Sperrgebiet!. Susanne Klein

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Sperrgebiet! - Susanne Klein

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darf ich ja noch nicht mal. Ist leider alles Dienstgeheimnis. Aber vorbeikommen würde ich trotzdem gerne. Lass uns irgendwo lecker Frühstücken gehen und einen gemütlichen Sonntag machen. Ein ausgedehnter Spaziergang wäre auch toll. Ich habe die paar Minuten gerade in der Wahner Heide schon sehr genossen und gemerkt, dass ich das viel zu selten gemacht habe, in den letzten Wochen.“

      „Wir können ja wie früher nach Altenberg in den Märchenwald fahren“, lachte meine Mutter und ich fühlte mich sehr behütet und wie aus dem Nichts in meine Kindheit versetzt. „Spaß beiseite. Wir finden bestimmt etwas zwischen meiner Naivität und deinem beruflichen Irrsinn.“

      So telefonierten wir noch eine ganze Weile über dies und das, bis ich um ca. 22.30 Uhr, nach einem langen Tag, vor dem Fernseher und der Grimm-Akte saß.

      Ein kurzes akustisches Signal riss mich aus meinen Überlegungen und kündigte die nächste Mail an. Absender war der Flughafen, der mich nun offiziell informierte, dass die gesuchte Person nicht abgeflogen und demnach nicht in Spanien eingereist war. Nicht am Tag des gebuchten Fluges und auch nicht an einem anderen. Lena Grimm galt somit offiziell als verschwunden. Ich musste Andreas und Frank umgehend benachrichtigen und leitete die Mail kommentarlos an die beiden weiter. Jetzt würde die Arbeit eine ganze andere Dynamik bekommen und wir konnten morgen mit der Befragung ihres Umfeldes beginnen. In der Akte war zu lesen, dass im Wageninneren eine Tankquittung gefunden worden war, die besagte, dass Sara Lange am Abreisetag um 17.20 Uhr, also gut zwei Stunden vor dem geplanten Flug, für zehn Euro in der Nähe des Flughafens getankt hatte. Es war demnach höchstwahrscheinlich, dass sie danach auf dem Weg zum Flughafen verschwunden ist.

      Ich versetzte meine Phantasie in den besagten Nachmittag, begab mich auf die gemeinsame Reise und fuhr die Strecke hinter meiner Stirn ab. Vielleicht hatte sie den Parkplatz dort als preiswerte Möglichkeit genutzt, ihren Wagen für die Zeit ihrer Abwesenheit abzustellen. Von dort aus konnte man sogar zu Fuß zum Flughafen gehen – auch mit Gepäck. Nutzte man hingegen eines der Parkhäuser am Flughafen, war man für die vorgesehenen vier Wochen schnell einen mittleren dreistelligen Betrag los, den man gut und gerne auch in Spanien lassen und als Reisegeld nutzen konnte. Solche Überlegungen traute ich Frau Grimm auf jeden Fall zu, denn ihr Lebenswandel wirkte auf den ersten Blick bescheiden und sah man von dem Mini ab, eher bodenständig. Die Kollegen, die ihre Wohnung aufgesucht hatten, sprachen von einer einfachen Einrichtung und einer gewissen Unordnung dort. Es habe aber nichts auf ein gewaltsames Eindringen anderer hingedeutet – also auch nicht auf eine Entführung aus ihren eigenen vier Wänden. Ich stocherte mit meinen Gedanken im Ungewissen und mit einer Gabel in einem Glas Oliven herum und, um meiner Nacht ein wenig Ruhe zu geben, trank ich den ziemlich großen Rest aus der ohnehin offenen Flasche Rotwein. So konnte ich die Akte für diesen Abend loslassen und hing im Bett noch ein wenig meinem und dem Leben von Lena Grimm nach. Mit dem Wissen, dass morgen eine Menge Arbeit auf mich zukommen würde, schlief ich endlich ein und wälzte mich auf 1,60 x 2,00 m Federkern durch eine unruhige Nacht. Die abendlichen WhatsApp-Nachrichten meiner Kollegen erreichten mich nicht mehr.

       DREIZEHN

      Die Farben der Heide begannen der Jahreszeit entsprechend zu leuchten und zwischen sanft blühenden Sträuchern, lagen eingebettet, Flächen aus zartem, grünem Moos. Weich und nur wenige Zentimeter hoch. Aus der Ferne sah alles aus wie immer. Eine Rotte Wildschweine stöberte durch die Region und machte bei jeder sich bietenden Gelegenheit Halt, in der Hoffnung etwas Fressbares zu finden. Seit einer ganzen Weile verharrten die Tiere. Aufgeregt tauchten sie ihre Nasen ab und trüffelten an einem offenbar größeren Fund. Erst das Rascheln im Unterholz und menschliche Stimmen ließen sie aufschrecken und fluchtartig fortrennen. Der Blick auf ihre Beute wurde frei.

      Wie aufgebahrt lag eine Frau jetzt unübersehbar auf der Anhöhe mitten in dem ansonsten mehr oder weniger flachen Gelände. Mit toten Augen starrte sie in den abendlichen Himmel. Ihre Arme lagen eng neben dem Körper und waren ab den Ellenbogen angewinkelt und auf der Mitte des Bauches zu betenden Händen zusammengeführt. Ihr, für dieses noch frühe Stadium des Frühlings definitiv zu sommerliche Kleid, war bis zur Hüfte hochgeschoben. Die langen, schlanken Beine waren gespreizt und ließen von vorne einen Blick auf ihre blank rasierte Scham zu. Im direkten Vergleich mit den kräftigen Farbtönen der sprießenden Natur wirkte ihre Hautfarbe weiß und wie aus Wachs.

      Ein junges Paar hatte die Leiche gefunden, als die beiden, um ungestört zu sein, sich ein lauschiges Plätzchen in der Wahner Heide gesucht hatten. Zwar hatten sie die offiziellen Wege entgegen der Warnungen an einigen Stellen verlassen, waren dann aber letztendlich über einen Wanderpfad auf dem kleinen Plateau gelandet, das sie für genau den richtigen Ort hielten. Sie wollten dort bei einer Flasche billigem Sekt einen schönen Abend verbringen, die wunderbare Aussicht genießen und wohl ihre jungen, trainierten Körper gemeinsam und gegenseitig erkunden. Durchaus nachvollziehbar, wenn man sie so in ihrer jugendlichen Schönheit sah. Als sie voller Vorfreude und Aufregung die kleine Anhöhe erreicht hatten, stießen sie unvermittelt auf die Tote. Sie lag plötzlich vor ihnen und war für beide die erste Begegnung mit dem Tod. Ohne Vorwarnung. Das Mädchen wurde beim Anblick der Leiche von derart heftigen Magenkrämpfen befallen, dass sie niederging und nicht mehr in der Lage war, zu handeln. Sie kniete auf dem Boden und übergab sich, während sie bei jedem Würgen einen yogamäßigen Katzenbuckel machte. Der junge Mann war schnell wieder einigermaßen neutralisiert, hielt seiner Begleitung die langen Haare beim Spucken zurück und bettete sie nach ihrer Übelkeitsattacke fürsorglich in stabiler Seitenlage auf dem weichen Boden. Durch diese Position war ihr Blick von der Toten abgewandt und daran würde sie freiwillig garantiert auch nichts mehr ändern. Das sprachen jedenfalls ihre weit aufgerissenen Augen. Erst als es ihr scheinbar ein wenig besser ging, wählte ihr Freund die 110 und verständigte mit präzisen Angaben die Polizei, die sich gleich mit drei Einsatzfahrzeugen, einer zivilen Streife und zwei Notarztwagen auf den Weg machte und einen polizeilichen Großalarm auslöste.

      „Wir sind arglos auf sie zugegangen. Meine Freundin wunderte sich, weil die Frau auf dem Boden lag und schon so sommerlich gekleidet war.“ Er strich sich über seine Arme, als friere ihn bei den Gedanken daran. „‚Die holt sich noch den Tod‘, hat sie gesagt!“, berichtete der junge Mann, als die Polizei eintraf und erste Informationen von ihm erfragte. Er stand starr vor den Beamten, als würde er das Geschehene selbst verantworten müssen. Um ihn nicht unnötig zu strapazieren, notierte man seine Daten und entließ ihn aus der ersten Befragung in die Obhut der Sanitäter. Auch damit er in der Nähe seiner Freundin sein konnte. Die Polizei hielt ihn nicht für den Mörder und widmete sich den Untersuchungen vor Ort.

      Momentan und erst recht im Verlauf des Abends würden sie künstliches Licht benötigen, um den Fundort auszuleuchten und nach Spuren zu suchen. Zur Verstärkung alarmierte die Organisationseinheit das Technische Hilfswerk. Erschwerte Arbeitsbedingungen verursachte zusätzlich das nicht überall zugängliche Gelände und die Tatsache, dass die Einsatzfahrzeuge rund 250 m zuvor stoppen und sich alle auf einen mühsamen Fußmarsch einstellen mussten. An der Weiterfahrt wurden sie von einem Wassergraben und wild wuchernden Brombeersträuchern gehindert. Ob die militärischen Rückstände zusätzliche Probleme bereiten konnten, wusste zur Zeit niemand. Aber alle hofften, nicht auf eine vergessene Mine zu treten oder plötzlich eine Handgranate im Spurensicherungsbeutel zu haben, weil man sie für einen Scherzartikel, das Mordinstrument oder gleich beides hielt.

      Zunächst waren neben den Streifenbeamten nur Kollegen des Kriminaldauerdienstes vor Ort. Und mit etwas Verzögerung Labonte und Kurani aus unserem Dezernat. Sie verschafften sich einen ersten Überblick, machten Fotos und betrachteten mit ernstem Gesichtsausdruck die Leiche. Der Gerichtsmediziner erreichte mit seinem schweren Equipment keuchend zehn Minuten später den Fundort und schlüpfte etwas umständlich in seinen weißen Overall, bevor er die Kapuze überzog und sich der Toten näherte. In einer ersten, oberflächlichen Untersuchung bestätigte Carlo Seitz, so hieß der Experte, dann nicht überraschend ihren Tod und diagnostizierte fortgeschrittene Anzeichen der Verwesung. Spätestens, als er die Leiche umgedreht hatte, war dies,

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