Umweltverfahren für Betriebe. Wilhelm Bergthaler
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+Beim Baurecht stehen Bauwerke (Gebäude o. dgl.) im Vordergrund. Jedes Land hat seine eigene Bauordnung; bautechnisch sind die Vorgaben aber über die OIB-Regeln weitgehend harmonisiert.
+Im Anlagenrecht ist der Betrachtungshorizont weiter. Zur Anlage zählen nicht nur die Gebäude und die darin befindlichen Maschinen, sondern das gesamte Anlagenareal, auf dem betriebliche Tätigkeiten ausgeübt werden, gleich ob darauf Gebäude stehen oder nicht. All diese betrieblichen Tätigkeiten bilden eine Einheit; es gilt der Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage (näher dazu in Kapitel 3.2.1). Zentrale Bedeutung hat hier das gewerbliche Betriebsanlagenrecht, das zwar nur für Anlagen von Gewerbebetrieben gilt, aber viele Grundelemente der Anlagenverfahren geprägt hat, die in anderen Anlagengesetzen Niederschlag finden – vom Energie- und Abfallanlagenrecht bis zum UVP-G 2000.
+Im Ressourcenrecht zählt der Umfang, in dem Ressourcen für das Projekt in Anspruch genommen werden. Dabei kann es um die unmittelbare Verwendung von Naturgütern gehen, etwa von Grundwasser zur betrieblichen Nutzung, von Flüssen, in welche Abwässer abgeleitet werden (geregelt im WRG), von Wäldern, die für einen Betriebsstandort gerodet werden (geregelt im ForstG), oder von mineralischen Rohstoffen, die zum Zwecke der industriellen Verarbeitung abgebaut werden (geregelt im MinroG). Das moderne Ressourcenrecht zieht aber weitere Kreise: Es zielt insbesondere auch auf die Schonung von Ressourcen, z. B. im Abfallwirtschaftsrecht. Im Folgenden werden diese beiden Kreise unterschieden,
+einerseits das Ressourcennutzungsrecht (WRG, ForstG, Naturschutzgesetze der Länder) und
+andererseits das Abfallwirtschaftsrecht.
Die Konstellationen von Projekten, in denen diese Rechtskreise in unterschiedlicher Weise kombiniert werden, sind nahezu unüberschaubar. In der Praxis haben sich aber einige Grundmodelle herauskristallisiert, mit denen die Mehrzahl der Fälle abgebildet werden kann. Mit einzelnen Erweiterungsmodulen lässt sich dann der individuelle Rechtsbereich für das Projekt abstecken.
+Den Kern bilden zwei Rechtskreise,
+das Baurecht und
+das Anlagenrecht.
Typischerweise sind die länderspezifische BauO und die GewO 1994 anzuwenden. Handelt es sich um eine Abfallbehandlungsanlage, die nicht gewerblich miterledigt werden kann, sind dort die bautechnischen Bestimmungen mitkonzentriert. Für Energie- und Infrastrukturanlagen sind Bauwerke und Anlagen in der Regel in Sondergesetzen einheitlich geregelt (Straßengesetze des Bundes und der Länder; Eisenbahngesetz; Starkstromwegegesetz).
+Dazu kommt zunächst das Erweiterungsmodul des Ressourcennutzungsrechts: Abwasserableitungen sind im WRG geregelt, allerdings von der Gewerbebehörde im Betriebsanlagenverfahren mit anzuwenden. Bei Wasserentnahmen ist hingegen zu unterscheiden: Werden sie zu Kühl- oder Löschwasserzwecken entnommen, gilt auch hier die Mitanwendung durch die Gewerbebehörde. Wird hingegen Wasser zu Produktionszwecken entnommen, bedarf es einer gesonderten wasserrechtlichen Bewilligung (§ 356b Abs 1 GewO 1994). Werden Wälder gerodet, bedarf es einer Rodungsbewilligung nach dem ForstG; diese ist nicht von der Mitanwendung im Gewerberecht umfasst. Werden Naturflächen in Anspruch genommen, ist häufig eine naturschutzrechtliche Bewilligung nach den einschlägigen Landesgesetzen erforderlich. Ressourcennutzungsrechte unterscheiden sich von Bau- und Anlagengenehmigungen in einem wesentlichen Punkt: Sie werden in der Regel nur befristet erteilt und müssen daher immer wieder verlängert bzw. neu erteilt werden (dazu näher in Kapitel 3.3.1).
+In einem zweiten Schritt ist das Erweiterungsmodul der Abfallwirtschaft näher zu prüfen. Die zentralen Bestimmungen dafür finden sich im AWG 2002. Vereinfacht gesagt gibt es für innerbetriebliches Recycling Privilegierungen, sodass keine zusätzliche abfallrechtliche Bewilligung erforderlich ist (§ 37 Abs 2 Z 1 bis 3 AWG 2002). Zwei Ausnahmen sind aber wesentlich: Abfallverbrennungen mit einer thermischen Leistung über 2 MW und Abfalldeponien müssen nach dem Abfallwirtschaftsrecht genehmigt werden. Die entscheidende Vorfrage ist häufig: Handelt es sich bei einem Stoff um Abfall oder nicht? Sie kann in eigenen Feststellungsverfahren thematisiert und gelöst werden.
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Praxistipp: Materiencheck in vier Schritten
Prüfen Sie die anzuwendenden Materien nach vier Rechtskreisen:
+Baurecht: Bauwerke und Gebäude sind in der Regel einem Verfahren nach der jeweiligen Landesbauordnung zu unterziehen. Ausnahme: Abfallbehandlungsanlagen nach dem AWG 2002, Infrastrukturbauten (Straßen etc.) nach den jeweiligen Sondergesetzen.
+Anlagenrecht: Als Anlagen gelten in der Regel alle Einrichtungen, die für den jeweiligen Betrieb benötigt werden, auch unbebaute Grundstücke und mobile Betriebsmittel. Für Gewerbebetriebe ist das gewerbliche Betriebsanlagenrecht anzuwenden; Sonderanlagenrechte bestehen für Abfallbehandlungsanlagen, Energie- und Infrastrukturanlagen.
+Ressourcennutzungsrecht: Wassernutzungen sind im WRG geregelt, aber häufig im gewerblichen Betriebsanlagenverfahren mitanzuwenden (z. B. Abwassereinleitungen und Wasserentnahmen für Kühl- und Feuerlöschzwecke; nicht aber Wasserentnahmen für Produktionszwecke, für die eine eigene wasserrechtliche Bewilligung einzuholen ist). Für Rodungen ist ein forstrechtliches, für die Inanspruchnahme von Naturflächen ein naturschutzrechtliches Verfahren erforderlich. Achtung: Ressourcennutzungsrechte werden in der Regel nur befristet erteilt. Für eine rechtzeitige Verlängerung bzw. Neuerteilung ist daher Sorge zu tragen.
+Abfallwirtschaftsrecht: Abfallverbrennungen mit einer thermischen Leistung über 2 MW und Abfalldeponien benötigen eine Genehmigung nach dem AWG 2002. Für innerbetriebliches Recycling ist keine zusätzliche abfallrechtliche Bewilligung erforderlich, wenn die Anlage gewerberechtlich genehmigt wird. Die häufig strittige Kernfrage – ist ein Stoff Abfall oder nicht? – kann in eigenen Feststellungsverfahren geklärt werden.
1.3.2 Verfahrenscheck
Ähnlich wie beim Rechtsrahmencheck nach Kapitel 1.2 prüfen wir auch beim Verfahrenscheck nach dem Ausschlussprinzip von oben nach unten – also vom aufwändigsten bis zum einfachsten Verfahren.
Die Materienrechte enthalten zwar eine Vielzahl unterschiedlich ausgestalteter Verfahrensarten; das obere und untere Ende der Bandbreite ist aber klar zu bestimmen:
+Am aufwändigsten ist die volle Genehmigungspflicht mit Parteistellung von potenziellen Projektgegnern, mündlicher Verhandlung, Lokalaugenschein etc.
+Am einfachsten sind Regelungen, wonach für ein Projekt überhaupt kein Verfahren erforderlich ist.
+Zwischen diesen beiden Extremen entfaltet sich eine Bandbreite von Verfahren, die auf unterschiedliche Weise vereinfacht sind: vereinfachte Verfahren (z. B. nach § 50 AWG 2002) und Anzeigeverfahren (z. B. nach § 114 WRG); diese können wiederum unterteilt werden in Anzeigeverfahren mit dem Recht auf sofortige Realisierung, Realisierung nach Ablauf einer bestimmten Frist oder Realisierung (erst) nach behördlicher Kenntnisnahme (siehe dazu Kapitel 6.7.2).
Diese Dreigliederung wird auch dem folgenden Verfahrenscheck zugrunde gelegt. Die Prüfmethodik weicht allerdings von jener der UVP- und IPPC-Pflicht ab. Die Materienrechte arbeiten nämlich in aller Regel nicht mit Listen von Anlagen, die z. B. einer Genehmigungspflicht unterliegen, sondern mit Ausnahmekatalogen von Projekten, die keiner Genehmigung (aber möglicherweise einer Anzeige) bedürfen.
Ein wichtiger