Lateral führen an Hochschulen. Группа авторов

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Lateral führen an Hochschulen - Группа авторов Forum Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung

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nicht als rational vorab geplante Schrittfolge, sondern als evolutionären, graduell voranschreitenden, politischen Prozess. Dem mittleren Management weisen sie dabei eine besondere Bedeutung zu in der Übersetzung von oben nach unten sowie von unten nach oben. Dabei erfüllen sie einerseits eine integrierende Funktion und vertreten andererseits auch abweichende Positionen, um die Fähigkeit zur Anpassung an den Markt sicherzustellen.

Nach oben gerichtete Einflussnahme Nach unten gerichtete Einflussnahme
Divergent Sich für strategische Alternativen stark machen (Champoining Strategic Alternatives) Anpassungsfähigkeit des Unternehmens gewährleisten (Facilitating Adaptability)
Integrativ Informationen synthetisieren (Synthesizing Information) Strategie implementieren (Implementing Delibarate Strategy)

      Tabelle 2 Strategische Rolle des mittleren Managements nach Floyd & Wooldridge, 2000, S. 117 ff. zit. in Wilbers (2015)

      Im Prozess der Entwicklung neuer Kompetenzen wird auf der operativen Ebene experimentiert. Die Informationen werden vom mittleren Management synthetisiert (›synthesizing‹). Es setzt sich beim Topmanagement für Erfolg versprechende Alternativen ein (›championing‹). Das mittlere Management eröffnet nach unten Spielräume (›facilitating‹), um sich auf der operationalen Ebene überhaupt anpassen zu können, d. h., es gewährleistet ein mehr oder weniger großes Abweichen von der Strategie. Die Ziele und Vorgaben der Führung werden zudem durch das mittlere Management heruntergebrochen (›implementing‹) und die operationale Ebene richtet ihr Handeln an diesen Vorgaben aus. Je nachdem wie gut diese Übersetzungsleistungen gelingen, wird das mittlere Management eher als »Transmissionsriemen« oder als »Lehmschicht« wahrgenommen.

      Herausforderungen des mittleren Managements

      Entsprechend zahlreich sind die Herausforderungen des mittleren Managements, wie diese Hölterhoff et al. (2011, S. 16) in einer Expertenbefragung eruierten.

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      Abbildung 1 Spezifische Probleme des mittleren Managements (nach Hölterhoff et al., 2011, S. 16)

      Aus dieser Übersicht werden erste Parallelen zur Diskussion im Hochschulumfeld sichtbar, etwa bezüglich der erlebten Rollenkonflikte (vgl. die Beiträge von Fröhlich Luini und Rutz i. d. Bd.) oder aus Sicht der Personalentwicklung (den Beitrag von Stäuble i. d. Bd.)

      Im 2012 erschienenen Sammelband »Führung der Zukunft« (Grote, 2012) ist vom mittleren Management kaum die Rede. Die Hierarchie verliert vielerorts an Bedeutung. Im Fokus sind zunehmend die Flexibilität von Organisationen, der Umgang mit Unsicherheit, die wachsende Heterogenität der Belegschaft und die Bedeutung von Arbeit in Teams und Projekten. Für Führungsarbeit bedeutet dies, Ziele und Aktivitäten mit den Mitarbeitenden immer wieder an neue Gegebenheiten anzupassen, unter Zeitdruck bei oft unsicherer oder widersprüchlicher Informationslage zu entscheiden und dabei zunehmend diverse und wechselnde Teams auf ein Arbeitsziel hin zu motivieren.

      In dieser Entwicklung steht auch die wachsende Popularität des Konzepts der lateralen Führung (z. B. Kühl, Schnelle & Tielmann, 2005; Radatz, 2008). Bereits Anfang der 1990er-Jahre machte Wunderer mit Konzepten der Führung von unten auf die Funktion der Einflussnahme von der Seite (lateral) wie auch von unten zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben aufmerksam (Wunderer, 1992). Führung von unten wurde in diesem Kontext verstanden als »zielorientierte, wechselseitige und aktivierende soziale Einflussnahme auf Personen einer höheren Hierarchiestufe zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben« (Wunderer, 2003, S. 254).

      Wunderer identifiziert zentrale Strategien einer Führung von unten (mit sinkender Popularität): 1. Begründung, 2. Freundlichkeit, 3. Bestimmtheit, 4. Koalition, 5. Höhere Autorität und 6. Verhandlung.

      Dabei ist interessant, dass sich die präferierten Strategien mit jenen der Führung von oben in den ersten vier Punkten deckten. Es kehrte sich lediglich die fünfte und sechste Strategie in der Reihenfolge. Als siebter und unpopulärster Punkt war das Ergreifen von Sanktionen als ausschließliches Mittel hierarchischer Führung angesprochen. Hierarchische und laterale Führung dürften sich in Schönwetterzeiten nur mäßig voneinander unterscheiden.

      Gelingende laterale Führung wird häufig in Verbindung gebracht mit überragenden Persönlichkeitsmerkmalen (z. B. Eggenberger, 2014). Eine Gefahr besteht in der Vorstellung, dass Unzulänglichkeiten des Systems durch fachkompetente, integre und motivierende Personen mit Autorität kompensiert werden können. Gomez & Rüegg-Stürm (1997) hingegen verstehen laterale Führung als systemisches Phänomen. So stellt sich die Frage, welche Rahmenbedingungen es beispielsweise zur Entwicklung der Fähigkeit von Teams braucht, damit diese sich mit Blick auf neue Aufgaben immer wieder neu konstituieren und rasch eine Arbeitsfähigkeit erlangen können. In diesem Sinne orientieren wir uns in dieser Publikation an einem weiten Verständnis von lateraler Führung, welches auch organisationale Aspekte in den Fokus rückt (vgl. die Einführung und den Beitrag von Stäuble i. d. Bd.).

      Chancen und Grenzen eines Transfers

      Während das Problemempfinden mittlerer Führungskräfte, wie in der Unternehmensliteratur beschrieben, eine hohe Ähnlichkeit mit jenem von Verantwortungsträgern in der Mitte von Hochschulen aufweist, zeigen sich auch wesentliche Unterschiede. Laterale Führung steht im betriebswirtschaftlichen Diskurs im Kontext von Flexibilisierung und Abbau von hierarchischer Führung. Laterale Führung in Hochschulen wird zum Thema im Zusammenhang mit der höheren Autonomie und verstärkter Organisationstätigkeit im Zuge von Verwaltungsreformen (New Public Management). Im Schweizer Fachhochschulsystem führte auch das Schaffen von größeren Einheiten (Mehrspartenfachhochschulen) zu einem Aufbau von Führungskapazität in der Mitte.

      Immer wieder wird mit dem Stichwort der Expertenorganisation die Andersartigkeit von Hochschulen betont (vgl. auch den Beitrag von Thomann i. d. Bd.) Scott (1966) beschreibt Konflikte bei der Beschäftigung von Spezialistinnen und Spezialisten in Organisationen. Diese gehören zwei Systemen an – der Berufsgruppe/Profession und der Organisation. Spezialisten sind im Unternehmen verantwortlich für anspruchsvollere umfassende Aufgaben. Dafür durchlaufen diese längeren Ausbildungen, in welchen sie auch Normen und Standards der Profession internalisieren (vgl. den Beitrag von Baitsch i. d. Bd.). Wenn Akademikerinnen und Akademiker in Führungspositionen gelangen, erleben sie Ambivalenzen zwischen unterschiedlichen Identitäten (als Führungsperson der Organisation, als Fachexperte der Profession verpflichtet) (vgl. auch Floyd & Dimmock, 2011).

      Zur Erklärung von Hochschulgovernance wird das Konzept der »professional bureaucracy« herangezogen. Mitarbeitende verfügen über ein hohes Maß an eigener Kontrolle über ihre Arbeit. Entscheidungen werden dezentral gefällt. Es ist die Rede von einer losen Koppelung der Teilbereiche des Systems. Ausgeprägte Prozesse der Selbstverwaltung spielen eine zentrale Rolle (Kezar & Ekel, 2004).

      Diese Form der Führung von Hochschulen ist seit längerem herausgefordert durch den hohen Anpassungsdruck vonseiten der Politik und Gesellschaft. In einer Wissensgesellschaft hat die Zahl der Hochschulstudierenden massiv zugenommen und grundsätzliche Fragen zur Funktion von Hochschulen und der Effizienz des Mitteleinsatzes stehen im Raum (Kezar & Ekel, 2004). Im Zuge von veränderten Steuerungskonzepten (New Public Management) wurde die Autonomie der Hochschulen und damit die Gestaltungsmacht der

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