Die Flüchtlinge sind da!. Armin Himmelrath

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Die Flüchtlinge sind da! - Armin Himmelrath

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Entwicklung verschiedener Formen der weiterführenden Schulen allgemeinbildender und berufsbildender Art fördern, sie allen Kindern verfügbar und zugänglich machen und geeignete Maßnahmen wie die Einführung der Unentgeltlichkeit und die Bereitstellung finanzieller Unterstützung bei Bedürftigkeit treffen;

      b.allen entsprechend ihren Fähigkeiten den Zugang zu den Hochschulen mit allen geeigneten Mitteln ermöglichen;

      c.Bildungs- und Berufsberatung allen Kindern verfügbar und zugänglich machen;

      d.Maßnahmen treffen, die den regelmäßigen Schulbesuch fördern und den Anteil derjenigen, welche die Schule vorzeitig verlassen, verringern.

      Die deutsche Bundesregierung beschloss 2010, die bei der Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention abgegebene Vorbehaltserklärung zurückzunehmen, sodass sie nun für alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus oder ihrer (vermuteten) Aufenthaltsdauer und somit auch für Asylsuchende uneingeschränkt Anwendung findet (Weiser 2014).

      Das Grundrecht auf einen Schulbesuch für Asylbewerberinnen und -bewerber wird je nach Bundesland unterschiedlich ausgelegt. Ob und ab wann zugewanderte Kinder in Deutschland zur Schule gehen dürfen oder müssen, ist nicht bundesweit einheitlich geregelt.

      Beginn der Schulpflicht in den Bundesländern

      Baden-Württemberg: sechs Monate nach Ankunft (§ 72 Schulgesetz)

      Bayern: drei Monate nach Ankunft (Art. 35 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen)

      Berlin: sofort (§ 41 Schulgesetz)

      Brandenburg: nach Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtung (§ 36 Schulgesetz in Verbindung mit Verordnung zum Ruhen der Schulpflicht nach Asylanträgen)

      Bremen: sobald sie »eine Wohnung im Land Bremen haben« (§ 52 Schulgesetz)

      Hamburg: sofort (§ 37 Schulgesetz)

      Hessen: nach Zuweisung einer Gebietskörperschaft (§ 56 Schulgesetz in Verbindung mit Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses)

      Mecklenburg-Vorpommern: nach Zuweisung einer Gebietskörperschaft (§ 41 Schulgesetz in Verbindung mit Bestimmungen zur Eingliederung und zum Schulbesuch von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache in Schulen Mecklenburg- Vorpommerns)

      Niedersachsen: nach Wegfall der Verpflichtung, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen (§ 63 Schulgesetz in Verbindung mit ergänzenden Bestimmungen zur Schulpflicht und zum Rechtsverhältnis von Schule)

      Nordrhein-Westfalen: nach Zuweisung zu einer Gemeinde (§ 34 Schulgesetz)

      Rheinland-Pfalz: nach Zuweisung zu einer Gemeinde (§ 56 Schulgesetz in Verbindung mit Verwaltungsvorschrift »Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund«)

      Saarland: sofort (§ 30, Abs. 1.1 Schulordnungsgesetz in Verbindung mit der Verordnung zum Unterricht für ausländische Kinder, Jugendliche und Heranwachsende sowie Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund)

      Sachsen: Schulbesuchsrecht nach Stellung eines Asylantrags (§ 26 Schulgesetz in Verbindung mit Verwaltungsvorschrift zum Unterricht für ausländische Schülerinnen und Schüler an den allgemeinbildenden Schulen im Freistaat Sachsen)

      Sachsen-Anhalt: nach Zuweisung zu einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt (§ 36, Abs.1 Schulgesetz in Verbindung mit Runderlass zur Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen des Landes Sachsen-Anhalt)

      Schleswig-Holstein: sofort (§ 20 Schulgesetz in Verbindung mit § 13 Landesmeldegesetz)

      Thüringen: drei Monate nach Ankunft (§ 17 Schulgesetz)

      Lange Wartezeiten zwischen der Ankunft in Deutschland und dem ersten Schulbesuch sind umstritten. Michael Becker-Mrotzek, Mitautor einer Studie des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache von »neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen im deutschen Schulsystem«, übt Kritik an den Schulgesetzen, die keinen sofortigen Beginn der Schulpflicht nach der Ankunft vorsehen. »Nach einer Flucht, die oft schon lange gedauert hat, kommt man mit zusätzlichen sechs Monaten ohne Schule in Deutschland schnell auf ein Jahr. Das ist nicht nur vertane Lebenszeit, es ist auch eine Entwöhnung vom Lernen. Die Motivation verpufft oder bleibt ungenutzt. Der Altersabstand zu den Mitschülern mit den gleichen Fertigkeiten wird immer größer« (Sadigh 2015). Eine Lücke, die es zu vermeiden gilt: »Auch wenn in diesem Zeitraum ein Recht auf Schulbesuch besteht, sind die Kinder und Jugendlichen häufig faktisch vom Schulbesuch ausgeschlossen«, kritisiert auch Studien-Mitautorin Mona Massumi die häufigen Verzögerungen. Sie empfiehlt, dass zwischen Ankunft und Schulbesuch nicht mehr als drei Monate liegen sollten (dpa 2015).

      Schulbesuchsrecht

      Der Begriff Schulbesuchsrecht bedeutet, dass der Zugang zum Schulsystem auf einen entsprechenden Wunsch hin gewährt wird. Es besteht also im Unterschied zur Schulpflicht zwar einerseits keine Garantie dafür, dass alle Kinder und Jugendlichen tatsächlich unterrichtet werden, andererseits können sie jedoch den Schulbesuch hinauszögern, wenn der erzwungene Schulalltag gleich nach der Ankunft eine unzumutbare Belastung für sie darstellen würde. Viele Bundesländer gewähren dieses Schulbesuchsrecht, bevor die Familien in einer Gemeinde untergekommen sind. So steht es den Kindern und Jugendlichen frei, schon von Anfang an zur Schule zu gehen oder sich auf einen späteren Neuanfang nach dem Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtung zu konzentrieren. Erst dann ist ein kontinuierlicher Besuch im Klassenverband möglich – und in aller Regel auch verpflichtend.

      Der Bundestag hat 2011 die Meldepflicht für Kinder und Jugendliche aufgehoben. Damit sind Schulen als öffentliche Institutionen nicht mehr verpflichtet, nicht registrierte, also illegal in Deutschland lebende Kinder und Jugendliche der Ausländerbehörde zu melden. In der Begründung der Koalitionsparteien heißt es sinngemäß: Um der Zielgruppe die Furcht vor Entdeckung des illegalen Aufenthaltes zu nehmen und den Besuch von öffentlichen Schulen sowie Bildungs- und Erziehungseinrichtungen für sie zu erleichtern, sollen diese öffentlichen Stellen von den bisher uneingeschränkt bestehenden aufenthaltsrechtlichen Übermittlungspflichten gegenüber Ausländerbehörden ausgenommen werden (Drucksache 17/ 6497 2011).

      »Dies ist in der Praxis aber leider noch nicht überall angekommen«, kritisiert die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe. An der Universität Bremen wurde deshalb untersucht, ob Kinder und Jugendliche ohne Papiere an öffentlichen Schulen in Deutschland tatsächlich angemeldet werden können oder wodurch dies gegebenenfalls verhindert wird. Dazu befragten die Universitätsmitarbeiter die Verwaltungen von 100 Grundschulen in 22 Groß- und Landeshauptstädten. Die Ergebnisse: In mehr als der Hälfte der Schulen gehörte das Anfordern einer Meldebestätigung zur Routine. Nur in sechs von 100 Fällen wurde darauf hingewiesen, dass eine Einschulung ohne Meldebestätigung möglich ist, auch wenn eine Adresse zur Feststellung des Schul­einzugsbezirks nötig ist. Bei verdeckten Anfragen mit potenziell illegalem Aufenthalt der Kinder und Jugendlichen wurde in 79 Prozent, bei Anfragen mit Offenlegung des illegalen Aufenthalts in 62 Prozent der Antworten kein gangbarer Weg zur Schulanmeldung aufgezeigt. Häufig waren Schulsekretariate unsicher und verwiesen an höherrangige oder spezialisierte Institutionen in der

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