Pressing muss man wollen.
Weiland erinnert sich an eine Situation, als er seinem Bruder Niclas, dem Stürmer, einen Ball vorlegt, in den freien Raum hebt, über den Verteidiger drüber. Aber der Bruder bleibt stehen, klassisches Missverständnis. Dennis regt sich auf und schimpft: »Hey Mann, du weißt doch, was ich mache!« Daraufhin regt sich Klopp darüber auf, dass sich Dennis Weiland aufregt, statt weiterzuspielen. »Und wenn er sich aufregt, dann ist das erst mal so«, sagt Weiland. Und bleibt auch erst mal so. »Dann musste man was für ihn reißen, um wieder eine Chance zu bekommen«, sagt Weiland.
Weiland bemisst Klopps Anteil daran, dass die Mannschaft an den beiden verpassten Aufstiegen nicht zerschellt ist, als »sehr groß«. Der Trainer macht den Spielern keine Vorwürfe, die Spieler machen sich untereinander keine. »Aus einer anderen Stadt wird man gejagt, wenn das passiert, in Mainz gefeiert«, sagt Weiland, »die Erfahrung macht nicht jeder«.
Auch nach dem zweiten verpassten Aufstieg kein Gedanke an einen Fluch, an psychologische Barrieren, fehlenden Killerinstinkt, »das haben wir uns nicht einreden lassen«, sagt Weiland. Klopp ist ein »emotionaler Mensch, der die Emotionen auslebt, auch als wir nicht aufgestiegen sind, aber dann fängt er sich, schaltet den Kopf ein. Er hat uns klar gemacht, dass dies nicht das Ende der Fahnenstange ist, dass die Möglichkeit wiederkommen wird«, sagt Weiland. Die Spieler glauben ihrem Trainer auch das.
Vertrauen
»Ich habe daran geglaubt, dass der Trainer für die Mannschaft gut ist, und das Richtige macht, auch wenn ich nicht gespielt habe«, sagt Weiland. Es gab Entscheidungen, vor allem am Ende seiner Mainzer Zeit 2006, die er nicht nachvollziehen konnte, als er nach Verletzungspausen auf eine Chance gehofft hatte, aber keine mehr bekam. »Man denkt auch dann, der denkt sich was dabei«, sagt Weiland.
Deshalb ist Klopp jemand, den man auch nach neun Spielen ohne Sieg nicht in Frage stellt, deshalb ist er jemand, der bereits als Jung-Trainer das Interesse von Bayer Leverkusen, des Hamburger SV, von Bayern München und Borussia Dortmund erregt.
Mit Hans-Joachim Watzke, dem Geschäftsführer von Borussia Dortmund, spricht Heidel zwei Jahre, bevor Klopp zum BVB geht, das erste Mal über seinen Trainer. »Ich habe ihm gesagt: Das ist der größte Trainer in Deutschland«, sagt Heidel, auch wenn das schlecht für den FSV ist. Es wird angezweifelt, ob Klopp mit Stars umgehen kann, weil es die ja in Mainz nicht gibt. Klopp wird als reiner Motivationskünstler gesehen, der Mannschaften heißmachen kann, ein wilder Hund, ein bisschen zu wild vielleicht. Bei den Bayern fragen sie sich, ob einer, der wie Klopp rumläuft, unrasiert, Jeans, Löcher drin, in der Champions League geht? Das fuchst Klopp. Die Bayern sagen ihm: »Wir entscheiden uns zwischen Ihnen und einem international renommierten Trainer.« Ihre Wahl fällt auf Jürgen Klinsmann, der noch vor Ablauf der folgenden Saison seinen Trainerstuhl wird räumen müssen.
Der Scout des HSV
Die Hamburger schicken einen Scout, dem auffällt, dass Klopp zu spät zum Training kommt und raucht. Er weiß nicht, dass es ein Ritual in Mainz ist, dass Klopp als Letzter auf den Trainingsplatz läuft. Und zum Rauchen sagt Klopp: »Na ja.« Der HSV hält ihn so lange hin, bis Klopp dem von sich aus ein Ende macht. Bleiben Leverkusen und der BVB. Die Leverkusener machen ihm klar, dass er nur die Nummer zwei hinter Mirko Slomka ist, der es dann auch nicht wird, sondern Bruno Labbadia. Also geht Klopp, weil Mainz nicht aufsteigt, zum BVB.
Ein guter Scout hätte gesehen, dass Klopp, wenn er früher mittrainierte, mit ganzem Herzen dabei ist, »und es immer mal schafft, einen Ball reinzustochern, der alte Stürmer«, sagt Weiland. Mit Willen. Willenskraft, von der er eine Menge hat, schätzt Klopp auch bei anderen. »Wenn das einer nicht hatte, Willen, dann bekam Kloppo eine dicke Halsschlagader«, sagt Weiland. Ein guter Scout hätte die Begeisterung gesehen, mit der in Mainz gearbeitet wurde, den Enthusiasmus, den Spaß des Trainers an der Arbeit, den Spaß der Spieler, und die Präzision, die Akribie.
Im Rahmen des Internationalen Trainerkongresses 2011 in Bochum im Juli 2011 äußerte sich Jürgen Klopp im Interview mit Moderator Max Jung zu den Anfängen seiner Trainerzeit – im Einzelnen über ...12
... die ersten Trainertage 2001:
»Ich kenne noch den Montag, den Tag vorher, den Tag nachher. Die kann ich alle eins zu eins wiedergeben, klar. Das war ein entscheidender Einschnitt in meinem Leben. Man darf nicht vergessen: Ich war damals als Zweitliga-Spieler bei Mainz 05 ein alternder Spieler. (...) Vom alternden Kicker zum blutjungen Trainer war eine eher angenehme Metamorphose. Ich hatte auch direkt das Gefühl, das Leben ist wieder schöner. Und dann durfte ich die Mannschaft übernehmen. Ich habe für wenige Dinge ein Talent, aber dafür scheine ich ein bisschen zu haben. Das hat damals dazu ausgereicht, gemeinsam mit der Mannschaft aus einer schier aussichtslosen Situation heraus noch die Liga zu halten.«
... das Risiko, einen Abstiegskandidaten zu übernehmen:
»Ich habe das damals nicht bewusst wahrgenommen, aber heute ist mir klar: Wäre ich mit 33 Jahren zwei, drei Spieltage vor Saisonende mit Mainz abgestiegen, dann wäre das Trainergeschäft relativ hart gewesen. Dann hätte ich auf meiner Agenda stehen gehabt: erster Versuch, gleich abgestiegen. Da hätte keiner mehr nachgefragt, (...) und einem solchen Trainer noch eine