Führung, Steuerung und Aufsicht von öffentlichen Unternehmen. Roland Muller

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Führung, Steuerung und Aufsicht von öffentlichen Unternehmen - Roland Muller Public Management (PM)

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      * Beispiel: Der (private) Schweizerische Elektrotechnische Verein (SEV) übt (für den Bund) die Kontrolle von Starkstromanlagen aus.

      ** Hier sind auch Organisationen mit erfasst, die eigentlich eine private (Teil)Trägerschaft erlauben, derzeit aber noch vollständig in staatlichem Besitz sind (z.B. privatrechtliche und spezialgesetzliche Aktiengesellschaften mit (vorläufig ausschliesslich staatlicher Beteiligung).

      Abbildung 5: Formen von Auslagerungen (Schweiz. Bundesrat 2006, 13)

      Im Bericht von 2006 wurde eine Aufgabentypologie entwickelt, welche den Auslagerungsentscheiden des Bundes zugrunde zu legen ist. Es wurden zur Herleitung Erkenntnisse aus folgenden Sichtweisen zu Rate gezogen: Rechtliche, politikwissenschaftliche, volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Sicht. In Anlehnung an diese Überlegungen werden folgende Aufgabentypen unterschieden:

      ■ Ministerialaufgaben: Typischerweise sind dies Aufgaben, die mit der Politikvorbereitung zu tun haben oder welche die Umsetzung von Politiken überwachen. Beispiele: Generalsekretariate der Departemente; Rechtsdienste; Personaldienste; Finanzverwaltung.

      ■ Aufgaben mit starkem individuellem Eingriffscharakter: Typischerweise sind dies Aufgaben, in denen der Staat mit seiner legitimierten Macht in die Freiheit des Einzelnen eingreift. Beispiele: Sicherheitspolizei; Kriminalpolizei; Zollbehörden.

      ■ Aufgaben der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht: Typischerweise sind dies Aufgaben, die zur Sicherstellung eines fairen und sicheren Zusammenlebens notwendig sind und in denen der Staat allgemein gültige Regeln festlegt und durchsetzt. Beispiele: Baupolizei; Bankenaufsicht; Gewerbeaufsicht.

      ■ Aufgaben der Rechtsprechung: Typischerweise sind dies Aufgaben, welche der Staat zur Gewährleistung der Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit erfüllt. Beispiele: Gerichte; Verwaltungsrechtsprechung.

      ■ Dienstleistungen mit Monopolcharakter: Typischerweise sind dies Aufgaben, die ohne direkten Eingriff der Daseinsvorsorge dienen, für die jedoch in der Regel kein Markt besteht oder zugelassen wird. Beispiele: Wasserversorgung; Abwasserreinigung; Volksschule.

      ■ Dienstleistungen im marktlichen Umfeld: Typischerweise sind dies Aufgaben, die ohne direkten Eingriff der Daseinsvorsorge dienen und die der Staat als einer von mehreren Teilnehmern am Markt erbringt. Beispiele: Postdienste; öffentlicher Verkehr; Stromproduktion.

      Grundsätzlich können praktisch alle Aufgaben des Staates ausgelagert werden. Beispiele aus dem internationalen Umfeld machen deutlich, dass diese Frage letztlich insbesondere durch politischen Willen beantwortet werden muss. In den USA können «Kopfgeldjäger» gesuchte Verbrecher mit Waffengewalt festnehmen, festhalten und bei der Polizei abliefern. Ebenso können mit «Rent-a-judge»-Modellen zwei zerstrittene Parteien einen Richter mieten, dessen Entscheid vom Staat als gültig übernommen wird. In der Stadt Bern verteilt die Securitas Parkbussen, im Kanton Zürich führen Private Bauabnahmen durch, und im Kanton Graubünden sind private Gymnasien die Regel, nicht die Ausnahme. Der Entscheid zur Auslagerung ist also – letztlich – immer eine politische Entscheidung, die sich allerdings, dies die Meinung der Autoren, auf sachliche Überlegungen abstützen sollte. Tendenziell eignen sich Aufgaben zur Auslagerung,

      ■ für die ein marktliches Umfeld besteht oder geschaffen werden kann (wirtschaftliche Sicht).

      ■ für deren Auslagerung eine rechtliche Grundlage besteht oder mit vernünftigem Aufwand geschaffen werden kann (rechtliche Sicht).

      ■ für die sichergestellt werden kann, dass auch nach der Auslagerung noch genügend demokratische Kontrolle ausgeübt werden kann (demokratische Sicht).

      ■ die durch die Auslagerung effizienter und effektiver erbracht werden können (betriebswirtschaftliche Sicht).

      ■ die in einem Bereich liegen, der politisch wenig umstritten ist (politische Sicht).

      Bei der Untersuchung von Auslagerungen anhand einer Fallstudie zur Steuerverwaltung des Kantons Bern untersuchte Proeller (2002), ob und wenn ja, wie Teilprozesse einer Steuerverwaltung ausgelagert werden können. In ihren Schlussfolgerungen zur praktischen Relevanz legt sie folgende Aspekte dar (Proeller 2002, 299 ff.):

      ■ Keine ideologische Verengung der Anwendbarkeit von Auslagerungen: Ein Motto «Auslagerungen von hoheitlichen Aufgaben ist nicht möglich» greift zu kurz und ist nicht angemessen.

      ■ Prozessorientierung auch bei Auslagerungen beibehalten: Es geht darum, Optimierungspotenziale über die ganze Prozesskette hinweg zu erkennen und zu realisieren.

      ■ Spielräume bei der Gestaltung der Auslagerungsbeziehung ausschöpfen: Zahlreiche Vorbehalte gegenüber Auslagerungen können durch die Ausgestaltung z.B. von Vertragsbeziehungen ausgeräumt werden.

      ■ Begrenzte Übertragbarkeit von Beurteilungen auf andere Verwaltungen: Was in einem Land, in einem Kanton oder in einer anderen Stadt in der Praxis umgesetzt wurde, kann nicht einfach und unreflektiert auf eine andere Organisationseinheit übertragen werden.

      ■ Auslagerungen müssen gezielt eingesetzt und sorgfältig vorbereitet werden: Auslagerungen sind, dies zeigen verschiedene Beispiele in der Praxis, keine einfachen Restrukturierungsprozesse. Sie sind konsequent zu konzipieren, die nötigen Entscheide umfassend vorzubereiten und zu treffen und letztlich die Umsetzung sorgfältig unter Einbezug der personellen Aspekte an die Hand zu nehmen.

      In der Folge wird eine praxisorientierte Hilfestellung dargelegt, die es Entscheidungsgremien erleichtern soll, einen möglichen Auslagerungsentscheid zu beurteilen und so in einer frühen Phase festzustellen, ob sich eine Aufgabe überhaupt für eine Auslagerung eignet.

      Für die Beurteilung der Auslagerbarkeit von Aufgaben lässt sich grundsätzlich feststellen: Die Auslagerung führt immer zu einem Verlust an direkter Kontrolle. Sie ist dann tendenziell unproblematisch, wenndie Aufgabe selbst nicht so kritisch ist, dass sie einer hohen direkten Kontrolle bedarf, oder wenn

      1 die Aufgabe selbst nicht so kritisch ist, dass sie einer hohen direkten Kontrolle bedarf, oder wenn

      2 die direkte Kontrolle durch eine andere Kontrollform substituiert werden kann, z.B. eine Kontrolle durch den Markt, durch Kundinnen und Kunden oder durch Selbstregulierung, oder wenn

      3 Eingriffselemente, die die Freiheit des Einzelnen beschneiden können, weiterhin bei staatlichen Instanzen verbleiben.

      Letztlich ist bei Auslagerungen stets zu verhindern, dass die ausführende Organisation ihre Ausführungsfreiheit zu illegitimen Zwecken ausnützt. Bei stark politischen Aufgaben oder bei hoch spezialisierten Aufgaben mit Eingriffscharakter kann die Notwendigkeit entstehen, einen grossen Kontrollapparat aufzubauen, falls sie ausgelagert werden. Hier dürften sowohl rechtliche, politische wie auch ökonomische Aspekte gegen eine Auslagerung sprechen.

      Würde z.B. ein kriminaltechnischer Dienst ausgelagert, wären umfangreiche Instrumente zu schaffen, um sicherzustellen, dass die Aufgabe im verlangten Mass erfüllt wird. Aus diesen Gründen schlagen die Autoren vor, Ministerialaufgaben und Aufgaben der Rechtsprechung grundsätzlich nicht auszulagern. Aufgaben mit starkem individuellem Eingriffscharakter und Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht erfüllen zwar die oben aufgeführten Anforderungen bezüglich Kontroll- und Steuerungsinstrumenten, dennoch könnte eine ausgelagerte Einheit unter Umständen effektiver und effizienter geführt werden als in einer Verwaltung. Aus diesen

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