Unabwendbare Zufälligkeiten. Inge Borg

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Unabwendbare Zufälligkeiten - Inge Borg

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schmalen Zelle und raufte sich die Haare. Seit Stunden hielt man ihn fest, er war todunglücklich. Er hatte darum gebeten, Susanne kurz telefonisch zu informieren. Wie das Gespräch ausgegangen war, ob es überhaupt geführt wurde, bekam er nicht mitgeteilt. Es war ihm nicht möglich gewesen, zur Klärung der unverschämten Betrügereien, auf die Schnelle etwas beizutragen. Enttäuscht und niedergeschlagen, wusste er nach wie vor nicht, was er von den Buchungskünsten Monikas in eigene Tasche halten sollte. Wo war der Sinn, und wo das Ziel? Mit dieser Frage drehte er sich im Kreis, seit Stunden. Und Lukas? Welches Ziel verfolgten die beiden? In dieser Nacht schwor er sich: Wenn ich hier raus komme, kündige ich fristlos und gehe zu Susanne und Michael, hier breche ich alle Brücken ab, verkaufe meine Wohnung und fange ganz neu an! Doch jetzt, er musste sich auf eine Nacht in dieser Zelle, auf einer harten Liege, einstellen. Das Essen verweigerte er, nahm nur die Flasche Wasser und war überzeugt, niemals zuvor in seinem ganzen Leben so am Boden zerstört gewesen zu sein. Wenn man ihm wenigstens sein Handy gelassen hätte. Susanne und Michael, immer wieder kehrten seine Gedanken zurück zu der kleinen Familie, zu der er gerne selbst gehören würde. Er dachte darüber nach, wahrscheinlich wäre es unter normalen Umständen eine Wochenendbeziehung geworden, auf lange Zeit und vielleicht sogar auf Dauer dieser starken Belastung nicht hätte standhalten können. Aber konnte es nicht einfacher kommen, musste es unbedingt derartig kompliziert sein, so weit hergeholt, um zu erkennen wohin er gehörte? War das wirklich alles Schicksal, vorbestimmt für ihn, Frank Hauff? Musste er seinem Freund am Ende, trotz seiner gemeinen Mithilfe zur Betrügerei, dankbar sein? Denn Lukas wusste davon, das war sicher, wie sonst hätte er im Büro so gezielt darauf anspielen können? Oder musste er wirklich seinem Freund gerade deshalb dankbar sein? Auch dankbar dafür, weil er ihm jenen Urlaubsort schmackhaft machte, der ihm die Begegnung mit Susanne und Michael überhaupt erst ermöglichte? Oder waren das alles doch nur ganz einfache Zufälle, wie Michael es sehen würde?

      Kommissar Mecklinger stand breitbeinig in der Tür, er kaute auf einem Zahnstocher, vielleicht war es auch ein abgebrochenes Streichholz, seine linke Hand in der Hosentasche, wirkte er äußerst lässig. Frank Hauff versuchte in seinem Gesicht zu lesen und erwiderte sein kleines Lächeln. Ein recht sympathischer Mann. „Kommen Sie, Herr Hauff, raus hier! Ein paar Fragen habe ich aber noch, und die muss ich auch noch los werden, ehe ich Sie nach Hause gehen lassen kann.“ Er machte eine einladende Handbewegung. „Gehen wir in mein Büro.“

      „Fragen Sie, es gibt keine Geheimnisse meinerseits, ich werde alle Ihre Fragen beantworten, falls neue aufgetaucht sind.“

      „Also gut, Sie haben ausgesagt, Sie hätten die Mappe, bevor wir in ihr Büro kamen, selbst erst gefunden. Stimmt doch, oder? Gesammelte Rechnungen und Quittungen von knapp zehn Jahren, ausgestellt auf F. Hauff, zwei auch auf Eheleute Hauff.“

      Frank Hauff nickte.

      Mecklinger fuhr fort: „Suchten Sie, oder war das Zufall?“

      Schon wieder dieses Wort. Inzwischen waren sie im Büro des Kommissars angekommen und Frank ließ sich auf einem Stuhl nieder, es schien doch noch etwas länger zu dauern. „Ich habe gesucht, allerdings ohne zu wissen wonach. Ich war wütend und musste mich irgendwie beschäftigen. Wie ich gestern schon sagte, Lukas Rhode war voll im Bilde, er hätte mich sonst nicht so gezielt ansprechen können, wäre er ahnungslos gewesen. Er ist Mittäter! Und auch aufgrund einer Bemerkung seiner Sekretärin ist klar, er steckt da von Anfang an mit drin. Sie sagte, ihr Chef habe seine Tasche mitgenommen, um zuhause zu arbeiten. Nur, Minuten vorher war Lukas bei mir aufgetaucht und warf mir diese Unverschämtheit an den Kopf, von wegen Halbe-Halbe, dass ich nachhaken wollte. Dazu kam es ja dann nicht mehr. Lukas Rhode musste wie auf der Flucht den Betrieb verlassen haben, er fürchtete wohl die Konfrontation mit mir und wohl auch, dass er womöglich mir gegenüber nicht lange hätte dicht halten können.“

      „Passen Sie auf, Herr Hauff“, unterbrach der Kommissar und lachte „das reimt sich sogar.“

      „Darf ich kurz eine Frage an Sie richten, Herr Mecklinger?“, fragte Frank dazwischen, er hielt die Ungewissheit nicht mehr länger aus.

      Der Kommissar lächelte immer noch. „Ja selbstverständlich, ach ich weiß schon, Sie möchten wissen wie Ihre Frau Schnells reagiert hat, stimmt‘s, habe ich recht?“

      „Ja, genau, das wollte ich fragen.“ Frank schmunzelte.

      „Die Frau ist die Beste, sie hat gestern Abend noch Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, wollte eine Kaution für Sie zahlen und mit ihrer Unterschrift für Sie bürgen. Eine solche Frau findet man nicht alle Tage, die sollten Sie nicht wieder los lassen! Sie hat übrigens durch ihren Anruf auf Lukas Rhode aufmerksam gemacht, der hat ihr gegenüber gelogen und das machte ihn endgültig verdächtig!“ Der Kommissar war ernst geworden, fast ein wenig traurig. „Folgendes, also folgendes Herr Hauff, Sie sind natürlich frei und auch sofort entlassen. Den guten Rhode, Ihren vermeintlichen Freund, haben wir heute Nacht am Flughafen erwischt. Alleine! Meine Leute haben ihn mit Handschellen abgeführt, das hat ihn mürbe gemacht, er hat gestanden. Erwarten Sie keine Einzelheiten von mir. Nur etwas interessiert mich doch noch, wenn wirklich Sie diese Unterschlagungen gemacht hätten, sicher gäben es dann keine so penetrant aufbewahrten Belege, oder?“

      Frank konnte nur mit einem Kopfschütteln verneinen, seine Gedanken überschlugen sich, er war frei, er würde sofort seinen nächtlichen Schwur einhalten und in der Firma Hansen kündigen. Den Makler beauftragen wegen der Wohnung, und dann erst mal zu Susanne und Michael fahren. Wieso belog Lukas Susanne, hat sie denn mit Lukas gesprochen, wann und wieso? Frank saß immer noch auf dem Stuhl im Büro des Kommissars und war doch weit weg. Nur langsam ließ der entsetzliche Druck in seiner Brust nach.

      Der Kommissar holte ihn in die Gegenwart zurück. „Guck sich das einer an, wollen Sie noch hier bleiben? Herr Hauff, was denn, fahren Sie zu Ihrer Frau Schnells. Also, Abmarsch!“ Kommissar Mecklingers Lachen schallte durch das Zimmer.

      Frank ergriff dessen beide Hände. „Danke, vielen Dank Herr Mecklinger. Sie sind ein klasse Polizist, nochmals danke.“

      Frank Hauff bekam den Umschlag mit seinem Handy und seinen Papieren ausgehändigt und ging durch diesen hässlichen langen Flur dem Ausgang entgegen, so wie schon am Tag zuvor, da rief ihm Mecklinger nach: „Grüßen Sie Frau Schnells von mir und alles Gute, Ihnen Beiden!“

      Frank hob kurz seine Hand zum Gruß und war im nächsten Moment schon draußen. Es ging ihm nicht aus dem Kopf, wieso Susanne mit Lukas gesprochen hatte. Dass sie im Kommissariat anrief, ja, das verstand er, aber bei Lukas? Frank trat ins Freie, sah sich um, irgendwoher musste er ein Taxi rufen, schließlich war er mit einem Polizeifahrzeug hierher gebracht worden. Doch auch daran dachte Mecklinger, denn vor dem Ausgang stand ein Beamter mit Fahrzeug bereit.

      „Sind Sie Herr Hauff?“ Der Polizist kam auf Frank zu. „Ich fahre Sie nach Hause, bitte steigen Sie ein.“

      „Das ist ja ein Service hier, aber ich muss in die Firma, dort steht mein Wagen. Außerdem muss ich da noch was Wichtiges erledigen“, und er nannte dem Fahrer die Adresse.

      Frank Hauff rannte die Stufen hinauf wie ein Besessener, lief in sein Büro und griff zum Telefon, wählte atemlos Susannes Anschluss. „Susanne endlich, ich bin frei, ich komme heute noch, bis später.“ Das musste reichen, der Hörer knallte auf die Station.

      Als nächstes schrieb er handschriftlich und in Kurzfassung seine fristlose Kündigung und brachte sie ins Personalbüro. Er nahm sich weder viel Zeit seine Mitarbeiter zu begrüßen, noch sich zu verabschieden, sah in überrumpelte und auch erstaunte Gesichter, packte seine persönlichen Dinge zusammen, verstaute alles in einem herumliegenden Reklamebeutel und verließ damit die Firma genauso schnell, wie er gekommen war. Es lag ihm fern, sich an die vertraglich festgehaltene Frist einer Kündigung zu halten und er war sicher, sein Chef würde auch nicht

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