Sperrgebiet!. Susanne Klein

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Sperrgebiet! - Susanne Klein

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– X 1029.

       ACHT

      „Polizeidienststelle Siegburg, Sie sprechen mit Sebastian Börne. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“

      Die Polizeidienststelle Siegburg wurde am 4. April 2017 über das Verschwinden von Lena Grimm informiert, ungefähr vier Wochen nachdem sie ihren Wagen auf einem Parkplatz in der Wahner Heide abgestellt und offenbar nicht wieder bewegt hatte. Der Anruf war kein Notruf, sondern ging über die amtliche Leitung ein, sodass er zunächst als harmlose Information über eine möglicherweise vermisste, erwachsene Person bewertet wurde. Der diensthabende Börne hatte die Hinweise eines Oliver Neyer entgegengenommen, der nicht mit Frau Grimm verwandt, verschwägert oder nach dessen eigener Aussage anderswie verbandelt war. Er sei, so sagte er, ihr Chef im Sportstudio „Die Fitmacher“ in Lohmar. Dort leitete sie bis vor wenigen Wochen als selbstständige Trainerin verschiedene Gymnastikkurse und hatte ihre Tätigkeit für die Zeit einer geplanten Abwesenheit unterbrochen. So war jedenfalls ihr Plan gewesen. Außer ihm hatte Lena Grimm zuvor niemand vermisst. Zum einen hatte dies mit der angekündigten Reise zu tun – zum anderen war der Kreis ihrer Kontaktpersonen wohl ohnehin in den letzten Jahren nicht mehr sehr groß. Das meinte jedenfalls Herr Neyer. Der Rest war aktenkundig.

      Ihre Familie lebte nicht mehr und sie war von ihrem Ex-Mann seit Jahren getrennt und offiziell geschieden. Grund für das Scheitern ihrer Ehe waren seine vermerkten zahlreichen körperlichen Übergriffe, wegen derer es sogar ein Verfahren gegen Herrn Grimm gegeben hatte. Zu einer Verurteilung war es seinerzeit nicht gekommen, weil seine Frau die Anzeige gegen ihn zurückgezogen hatte. Da er sie danach aber immer wieder stalkte und ihr gerne an dunklen Plätzen auflauerte, und ihr mehrfach erneut mit seiner Faust drohte, wurde er verwarnt. Er bekam ein Kontaktverbot und einen Platzverweis für die gemeinsame Wohnung. Ihm wurde in mehreren Gefährderansprachen untersagt, sich seiner Ex-Frau bis auf 20 Meter zu nähern. Es schien aber überwunden, denn seitdem war es zu keinerlei Zwischenfällen mehr gekommen. Im Hier und Jetzt lebten beide unauffällig und zurückgezogen.

      Lena Grimm galt als meditativ, sehr sportlich und naturverbunden. Laut der späteren Zeugenaussagen einiger Mitdozenten und Studenten war sie in der Tat Anfang März aufgebrochen, um in eine etwa vierwöchige Auszeit nach Lanzarote zu starten. Sie lehrte hauptberuflich Sportmedizin an der Uni Köln und hatte sich noch während des Semesters beurlauben lassen, um eine Ruhephase auf der Insel dafür zu nutzen, sich von der Ausarbeitung einer medizinisch, wissenschaftlichen Studie zu erholen, an der sie in den Monaten zuvor Tag und Nacht gearbeitet hatte. Ziel war die Veröffentlichung der Studie und eine damit einhergehende Professur. Intellektuelles Fundament für das Thema „Biochemische Prozesse und Unfruchtbarkeit bei Frauen, bedingt durch den Wirkstoff Syptonil, nach mehrjähriger, illegaler Einnahme leistungssteigernder Mittel im Spitzensport“ waren ihre absolvierten Semester in Medizin und Biochemie.

      Ihr Verschwinden wurde tatsächlich erst bemerkt, als sie nach der geplanten Rückkehr nicht zu ihrem Nebenjob im Fitnessstudio erschienen war. Die Bauch-Beine-Po-Fraktion und der Studioinhaber, Oliver Neyer, warteten an dem besagten Morgen um 09.00 Uhr vergeblich auf die ersehnte Rückkehr der Trainerin. Der Anruf des Besitzers bei der Wache in Siegburg wurde getätigt, nachdem Lena Grimm nachmittags auch nicht ihrer Verpflichtung als Power Plate-Spezialistin nachgekommen war und diejenigen, die die Rüttelplatte für Sport hielten, an diesem Tag ohne Training blieben.

      Mit viel Getöse hatte Neyer seine Annahmen zum Abgang von Frau Grimm in einem langatmigen Telefonat mitgeteilt, sodass sein Gesprächspartner gereizt reagierte. „Herr Neyer, es ist wirklich nett, dass Sie uns anrufen. Aber bei erwachsenen Menschen können wir nicht viel machen. Sie verschwinden eben manchmal. Nicht immer ist ein Verbrechen die Ursache dafür. Wenn Sie verstehen, was ich meine.“ Den gelangweilten Unterton konnte er kaum verbergen. Und er legte noch einen drauf. „Sie tauchen meistens aber nach ein paar Tagen wieder auf oder schicken irgendwann eine Postkarte aus der Karibik oder von sonst wo.“

      „Hören Sie Herr Börne, ich sage Ihnen nur das, was ich wahrnehme. Und das ist das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt. Was Sie jetzt mit den Informationen anfangen, ist Ihre Sache. Guten Abend!“ Neyer legte auf. Er war unüberhörbar sauer und verfluchte sich dafür, überhaupt angerufen zu haben.

       NEUN

      Börne hatte die Daten zwar oberflächlich auf einem Fetzen Papier notiert, wertete den Anruf aber allenfalls als mehr oder weniger alltägliche Vermisstenmeldung, die zunächst keine allzu große Beachtung fand. Trotzdem würde er seine Kollegen am nächsten Tag anweisen, die Meldeanschrift von Lena Grimm zu überprüfen. Als Sebastian Börne später von den Kollegen der Kripo wegen seiner defensiven Zurückhaltung befragt wurde, wies er wohl etwas schnippisch, aber zu Recht darauf hin, dass es sich um eine erwachsene Person handelte, deren Lebensumstände durchaus auf eine Ausdehnung ihrer geplanten und, in der Wahrnehmung aller, auch angetretenen Auszeit hätte hinweisen können. Weil man sie eben auf Lanzarote vermutete, hatte es selbst aus ihrem Umfeld bisher niemand für möglich gehalten, dass Lena bereits seit mehr als vier Wochen verschwunden war. Im Gegenteil: Man nahm an, dass sie die Reise eben wegen des sonnigen Wetters, der schönen Strände und der angenehmen Lebensbedingungen auf unbestimmte Zeit verlängert hatte. Sie war ja schließlich alt genug. Und unabhängig. Eine solche und spontane Entscheidung habe zur ihr gepasst, hörte man mehrfach bei den späteren Befragungen der Studenten. Und auch, dass sie darüber niemanden in Kenntnis gesetzt hatte.

      Der guten Ordnung halber fuhren zwei Beamte der Polizeiwache Siegburg zur Meldeanschrift und überzeugten sich außen wie innen davon, dass Lena Grimm nicht zu Hause war. Der Hausmeister hatte ihnen Zutritt zur Wohnung verschafft, sodass die Tür nicht beschädigt werden musste und die Bedingungen, falls sie zurückkehrte, genauso waren wie vorher. Gefahr im Verzug berechtigte sie in diesem Fall, eine Wohnung ohne Durchsuchungsbefehl zu betreten. Es war schließlich denkbar, dass sie verletzt oder krank hinter der verschlossenen Türe lag und sich in einer Notsituation befand. Wenn man mal von dem einen oder anderen vergammelten Lebensmittel und der latenten Unordnung absah, war nichts Auffälliges festzustellen. Durchwühlt war nichts. Aber, um die Sache zumindest den Vorschriften entsprechend ernst zu nehmen, und um über jeden Vorwurf erhaben zu sein, hielt man mit dem Fitnessstudio Kontakt. Man ging ebenfalls dem Hinweis des Hausmeisters nach, dass der Wagen von Frau Grimm mit ihr verschwunden war und fahndete nach dem PKW. Auch über die gängigen Medien und die sozialen Internetplattformen. So konnte der sehr auffällige Mini Cooper bereits nach wenigen Tagen, durch die Aufmerksamkeit einer Spaziergängerin, auf einem der Parkplätze der Wahner Heide gefunden und zur Sicherung von Spuren auf einem Hänger, mit weiteren abgeschleppten Fahrzeugen, nach Köln zum Präsidium gebracht werden.

      Am und im Auto deutete auf den ersten Blick nichts auf ein Verbrechen hin. Es war aber auch nicht auszuschließen. Niemand konnte konkret sagen, ob das Fahrzeug dort einfach nur täglich geparkt wurde, weil jemand ausgedehnt mit seinem Hund spazieren ging, oder ob es irgendwann abgestellt und seitdem nicht mehr bewegt worden war. Die einen behaupteten dies, die anderen das Gegenteil. Wie so oft bei Aussagen von Zeugen. Dabei fiel der Mini schon deshalb auf, weil er ganz in weiß lackiert war, ziemlich breite Reifen und pinkfarbene Alufelgen hatte. Es handelte sich um eine auffällige Sonderanfertigung und die Wahrscheinlichkeit, auch im Nachhinein noch Hinweise aus der Bevölkerung zu erhalten, schien ziemlich groß. Ein Blick ins Innere ließ keine Rückschlüsse auf den Verbleib des Besitzers zu.

       ZEHN

      Der Drang nachzusehen, raubte ihm beinahe den Verstand. Er wollte wissen, ob sie überhaupt noch da war. Aber den Weg zurück in die Wahner Heide musste er meiden. Den Wunsch danach unterdrücken. Unbedingt. Das Risiko, dort alleine durch Anwesenheit in irgendeinen Zusammenhang mit den Vorkommnissen gebracht zu werden, durfte er unter keinen

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