Die magische Schwelle. Kai Pannen
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Читать онлайн книгу Die magische Schwelle - Kai Pannen страница 6
Heidi und Gianna waren ratlos und mittlerweile auch ziemlich besorgt. Sie hatten sich auf die Terrasse in den Schatten verzogen und rätselten über Flos plötzliches Verschwinden.
»Ich kapier das nicht! Der kann sich doch nicht einfach so in Luft auflösen«, rätselte Heidi.
»Und wenn ein wildes Tier im Wagen war, das ihn einfach aufgefressen hat?«, überlegte Gianna laut.
»Kann nicht sein. Dann wär doch alles voller Blut gewesen.«
»Oder hat dein Bruder vielleicht magische Kräfte?«
»Eher nicht. Einmal hat er einen Zauberkasten zum Geburtstag bekommen. War aber nichts von Zauberkräften zu spüren.«
»Und wenn ihn jemand entführt hat?«
»Dann wäre doch wohl das Klebeband aufgerissen.«
»Von Außerirdischen mit einem Energiestrahl herausgebeamt …?«
»Ich glaube, jetzt geht dir ein bisschen die Fantasie durch. Warum sollten sich Außerirdische ausgerechnet Flo aussuchen?«
In Flos Kopf schwirrten Tausende Fragezeichen. Durch die Fenster des Chevrolets erblickte er zum Glück den vertrauten Carport. Doch was hatte es mit diesem unheimlichen Wagen auf sich, in dem er jahrelang arglos gespielt hatte? Er musste raus, sofort! Was, wenn plötzlich die Rückbank umkippte und der Bauer aus dem Kofferraum stürzte?
Oder war er vielleicht nur eingeschlafen und in einem absurden Traum gelandet? Sicherheitshalber kniff er sich in den Arm. ›Eigentlich blödsinnig‹, dachte er. ›Kann man sich nicht auch im Traum in den Arm kneifen?‹
Von Heidi und Gianna war nichts zu sehen. Die waren also wirklich Eis essen gegangen und ließen ihn allein im Wagen schmoren. Dann musste er sich irgendwie selbst befreien. So stabil konnte dieses verflixte Klebeband doch nicht sein. Also zog er die Türverriegelung, warf sich so fest er konnte gegen die Tür und landete kopfüber in der Einfahrt.
Heidi und Gianna schreckten auf, als sie das laute Scheppern und Quietschen der Autotür hörten.
»Flo, da bist du ja wieder!«, rief Heidi. Ihr fiel ein Stein vom Herzen. »Wo warst du denn? Du kannst dich doch nicht einfach so in Luft auflösen! Wir haben uns total Sorgen gemacht.«
Flo war erleichtert, seine Schwester und Gianna wiederzusehen. Und er fühlte Genugtuung, ihnen so einen Schrecken eingejagt zu haben. Das hatten sie jetzt davon, das war ihre gerechte Strafe! Aber wo er gewesen war, konnte er weder sich noch den beiden erklären.
»Habt ihr mich etwa nicht gesehen?«, fragte er und versuchte, so normal wie möglich zu wirken. »Wie blind seid ihr denn?«
»Jetzt sag schon«, schnaubte Heidi, »wo hast du dich versteckt?«
»Ich war die ganze Zeit da drin. Wo soll ich denn sonst gewesen sein?«, antwortete Flo und ging ins Haus, als wäre nichts geschehen.
Doch sobald er außer Sichtweite war, rannte er geradewegs hoch in die Kleine Freiheit. Obwohl er so gut wie jedes Detail auf der Anlage kannte, musste er sich noch mal vergewissern. Es passte alles zusammen. Es war genau das, was er durch die Kofferraumklappe gesehen hatte. Da war die Hochbrücke, der Hubschrauber auf dem Dach des Krankenhauses, die Feuerwehr, die Blaskapelle. Die sanft hügelige Eisenbahnlandschaft, die stark an die Landschaft um Rendsburg herum erinnerte. Bis auf die Berge im Hintergrund, bei denen sein Vater immer sagte, dass so eine Modellanlage ein Abbild der Wirklichkeit sei, halt nur etwas schöner.
Dann fiel sein Blick auf den kleinen Chevi, mit dem er vorhin auf der Modellanlage gespielt hatte. Immer noch stand er mitten auf einer Kuhweide. Und davon völlig unbeeindruckt, melkte ein Bauer neben dem Auto seine Kühe.
Flo schüttelte mit dem Kopf. Entweder hatte er geträumt oder er war auf bestem Wege, komplett verrückt zu werden!
ZU VIEL FANTASIE
»Flohooo, Schnurzelchen. Aufwachen.«
Flo war noch hundemüde. Er hatte wirr geträumt und schlecht geschlafen.
»Mama, nenn mich nicht so«, knurrte er.
»Wenn du jetzt nicht aufstehst, kommst du zu spät in die Schule, mein Schnurzelchen.«
Tanjas Taktik funktionierte. Nach dem zweiten »Schnurzelchen« war Flo wach. Er hasste es, wenn sie ihn so nannte. Verschlafen sackte er am Küchentresen auf seinen Stuhl und trank ein Glas Milch in einem Zug aus.
»So schnell trinken ist ungesund, lass dir das von einer erfahrenen Ärztin gesagt sein«, erklärte ihm seine Mutter.
»Ich hab totalen Durst«, erklärte Flo.
»Milch ist aber nicht zum Durstlöschen. Milch ist ein Nahrungsmittel. Ursprünglich mal für Kälber gedacht, damit die groß und stark werden«, dozierte Tanja.
»Eines Tages wirst du anfangen zu muhen, bei so viel Milch, wie du in dich hineinschüttest«, bemerkte Heidi.
»Dann sprechen wir endlich die gleiche Sprache«, murmelte er und starrte gedankenversunken in sein leeres Glas.
»Träumst du schon wieder? Schmier dein Pausenbrot, du musst gleich los!«, ermahnte ihn seine Mutter.
»Stellt euch mal vor, wir wären alle miniklein. Wie viele Menschen von so einem Glas trinken könnten. Eine Kuh würde für ganz Rendsburg ausreichen.«
»Dann möchte ich aber mal wissen, wie deine Minimenschen so eine Kuh melken wollten. Die kämen ja nicht mal an das Euter ran«, bemerkte Heidi.
»Man könnte bestimmt eine Maschine bauen, die das erledigt. Mit einer Herde Kühe könnte man dann die ganze Menschheit versorgen.«
»Bevor du jetzt Melkmaschinen für gigantische Kühe erfindest, mach dir lieber dein Pausenbrot.«
Lustlos strich Flo Butter auf eine Scheibe. »Und damit könnte man alle Schüler der Welt durchfüttern«, überlegte er laut und versank wieder in seinen Gedanken.
»Nicht einschlafen, schmieren«, drängelte Tanja.
»Kannst du das nicht machen?«
»Flo, du bist kein kleines Kind mehr.«
»Sag ich doch! Wenn das so ist, will ich auch ein Handy haben, wie Heidi.«
»Und wovon träumst du nachts? Ich habe meins auch erst mit 13 gekriegt«, belehrte ihn seine Schwester.
»Misch du dich da nicht ein«, zischte Flo.
»Du bist