Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов
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Dass die Beteiligung am Sendungsauftrag der Kirche nicht konsequenzlos bleiben kann, ergibt sich aus der Einsicht, dass der Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden, Hoffnung auf Glaubwürdigkeit angewiesen ist. Andernfalls wäre er in sich widersprüchlich und damit unwirksam. Gerechtigkeit und Frieden beispielsweise bauen auf Grundhaltungen der dabei interagierenden Menschen auf, die sich nicht auf bestimmte Dienstzeiten beschränken lassen, sondern sich gerade durch ihre Verlässlichkeit und Beständigkeit definieren. „Part-Time“-Gerechtigkeit gibt es nicht, sie wäre allenfalls Kalkül um in bestimmten gesellschaftlich-sozialen Konstellationen gut anzukommen. Um die schon erwähnte Glaubwürdigkeit zu sichern und die Eigenart des Einsatzes für das Reich Gottes im Sendungsauftrag zu markieren, bedarf es jener Loyalitätsverpflichtungen, die das berufliche Handeln aber auch darüber hinausgehende Lebensvollzüge betreffen, eben weil es das, um was es beim Reich Gottes geht, nicht in Teilzeit geben kann. Der Arzt des kirchlichen Krankenhauses kann eben nicht nebenher in Eigenregie als Nebentätigkeit eine professionelle, gewinnorientierte Sterbehilfeklinik betreiben; genauso wenig wie der kirchliche Religionslehrer in seiner Freizeit als Hauptagitator gegen die kirchliche Glaubenslehre in einem Atheisten- oder Agnostikerverband auftreten kann. An diesen beiden Beispielen wird deutlich, dass sich die Loyalitätsverpflichtungen als Sicherungsmaßnahmen für Glaubwürdigkeit aus der konkreten Tätigkeit bzw. dem entsprechenden Berufsfeld und der Berufsgruppe ergeben. Glaubwürdigkeit und deren Sicherung durch Loyalitätsobliegenheiten können jeweils nur oder zumindest wesentlich konkret erschlossen bzw. abgeleitet und nicht abstrakt generell vorgegeben werden. In diesem Sinne gilt es dann auch sogleich festzustellen, dass ein Konzept von mehr tätigkeits- und einrichtungsspezifischen Loyalitätsobliegenheiten zur Sicherung der Glaubwürdigkeit kirchlichen Handelns jenem entgegensteht, das Loyalitätsobliegenheiten als katechetische Instrumente missversteht, um über arbeitsvertragliche Elemente ein bestimmtes „Glaubenslevel“ bei kirchlichen Mitarbeitenden abzusichern. Das vorgeschlagene Verständnis von Loyalitätsobliegenheiten als Instrument zur Sicherung von Glaubwürdigkeit steht darüber hinaus ebenfalls jenem entgegen, welches Loyalität mit Totalidentifikation verwechselt. Loyalität meint die Übereinstimmung in den wesentlichen handlungsleitenden Zielen, auch wenn es in anderen Punkten eine bestimmte Identifikationsvarianz gibt. Damit werden Handlungsspielräume eröffnet, die nicht Willkür bedeuten, weil sie durch die Loyalitätsobliegenheiten gefasst werden. Jene Fassung selbst kann aber auch vernünftig nachvollzogen werden, sie baut nicht auf absolut autoritärer Vorgabe auf, sondern sie erfährt eine plausible auf der beruflichen Tätigkeit und eben institutioneller Fassung beruhende Herleitung.
Die Differenzierung hinsichtlich der Loyalitätsobliegenheiten ermöglicht auch eine differenzierte Wahrnehmung der kirchlichen Arbeitnehmerschaft und somit des einzelnen Arbeitnehmers innerhalb einer Einrichtung, sei es im Kindergarten, Schule, Sozialstation o.ä. Ein kirchlicher Arbeitnehmer/eine kirchliche Arbeitnehmerin muss nicht alle Loyalitätsobliegenheiten – wie vorausgehend dargestellt – erfüllen, die es innerhalb einer Einrichtung auf Grund der dortigen Tätigkeitsfelder und der Eigenart der Einrichtung gibt. Nicht der Einzelne/die Einzelne hat die ganze Last aller Loyalitätsobliegenheiten zu tragen, alleine für die Glaubwürdigkeit einer Einrichtung als Ganzes zu sorgen, quasi als „Einzelkämpfer“/„ Einzelkämpferin“ in rechter Weise für die Erfüllung jenes Teils des Sendungsauftrags zu sorgen, den eigentlich eine Einrichtung in ihrer Gesamtheit zu erfüllen hat. Insofern kann man folgerichtig auch von einem einrichtungs- bzw. institutionenorientierten Ansatz des kirchlichen Arbeitsrechts sprechen, der sich von einem personenzentrierten Ansatz in der Hinsicht unterscheidet, dass er das differenziert Gemeinsame im Blick auf Sendungsauftrag und Glaubwürdigkeit unterstreicht.
Soll dieses Gemeinsame durchgängig greifbar sein und auch einen Beitrag zur Hebung des Selbstwertgefühls kirchlicher Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen leisten, wäre es vorteilhaft, wenn die Betroffenen selbst bei der Festlegung der von ihnen zu beachtenden Loyalitätsverpflichtungen beteiligt wären und es für sie Mitsprachemöglichkeiten gäbe. Damit würde sich nicht nur die Versteh- und Nachvollziehbarkeit dieser Obliegenheiten erhöhen, in deren Ausbuchstabieren würde auch noch einmal die gemeinsame Verantwortung für das gemeinsame Handeln unterstrichen.
Eine Stärkung des Gemeinsamen bzw. der Teilhabe an selbigem würde auch ein Überdenken des Terminus „Dienstgemeinschaft“ bedeuten. Es lässt sich nicht ganz von der Hand weisen, dass der bisherigen Fassung dieses Begriffs ein gewisses Gefälle zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern inhärent ist, das seiner eigentlichen Zielrichtung zuwiderläuft. Während in dieser Dienstgemeinschaft die kirchlichen Arbeitnehmer Loyalitätsobliegenheiten zu beachten haben, ist dies bei den kirchlichen Arbeitgebern die Fürsorgepflicht gegenüber den kirchlichen Arbeitnehmern. Damit entsteht der Eindruck, als hätten die kirchlichen Arbeitgeber anders als die kirchlichen Arbeitnehmer keine Loyalitätspflichten gegenüber dem Sendungsauftrag zu erfüllen. Die Idee der Dienstgemeinschaft von kirchlichen Arbeitnehmern und Arbeitgebern als gemeinsamem Dienst (wenn auch mit verschiedenen Rollen und Aufgabenstellungen) am Sendungsauftrag wird damit letztlich ad absurdum geführt. Es bedarf sicherlich noch mannigfacher Überlegungen zur genaueren Fassung von Loyalitätsobliegenheiten der kirchlichen Arbeitgeber gegenüber dem Sendungsauftrag der Kirche. Doch auch wenn dies noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, drängt nicht minder die Zeit, sich dieser Aufgabe zu stellen. Wie diese Aufgabe drängt, wird in unseren Tagen umso deutlicher, je mehr jene Verhaltensweisen von Vertretern der kirchlichen Arbeitgeberseite die Glaubwürdigkeit des kirchlichen Handelns als Ganzes in Frage stellen und damit auch kirchliche Arbeitnehmer unverschuldet gesellschaftlich in schwere Bedrängnis bringen. Natürlich muss es dann bei einem solchen Klärungsprozess bezüglich der Loyalitätsobliegenheiten kirchlicher Arbeitgeber auch darum gehen, auszubuchstabieren was es bedeutet, wenn jene Arbeitgeber gegen die für sie relevanten Loyalitätsobliegenheiten verstoßen.
V. Zukünftiges
Die gerade im vorhergehenden Abschnitt benannten Punkte, die es notwendigerweise für eine Erneuerung des kirchlichen Arbeitsrechts zu bedenken, zu diskutieren und auszuführen gilt, sollten dazu beitragen, kirchliches Arbeitsrecht weder zu unterschätzen noch zu überschätzen.
Kirchliches Arbeitsrecht „nur“ als Paragraphenwerk zu sehen und diesbezügliche Veränderungen hauptsächlich als Wortklauberei zu klassifizieren, würde ein Unterschätzen bedeuten. Kirchliches Arbeitsrecht und die damit eng zusammenhängende konkrete Organisation von Arbeitsverhältnissen hat Teil am Zeichen- und Werkzeugcharakter der Kirche selbst. An der Art und Weise wie die Kirche die Arbeitsverhältnisse organisiert, zeigt sich, was ihr wichtig ist; zeigt sich, was mit der Formulierung Auferbauung des Reiches Gottes gemeint ist; erweist sich, was dieses Reich Gottes ist. Zugleich aber verändert die Kirche mit ihrer exemplarisch vorgelebten Organisation kirchlicher Arbeitsverhältnisse tatsächlich schon ein Stück weit real die Arbeits- und Lebensverhältnisse; Ist die Kirche Werkzeug für die Veränderung der Welt im Sinne der Auferbauung des Reiches Gottes, motiviert sie mit ihrem Beispiel schon jetzt andere, es ihr gleich zu tun, setzt sie Veränderungsbewegungen in Gang. Im Umkehrschluss bedeutet dies dann aber auch: Eine im Sinn der katholischen Soziallehre unangemessene Gestaltung kirchlicher Arbeitsverhältnisse widerspricht dem Wesen der Kirche selbst als Zeichen und Wirkung für die Veränderung der Welt im Sinne des jesuanischen Sendungsauftrags.
Eine Überschätzung kirchlichen Arbeitsrechts würde es bedeuten, wenn davon ausgegangen wird, eine juristische Auseinandersetzung bzw. Beschäftigung mit den in diesen Überlegungen angesprochenen Punkten wäre ausreichend. Es bedarf dringend einer adäquaten Einstellungs-, Haltungs- und Blickrichtungsänderung! Theologen sollten die Einstellung zum kirchlichen Arbeitsrecht insofern ändern, als sie es als