Klassenführung. Willy Obrist
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Humor entwickeln
Manches Problem, manche kritische Situation lässt sich mit Humor entschärfen. Damit sind nicht vorbereitete und systematisch ins Unterrichtsgeschehen eingestreute Witze gemeint, sondern eine Haltung, die sich wie folgt umschreiben lässt:
• kritische Distanz zur eigenen Person aufbauen, sich selbst und die eigenen Einflussmöglichkeiten nicht überschätzen,
• mit einem Lächeln und mit Gelassenheit ertragen, dass Ideal und Realität immer wieder auseinanderklaffen,
• sich vom Leben überraschen lassen, d. h., sich den Sinn für die Widersprüchlichkeiten und unerwarteten Wendungen bewahren, die der Lehrberuf immer wieder mit sich bringt,
• sich um eine ressourcen- und kompetenzorientierte Sicht der Dinge bemühen, d. h., das halb leere Glas als halb voll erkennen.
Die eigene Jugendzeit nicht vergessen
Lehrpersonen erwecken oft den Eindruck, in ihrer Jugendzeit Musterschüler gewesen zu sein. Es ist, als hätten sie vergessen, wie es um ihre eigene Befindlichkeit während der Schul- und Ausbildungszeit stand. Solches Verdrängen oder »Beschönigen« der eigenen Jugend ist bei der Ausübung des Lehrberufes hinderlich. Die Folge ist in jedem Fall, dass Kinder und Jugendliche oft ein unrealistisches Bild ihrer Lehrerinnen und Lehrer aufbauen.
Aber auch wir waren während unserer Jugendzeit nicht immerzu und in jeder Hinsicht »intrinsisch motiviert«, auch wir hatten mit Widerständen und Bequemlichkeit zu kämpfen. Mit dieser Tatsache in Kontakt zu bleiben kann das Verständnis für die komplexe Lebenswelt und das Verhalten der Jugendlichen aufrechterhalten.
Deshalb gelingt’s
Jugendzeit – eine turbulente Lebensphase
Lehrpersonen, Ausbilderinnen und Ausbilder unterliegen oft der Illusion, die berufliche Grundbildung sei der zentrale Lebensinhalt von Jugendlichen. In der einschlägigen Literatur wird aber immer wieder darauf hingewiesen, dass der Erwerb beruflicher Kompetenzen nur ein Entwicklungsziel der Adoleszenz ist.
Weitere »Aufgaben« der Jugendlichen sind:
• den eigenen Körper akzeptieren,
• die eigene Sexualität leben lernen,
• sich von den Eltern und andern Autoritäten (z. B. Lehrpersonen) ablösen,
• dem Normierungsdruck standhalten und sich doch in mächtigen gesellschaftlichen Widersprüchen zurechtfinden (Schule und Kirche – Konsumwelt und Medienwelt; Freizeitwelt – Arbeitswelt),
• sich ein eigenes Wertesystem aufbauen,
• sein »Innen« und sein »Außen« wahrnehmen und miteinander in Einklang zu bringen suchen.
Alle diese Entwicklungsaufgaben zu meistern, ist anspruchsvoll – der ganze Prozess wird durch viele Verunsicherungen begleitet. Das Selbstwertgefühl von Jugendlichen ist deshalb häufig labiler, als es den Anschein hat.
Von der Rolle der Gleichaltrigen und der Rolle der Vorbilder
Dieses Sich-Ablösen von bisherigen Autoritäten kann für Eltern und Jugendliche ein schmerzhafter Prozess sein, der das Zusammenleben stark belastet. Jugendliche befinden sich in einer Umbruchphase; das Selbstwertgefühl kann vorübergehend sehr labil sein. Oft wird dieser Zustand auf eine mehr oder weniger angemessene Art (es kommt auf den Standpunkt an) kompensiert.
Ebenso ist aber zu beobachten, dass sich Jugendliche zu neuen, anderen Vorbildern hingezogen fühlen. Im Rahmen der getroffenen Berufswahl und beruflichen Ausbildung eröffnen sich hier neue Möglichkeiten. Lehrpersonen, Ausbilder und Ausbilderinnen müssen sich dessen bewusst sein, dass sie Vorbildfunktion haben können. Dafür sind nicht ihre erklärten Werte und Haltungen maßgeblich, sondern die Art und Weise, wie sie im täglichen Umgang miteinander gelebt werden.
Klassenklima als vorausplanendes Handeln
Carolyn M. Evertson und ihre Mitarbeiter gehen in ihren Untersuchungen (in Grund- und Hauptschulen) davon aus, dass Unterrichtsklima vor allem durch gut geplantes Handeln herbeigeführt werden kann, und haben dafür Trainingsprogramme für Lehrpersonen entwickelt, die sich auf folgende Faktoren konzentrieren:
• Aktivitäten zum Schulbeginn planen und durchführen
Die Lehrperson entwickelt für den ersten Tag (die ersten Wochen) Aktivitäten, die alle Lernenden der Klasse einbeziehen.
• Das Klassenzimmer gut vorbereiten
Die Sitzordnung ist durchdacht, alle nötigen Materialien und Hilfsmittel liegen griffbereit. Die Lehrperson muss während des Unterrichts nichts holen und nichts suchen.
• Regeln und Verfahren planen
Die Lehrperson hat präzise Vorstellungen von einem konstruktiven Unterrichtsklima. Ihr ist klar, welche Regeln ihr wichtig sind, mit welchem Verfahren sie diese Regeln einführen und wie sie für deren Einhaltung sorgen will.
• Regeln und Prozeduren zum Unterrichtsgegenstand machen
Der Wert von Haltungen und Regeln ist Gegenstand des Unterrichts. Folgen und Konsequenzen von Regelverstößen sind geklärt.
• Unangemessenes Verhalten unterbinden und auf die Regeln hinweisen
Die Lehrperson reagiert auf unangemessenes Verhalten sofort und immer wieder. Die Lernenden werden auf die vereinbarten Regeln hingewiesen.
• Vorgesehene Konsequenzen anwenden
Ist für ein unangemessenes Verhalten eine Konsequenz vorgesehen, so wendet die Lehrperson diese konsequent an.
• Über Strategien als Reaktion auf potenzielle Probleme verfügen
Insbesondere geht es darum, für folgende Situationen Strategien zur Verfügung zu haben:
– Störungen des Unterrichts von außen (Telefonanruf, Besprechungen u.a.m.).
– Störungen durch Leerzeiten: Was machen Lernende, die mit einer gestellten Aufgabe fertig sind?
– Störungen durch inhaltliche Schwierigkeiten: Was machen Lernende und Lehrperson, wenn bei der Arbeit inhaltliche Schwierigkeiten auftreten?
• Präsenz aufrechterhalten
Die Lehrperson handelt im Sinne der »Allgegenwärtigkeit« und zeigt sich physisch, psychisch und emotional präsent.
• Unterricht sorgfältig vorbereiten
Die Lehrperson bereitet den Unterricht so vor, dass Lernaktivitäten auf verschiedenen kognitiven Anforderungsstufen möglich sind.