Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов
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Zum Geleit
Der Psalmist misst einem erfüllten Leben eine Zeitspanne von 80 Jahren zu. Die hat Norbert Feldhoff nun erreicht. Er kann dabei auf ein beeindruckendes und erfülltes Leben im Dienst der Kirche und der Gesellschaft zurückblicken. Seine Lebensdaten sind schnell erzählt und können bei Wikipedia nachgelesen werden – und sagen doch nur wenig darüber aus, welche zentrale Rolle er über all die Jahre einnahm, im rheinischen Katholizismus wie in der Kölner Gesellschaft gleichermaßen:
Nach dem Theologiestudium wurde der Jubilar am 11. Februar 1965 durch Kardinal Frings in Köln zum Priester geweiht. Anschließend war er für vier Jahre Kaplan an Hl. Dreikönige in Neuss und dort auch Stadtjugendseelsorger. 1969 wurde er Erzbischöflicher Kaplan und Geheimsekretär bei Kardinal Höffner. Das nächste wichtige Amt war dann das des Generalvikars des Erzbistums Köln. Hierzu wurde er am 30. April 1975 ernannt, schnell gefolgt von seiner Wahl zum Domkapitular. Die üblichen und auch einige unübliche kirchliche Ehrungen blieben nicht aus. Durch Papst Paul VI. am 24. Juli 1975 zum Päpstlichen Ehrenprälaten erhoben, wurde er am 21. Mai 1982 zum Archimandrit des griechisch-melkitisch-katholischen Patriarchats Jerusalem ernannt. Seit dem 27. November 1983 war er Moderator der Kölner Kurie und seit dem 20. Dezember 1983 Ökonom des Erzbistums Köln. Der hl. Papst Johannes Paul II. ernannte Norbert Feldhoff am 25. Juni 1992 zum Apostolischen Protonotar (der damals und aktuell einzige im Erzbistum Köln), und die Päpstliche Lateranuniversität verlieh ihm am 25. Mai 1993 die Ehrendoktorwürde Dr. iuris utriusque, den Doktor beider Rechte – des Kirchenrechts wie des römischen Rechts. Seit dem 16. September 1996 Vizepräsident des Deutschen Caritasverbandes, wählte ihn das Kölner Domkapitel am 3. Februar 2004 zum Dompropst. Nachdem er am 31. Mai 2004 auf seinen Wunsch hin als Generalvikar entpflichtet worden war, wurde er am 6. Juni 2004 als Dompropst in sein Amt eingeführt. Am 1. März 2015 ging Nobert Feldhoff mit 75 Jahren als Kölner Dompropst in den Ruhestand. Im Juni desselben Jahres wurde er neuer Kuratoriumsvorsitzender der Caritasstiftung im Erzbistum Köln und ist seitdem auch in den Vorständen und Beiräten zahlreicher anderer Stiftungen aktiv.
All das beschreibt nicht, als welchen belesenen und humorvollen Menschen und als welch klugen und frommen Seelsorger ihn seine Begleiter all die Jahre erleben durften. Was Norbert Feldhoff darüber hinaus ist, davon zeugen auch die Beiträge, die zu dieser Festschrift beigetragen haben. Sie sind Zeugnis einer Verbundenheit über das Bistum und über den Kreis von Kirche und Theologie hinaus, Ausdruck einer Sympathie und Wertschätzung, wie sie wohl nur einem ganz außergewöhnlichen Menschen und Priester zuteil wird. Viele Autorinnen und Autoren antworteten auf die Bitte an diesem Buch mitzuwirken: Wenn es einer verdient hat, dann er.
Der Wind, der den Kirchen entgegenweht, ist in den letzten Jahren aufgefrischt. Der Missbrauchsskandal erschüttert die Kirche bis ins Mark, die Kirchenmitgliedschaften sinken, man hat die Angst, dass Glaube und Kirche aus der Gesellschaft langsam heraus verdunsten. Sich dem kraftvoll entgegenzustellen und damit es auch künftig einen überzeugenden kirchlichen Dienst in säkularer Gesellschaft gibt, braucht es überzeugende Kirchenmänner und -frauen. Bei allen Fehlern, die die Kirche hat und allen Unzulänglichkeiten, die ihre Amtsträger haben mögen, es gibt auch die strahlende Seite der Kirche und der Gemeinschaft der Christen, die überzeugend wirbt für das Vertrauen auf Gott und den Glauben an seine Liebe. Dafür steht der Jubilar, und dafür bleiben wir ihm dankbar. Auch in diesem Sinne: ad multos annos !
Annette SchavanGregor Thüsing
Norbert Feldhoff
und die Kunst des Politischen
Annette Schavan
Mit diesem Buch erinnern wir an die Kunst des Politischen, die Norbert Feldhoff auf eine so unnachahmliche Weise praktiziert. Damit war er erfolgreich und kulturprägend. Er hat Brücken gebaut und nachdrücklich die Relevanz des Christentums für das Leben von Menschen und den Zusammenhalt des Gemeinwesens deutlich gemacht. Er hat Gegensätze ausgehalten und für Kompromisse geworben.
Norbert Feldhoff steht für ein Verständnis von Tradition, das für Zeiten des Wandels wie für solche der Disruption geeignet ist. Was heißt geeignet? Einfach gesprochen: geeignet ist, was in solchen Zeiten hilft, ein neues Kapitel zu schreiben, mit dem der Bruch der Tradition vermieden wird – im besten Fall sogar neue Überzeugungskraft wächst. Im beruflichen Leben von Norbert Feldhoff ist der Wandel die Konstante. In jüngerer Zeit erlebt die Katholische Kirche – und also auch er – wie auf den Wandel disruptive (wie das heute so schön heißt) Ereignisse folgen. Das Zweite Vatikanische Konzil hat bereits eine Ahnung davon gehabt, dass Zeichen der Zeit mehr als Trends sind, sie vielmehr die gesellschaftliche und kulturelle Wirklichkeit grundlegend verändern und mit Brüchen verbunden sind. Gewusst hat das die Kirche also früh. Sie hat aber, worauf heute Papst Franziskus oft hinweist, bald nach dem Konzil der Mut verlassen, die neuen Einsichten ernst zu nehmen und die eigenen Beschlüsse, die einer Reformation ähnelten, umzusetzen.
Norbert Feldhoff wurde in dem Jahr zum Priester geweiht, in dem – im Herbst – das Zweite Vatikanische Konzil zu Ende ging. Wir können uns heute kaum vorstellen, wie groß die Aufbruchsstimmung in der Kirche damals war. Die Kirche hatte ihr Verhältnis zur Welt, zum Judentum und zur Ökumene gänzlich neu formuliert. Sie war entschlossen, aufmerksamer auf die Zeichen der Zeit zu achten, als „Volk Gottes unterwegs“. Es erschien manchem sogar nicht ausgeschlossen, dass die Kirche von der Welt lernen kann. Sie hat aber wohl – aus der Sicht von heute – nicht wirklich souverän und konsequent die Verhältnisse und Versuchungen innerhalb der Kirche wahrnehmen wollen. Jetzt scheint sexualisierte Gewalt in Orden und Gemeinden als Spitze eines Eisberges, der Einstellungen sichtbar werden lässt, die alle Rede von der besonderen Sicht der Christen und des Christentums auf den Menschen ad absurdum führen. Wie sehr muss das gerade jene Generation der Priester, Ordensleute und engagierten Laien treffen, die in jungen Jahren den Aufbruch in der Kirche gestaltet haben.
Norbert Feldhoff lag in allen beruflichen Stationen und in seinem öffentlichen Wirken das Gemeinwohl am Herzen. Er hat ein feines Gespür für die öffentlichen Angelegenheiten, die der Politik aufgegeben sind – in Kirche und Gesellschaft. Er hat davon gesprochen, dass nicht schon dieses und jenes Interesse zu verfolgen der Kunst des Politischen genügen kann. In der Kirche betrifft das Gemeinwohl ein zweifaches: dasjenige innerhalb der Kirche und das Gemeinwohl in der Gesellschaft, zu dem die Kirche ihren Beitrag leistet. Der Absturz der Katholischen Kirche im öffentlichen Bewusstsein wird auf dramatische Weise in einer neuerlichen Studie sichtbar, in der auf die Frage, wer zum Gemeinwohl beitrage, die Katholische Kirche auf Platz 107 von 137 Plätzen steht. Die Caritas hat einen mittleren Platz bekommen und wird unabhängig von der Kirche gesehen – eine ebenfalls bedenkliche Erfahrung. Norbert Feldhoff hat wichtige Gedanken zur Caritas als einemGrundauftrag der Kirche formuliert. Er hat um die Spannungen gewusst – und sie zu lindern versucht – im Wirken der Kirche nach innen und nach außen. Die Geschichte vom barmherzigen Samariter, von der Papst Paul VI. in seiner Abschlussrede im Konzil gesagt hatte, sie sei für die Konzilsväter der rote Faden aller Beratungen gewesen, kollidierte in innerkirchlichen Konfliktlagen immer wieder mit einer Grundhaltung, die jede Epikie ablehnt. Norbert Feldhoff wusste um den Wert der Epikie und die Würde des Kompromisses und hat das auch nie verheimlicht. So war er gerade in schwierigen Situationen ein verlässlicher Partner.
Norbert Feldhoff blieb sich selbst treu, mochte es um ihn herum auch noch so brodeln. Er avancierte zu einem der führenden und prägenden Priester in Deutschland. Er managte das Erzbistum erfolgreich. Sein programmatischer Kommentar zum Reichtum des Erzbistums: „Die Kirche ist eine Glaubensgemeinschaft und kein Wirtschaftskonzern.“ Das hinderte ihn nicht daran, die Kirche von Köln wirtschaftlich erfolgreich zu führen. Die Ernsthaftigkeit in weltlichen Angelegenheiten gehört für ihn zum Selbstverständnis des Christen. Frömmigkeit und wirtschaftlicher Sachverstand sind keine Gegensätze. Wer an Gott glaubt, nimmt