Angelus Mortis. Theodor Hildebrand

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Angelus Mortis - Theodor Hildebrand

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er rief voller Unwillen:

      »Danken sie es ihrer weiblichen Kleidung, die sie vor meiner augenblicklichen Rache schützt! Aber welchen Titel verdienen sie wohl, unvorsichtiges Weib, die sie sich erdreisten, heimlich in fremde Häuser einzudringen und die Handlungen ihrer Bewohner auszuspionieren? Sie stehen früh genug auf, wie es scheint; aber seien sie sicher, dass sie so bald nicht wieder ohne mein Wissen ins Schloss eindringen werden.«

      Ein Lächeln, das Werner nicht zu deuten vermochte, war Lodoiskas ganze Antwort darauf. Dann aber nahm sie plötzlich eine würdevolle Miene an und sagte:

      »Bedenke, Werner, dass du tätigen Anteil an meinem Unglück gehabt hast; ich warne dich jetzt, nicht blind in den Abgrund des Verderbens zu rennen. Glaube mir, es wird am besten für dich sein, unparteiisch bei dem Kampf zu bleiben, der sich bald erheben kann; dies ist der einzige Weg für dich, dem nahenden Ungewitter zu entgehen.«

      Bei diesen Worten sprühten ihre Augen wie Feuer. Und ohne noch den Stimmen der beiden Kinder Beachtung zu schenken, die, ihrer Spiele müde, sich näherten, um mit ihr zu plaudern, machte sie gegen Werner eine fürchterlich drohende Gebärde und ging mit schnellen Schritten auf einen schmalen Fußweg zu, der sie schon bald den Blicken entzog. Werner stand wie unbeweglich da und war in tiefes Nachdenken über das Unglück versunken, das er schon mit Gewissheit heraufziehen sah, als er plötzlich durch Wilhelm aus seiner Träumerei geweckt wurde.

      »Werner, hörst du den Donner nicht, der dort aus der schwarzen Wolke herüberrollt? Sieh doch, welch schöne Blitze! Es wird gewiss ein Gewitter geben.«

      »Ein Gewitter?«, rief Werner erstaunt. Sollte ihre Prophezeiung schon so schnell in Erfüllung gehen? — Er erblickte nun ebenfalls die heranziehenden schwarzen Wolken, aus denen sich immer häufiger Blitze entluden, und da die Vorsicht nicht erlaubte, den Spaziergang noch weiter fortzusetzen, nahm er seine beiden jungen Freunde an die Hand und kehrte auf dem kürzesten Weg mit ihnen zum Schloss zurück.

      Helene, die bereits von ihrem Fenster aus gesehen hatte, dass ein Gewitter heraufzog, war schon in großer Sorge darüber, dass ihre Kinder noch nicht zurück waren. Voller Ungeduld verließ sie daher das Schloss, um ihnen entgegenzugehen; doch sie war noch gar nicht weit gekommen, als sie auch schon das laute Lachen der kleinen, übermütigen Julie hörte, und bald darauf sah sie die teuren Wesen auf sich zulaufen. Die Kinder sprachen von nichts anderem als von der schönen Dame und von den Geschenken, die sie ihnen gemacht hatte. Helene war viel zu sehr Mutter, um nicht gleich ein günstiges Urteil über die Person zu fällen, die ihren teuren Kindern eine solche Freude machte. Mit Spannung erkundigte sie sich, was die Fremde gesagt hatte.

      »Oh, diesmal«, antwortete das kleine Mädchen, »hat sie nicht lange mit uns geplaudert. Sie sprach die ganze Zeit nur mit Werner, den sie am Ende voller Wut verließ.«

      Diese wenigen Worte des Kindes stürzten alle Pläne über den Haufen, die der Unteroffizier sich unterwegs schon zurechtgelegt hatte. Er wusste, dass die Oberstin ihm nicht glauben würde, wenn er der kleinen Julie widerspräche; doch ein Entschluss musste gefasst werden, und obwohl er es verabscheute zu lügen, wartete er nicht erst ab, bis Helene ihn fragte, sondern tischte ihr, gleich nachdem sie die Kinder durch einen Wink fortgeschickt hatte, folgende Geschichte auf:

      »Frau Oberstin, ich hatte vollkommen recht damit, der Unbekannten nicht zu trauen. Glauben sie mir, dass sie ihren Aufenthalt hier in R… nicht ohne gefährliche Absichten gewählt hat. Eine ganze Stunde lang hat sie mich mit Fragen über ihre Familie und die gesamte Nachbarschaft gepeinigt. Sie wollte alles wissen, das Alter, den Rang, die Beschäftigung eines jeden, und sie wurde gar nicht müde in ihren Versuchen, mich auszufragen. Anfangs versuchte ich, ihren unverschämten Fragen mit Höflichkeit auszuweichen, aber sie hielt sich noch nicht für besiegt und kehrte zum Angriff zurück. Eine Frage folgte auf die andere, gleichsam wie ein ununterbrochenes Heckfeuer, sodass ich der Sache schließlich überdrüssig wurde. Ich nahm meine Truppen zusammen und rückte ihr mit gefälltem Bajonett auf den Leib, sodass ich ihr eine völlige Niederlage beibrachte. Mein Widerstand rief eine solche Bestürzung bei ihr hervor, dass sie in höchst übler Laune ihren Rückzug antrat.«

      Diese mit militärischen Ausdrücken vermischte Rede rang der Oberstin ein Lächeln ab. Die Fragen der Fremden schienen ihr gar nicht so unverschämt, wie Werner sie darstellte; sie hielt es für ganz natürlich, sich nach den Familien der Gegend, in der man sich niedergelassen hatte, zu erkundigen.

      »Ich hoffe, mein lieber Werner, dass deine Antworten nicht beleidigend gewesen sind; man muss Achtung vor den Damen haben und gerade ein Soldat sollte im Umgang mit dem schwachen Geschlecht ein zuvorkommendes Verhalten an den Tag legen.«

      »Das mag für unsere Herren Offiziere gelten«, erwiderte Werner; »aber wir, die wir nicht deren Vorrechte genießen, brauchen auch nicht ihre Höflichkeiten nachzuahmen.«

      Mit diesen Worten, die er absichtlich etwas hart aussprach, entfernte sich der alte Soldat und Helene kehrte nun zu ihren Kindern zurück, während das Gewitter immer näher kam und der Regen schon in Strömen niederfiel. Helene fürchtete das Rollen des Donners so wenig wie ihre Kinder; aber Lisette und Marie waren in größter Angst. Sie eilten zu ihrer Herrin, um bei ihr Schutz zu suchen, den sie ihnen auch nicht verweigerte. Da Werner unterdessen ungestört sein konnte, begab er sich auf sein Zimmer, und trotz eines unwillkürlichen Schauders, der sich mehrmals in seinem Innern erhob, setzte er sich an seinen Schreibtisch, um ein zweites Mal an seinen Herrn zu schreiben.

      Das Gewitter wurde immer heftiger und die Winde kämpften so fürchterlich miteinander, dass sie in ihrer Wut das Schloss in seinen Grundfesten zu erschüttern drohten. Von Zeit zu Zeit erschien es Werner sogar, als ob sich klagende Stimmen unter das Rollen des Donners und das Heulen des Sturmes mischten; ja, er hörte Worte, deren Ton seinem Ohr nicht unbekannt war. Mehrere Male hörte er unwillkürlich auf zu schreiben; dann aber, voller Scham über seine Schwäche, sammelte er seine Gedanken wieder und zur Stunde des Abendessens war sein Brief an den Oberst fertig.

      Da er sein Schreiben nicht abermals den Versuchen Lodoiskas aussetzen wollte, schloss er es in einen Kasten ein und legte diesen in seinen Kleiderschrank. Von beiden nahm er die Schlüssel an sich und verließ dann ruhig sein Zimmer, überzeugt davon, dass sein Geheimnis nun in Sicherheit war.

      Draußen tobte noch immer das Unwetter und Lisette wie auch Marie waren schon fast tot vor Angst. Die Kinder, des Wartens auf das Abendessen müde, schliefen auf einem Sofa, und Helene las in einem guten Buch. Werners Eintritt in das Zimmer belebte die beiden Mädchen wieder, die sich nun entschlossen, zu ihren jeweiligen Verrichtungen zurückzukehren, und bald darauf wurde auch das verspätete Abendessen aufgetragen.

      Erst gegen Mitternacht wurde der Himmel wieder heiterer und nach und nach beruhigte sich die Natur. Werner hatte dem Unwetter mit heimlichem Vergnügen zugesehen, denn er wusste, dass es bei solchen Regenmengen mehrere Tage lang unmöglich sein würde, spazieren zu gehen; und er hoffte, dass während dieser Zeit irgendein Umstand eintreten möge, der die neue Bekanntschaft zwischen den Kindern und Lodoiska beenden würde; ja, er schmeichelte sich, dass die Antwort des Obersts auf seinen Brief dem ganzen Leben der Familie eine andere Richtung geben könnte.

      Mit diesen Gedanken beschäftigt, die ihm keine Ruhe ließen, schlief der brave Soldat nur wenig. Der neue Tag war noch nicht angebrochen, als Werner schon wieder auf den Beinen war. Er nahm seine Schlüssel und öffnete den Schrank und den Kasten, um den Brief herauszunehmen, den er unverzüglich nach Prag auf die Post senden wollte. Er fand ihn tastend und steckte ihn in seine Tasche, ohne einen Blick darauf zu werfen, da es ohnehin noch dunkel war; hierauf ging er hinunter in den Hof, um den Knecht zu rufen, der ihm als Bote dienen sollte.

      Ehe er ihn fand, verging einige Zeit, und die heraufsteigende Morgenröte erhellte bereits die Erde ringsumher,

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