Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов

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Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft - Группа авторов Schriftenreihe zum kirchlichen Arbeitsrecht

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anstreben, als sie sich zunehmend ihres gemeinsamen Auftrags bewusst werden und davon wegkommen, das im weltlichen Bereich übliche Gegenüber von Arbeitgeber und Arbeitnehmer im kirchlichen Bereich nur mit leichten Modifikationen einfach widerzuspiegeln. Die Gesetzgeber kirchlichen Arbeitsrechts sollten ihre Haltung dahingehend ändern, dass sie ihre Aufmerksamkeit verstärkt auf den in Frage stehenden Regelungsgegenstand lenken, ohne sich im Klein-Klein juristischer Formulierungen zu verlieren, für die sie im Zweifelsfall sowieso nicht ausreichend eigenständig qualifiziert sind.

      Letztendlich bleibt es abzuwarten, ob eine Erneuerung des kirchlichen Arbeitsrechts entlang den aufgezeigten Linien eine Wirkung entfaltet, die sich an dieser Aussage festmachen lässt: Menschen möchten in ein kirchliches Arbeitsverhältnis nicht trotz, sondern wegen des kirchlichen Arbeitsrechts eintreten. Und sie möchten dies deshalb, weil das kirchliche Arbeitsrecht eine Vision von Arbeit durchscheinen lässt, die diese sinnvoll erfahrbar macht; Freiräume für Selbstermächtigungsprozesse im Modus des Verstehens eröffnet; die Individualität der Arbeitenden differenziert zum Tragen bringt; Beteiligungs- und Mitspracherechte zuspricht, die es anderswo vielleicht so nicht gibt und eine gleichberechtigte Teilhabe an einer Gemeinschaft ermöglicht, von der man in anderen Kontexten nur träumen kann. Ein so erneuertes kirchliches Arbeitsrecht würde sicherlich auch zur Glaubwürdigkeit der Kirche selbst beitragen, weil sie auf diese Weise belegen könnte, dass das, was sie nach außen verbindet und dort von Anderen fordert, in ihrem Inneren eindeutig verwirklicht wird.

      3 Für die deutsche Ausgabe: Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden (2006) Kompendium der Soziallehre der Kirche, Freiburg im Breisgau: Herder, hier v.a. S. 199 – 239.

      Hat sich die Rechtslage seit 2012 weiterentwickelt?

       Klaus Bepler

      Norbert Feldhoff war als Vize-Präsident des Deutschen Caritasverbandes und Vorsitzender der Arbeitsrechtlichen Kommission eng mit den rechtlichen und vermutlich auch mit den gelegentlichen menschlichen Problemen des Dritten Weges befasst. Wie ich ihn in anderen Zusammenhängen kennen gelernt habe, bin ich sicher, dass er dort höchst kompetent, sachbezogen und zielorientiert gearbeitet, dabei aber nie das praktische Gebot der Nächstenliebe und den Humor aus den Augen verloren hat. Er hat also auch dort so gehandelt, wie man sich als Christ einen modernen Priester in der Welt wünscht. Es ist deshalb nicht ganz unproblematisch, aber hoffentlich vertretbar, ihm einen Beitrag zu widmen, der sich mit einem Bereich befasst, in dem notwendige und in aller Regel fruchtbare Konflikte nicht intern, „lautlos“, bewältigt werden können: Es soll um die rechtlichen Bedingungen für die kollektive Konfliktaustragung und Konfliktbewältigung in kirchlichen Einrichtungen gehen, in denen Arbeitnehmer beschäftigt werden, und darum, ob und wie sich die Rechtslage seit der Rechtsprechung zum Streikverbot in kirchlichen Einrichtungen aus dem Jahre 2012 entwickelt hat.

      I. Kirchenautonomie und staatliche Rechtsordnung

      Es ist das Recht jeder Gruppe von Menschen, sich zu organisieren und für die Bewältigung ihrer internen Konflikte Wege vorzusehen, die sie für richtig halten. Sie können und werden sich dabei im Zweifel an den ideellen Prinzipien und Zielen orientieren, auf denen ihre Zusammengehörigkeit gründet. Diese Autonomie steht jedem Einzelnen, jeder Gruppe von Einzelnen, aber auch fester organisierten Einheiten zu, die sich aufgrund der Willensübereinkunft ihrer Mitglieder gebildet und am Leben erhalten haben. Im Rechtsraum ruht dieses Recht für das Individuum auf Art. 2 und Art. 9 und für die Organisation vielfach auch auf Art. 9 Abs. 1 und/oder Abs. 3 GG. Wegen der Verbindung organisatorischer Entscheidungen mit den die Organisation und ihre Mitglieder einenden Grundüberzeugungen wird vielfach auch die grundgesetzlich garantierte unverletzliche Freiheit des Glaubens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses (Art. 4 GG) betroffen sein. Für die Kirchen tritt mit Art. 140 GG und dem dort inkorporierten Art. 137 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) eine verfassungsrechtliche Absicherung der korporativen Dimension der Religionsfreiheit1 hinzu. Sie hebt die Religionsgesellschaften gegenüber den sonstigen Vereinigungen hervor und ist Grundlage für ein eigenständiges Recht der religiösen Vereinigungen.2

      Für den dem staatlichen Recht verpflichteten Juristen eröffnet sich ein Arbeitsfeld, wenn die Gruppe oder Organisation für bestimmte Teilbereiche ihren allein durch die Binnenautonomie geprägten Raum verlässt und in den staatlichen Rechtskreis eintritt.3 An Autonomie gewohnte Personen oder Organisationen haben dabei typischerweise das sehr engagiert verfochtene Ziel, auch bei Kontakten nach außen ihre Autonomie und das autonom Geschaffene so weit wie möglich aufrecht zu erhalten. Das schafft Probleme. Ein zweiter Aufgabenbereich wird eröffnet, wenn Gruppe oder Organisation in eine – nicht notwendig freiwillige – Berührung mit Trägern konkurrierender Rechte kommen. Kommt es dann zu Konflikten, bedarf es zunächst der Gewichtung der Rechtspositionen. Bei Gleichgewichtigkeit müssen die einander gegenüberstehenden Rechtspositionen miteinander abgeglichen werden. Ziel dieser Gedankenoperation muss es sein, die jeweils verfassungsrechtlich garantierten Rechte beiderseits möglichst weitgehend wirksam zu erhalten.4

      II. Kirchliche Arbeitsverhältnisse und staatliches Arbeitskampfrecht

      Das vieldiskutierte Thema Arbeitskampf und Kirche gehört in den angesprochenen zweiten Bereich. Zu einer grundlegenden Stellungnahme war das Bundesarbeitsgericht im Jahre 2012 aufgerufen. Es fällte dazu am 20. November 2012 ein Urteil, das für die katholische Kirche und ihre Einrichtungen unmittelbar einschlägig ist, weil es sich mit dem Dritten Weg5 befasst.6 Auf ihm entstehen im katholischen Bereich durchgängig die kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen, die arbeitsvertraglich in Bezug genommen und so zum maßgebenden Inhalt der Arbeitsverhältnisse werden.

      Im Rechtsstreit ging es um die Klage verschiedener kirchlicher Einrichtungen, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der beklagten Gewerkschaft ver. Di zu Warnstreiks aufgerufen worden waren. Dies war geschehen, nachdem sich die Einrichtungen unter Hinweis auf das für sie maßgebende, konkret aber stockende Arbeitsrechtsregelungsverfahren des Dritten Weges geweigert hatten, in Tarifverhandlungen einzutreten. Die Einrichtungen machten geltend, Streikaufrufe seien ihnen gegenüber rechtswidrig. Sie verletzten das kirchliche Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV. Dieses Recht erlaube es den Kirchen, die privatrechtlich begründeten Arbeitsrechtsverhältnisse am Leitbild der christlichen Dienstgemeinschaft7 auszurichten. Dieses beruhe auf dem Bekenntnis, dass alle dort beschäftigten Dienstnehmer in Gemeinschaft mit den jeweiligen Dienstgebern den Auftrag der Kirche in der Welt erfüllten. Die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche verpflichte zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit und gebiete eine konsensuale Lösung von Konflikten um den Inhalt von Arbeitsbedingungen. Hierfür sei ein kollektives Regelungsverfahren erforderlich, das auf den Grundsätzen von Partnerschaft und Kooperation beruhe, und in dem Konflikte ohne Arbeitskämpfe über eine Schlichtungskommission ausgetragen würden. Ein Arbeitskampf zerstöre die Dienstgemeinschaft und hindere die Kirche für dessen Dauer an der Erbringung ihres Auftrags. Das kirchenrechtlich niedergelegte Verbot des Arbeitskampfes in kirchlichen Einrichtungen müsse deshalb auch von den staatlichen Gerichten geschützt, seine Durchsetzung gesichert werden.

      Die beklagte Gewerkschaft berief sich demgegenüber darauf, dass ihr im allgemeinen Arbeitsleben, an dem sich ja auch die kirchlichen Einrichtungen beteiligten, das Streikrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG vorbehaltlos gewährleistet sei. Die beiden einander gegenüberstehenden Rechtspositionen von verfassungsrechtlichem Gewicht hat das Bundesarbeitsgericht zunächst – was die Rechte der Kirchen angeht, zu Recht auch unter Rückgriff auf Art. 4 GG,8 – als grundsätzlich gleichwertig bewertet (Rn. 103 ff.; 110 ff.). Auf dem Weg zu einem möglichst schonenden Ausgleich der so einander gegenüberstehenden Rechte ging es davon aus, das Selbstbestimmungsrecht einer Religionsgesellschaft und die Koalitionsfreiheit einer Gewerkschaft schlössen sich nicht

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