Europarecht. Bernhard Kempen

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Europarecht - Bernhard  Kempen Grundbegriffe des Rechts

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      Ein weiteres Kernanliegen der EU-EZ ist die Förderung von Demokratie, good governance und Menschenrechten. Erstere und letztere werden in Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 EUV ausdrücklich erwähnt, die gute Staatsführung bzw. good governance ist hinter diesen Begrifflichkeiten wie auch jenem der Rechtsstaatlichkeit gewissermaßen verborgen, bezieht sich aber nach modernem Verständnis nicht mehr ausschließlich auf staatliche, sondern auch nichtstaatliche, insbesondere zivilgesellschaftliche Akteure und den Privatsektor.

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      Die Verankerung von good governance, Demokratie und Menschenrechten spiegelt die Abkehr von einer ursprünglich politisch neutral gehaltenen EZ, die spätestens mit dem Lomé-I-Abkommen von 1975, das bspw. Zollerleichterungen für Staaten von den Menschenrechtsbilanzen ihrer Regierungen abhängig machte, endete. Anhand des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) besteht nunmehr gar ein spezifisches Finanzinstrument zur Förderung der hier genannten Ziele.

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      Der New Consensus von 2017 enthält alle drei Zielsetzungen, wobei diese als notwendige Bedingung sowohl der Schaffung friedlicher Gesellschaften als auch der nachhaltigen Entwicklung an sich angesehen werden. Während die Agenda für den Wandel von 2011 good governance, Menschenrechte und Demokratie noch als eine der beiden „Säulen“ der EZ definierte, werden diese nunmehr eher als Querschnittsthema aufgefasst, das es bei allen Maßnahmen der EZ zu berücksichtigen gilt.

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      Sowohl die AAAA als auch die Agenda 2030 der Vereinten Nationen betonen die zentrale Rolle von good governance, Demokratie und Menschenrechten für die nachhaltige Entwicklung, insbesondere für eine gewinnbringende Nutzung der natürlichen Ressourcen von Entwicklungsstaaten.

2. Grundprinzipien

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      Das erste Grundprinzip, dem sich die Union in ihrer EZ gem. Art. 208 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 AEUV verschrieben hat, ist jenes der Komplementarität. Hiernach haben sich die Maßnahmen von EU und Mitgliedstaaten zu ergänzen und gegenseitig zu verstärken. Dieses Postulat dient dem Ziel einer möglichst effizienten und effektiven EZ der Union wie auch jener aller Mitgliedstaaten. Den Komplementaritätsgedanken spiegelt überdies auch Art. 4 Abs. 4 AEUV wider, der klarstellt, dass die Ausführung von EZ-Maßnahmen seitens der Union jene der Mitgliedstaaten, ebenso tätig zu werden, unberührt lässt.

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      Weiterhin ist die Union dem Grundsatz der Kohärenz (policy coherence for development) verpflichtet. Gem. Art. 208 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 AEUV bedeutet dies, dass sie bei der Durchführung jedweder politischer Maßnahmen, die sich auf die Entwicklungsländer auswirken können, den Zielen der EZ Rechnung zu tragen hat. Folglich sind alle Politiken i.S.e. kohärenten politischen Handelns grundsätzlich auf Entwicklungsaspekte abzustimmen. Allgemein für das auswärtige Handeln der Union wird der Grundsatz der Kohärenz auch noch einmal in Art. 21 Abs. 3 EUV normiert (Näheres → Kohärenzgebot).

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      Des Weiteren gilt gem. Art. 210 Abs. 1 AEUV der Grundsatz der Koordination der EZ zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten. Sie sind verpflichtet, ihre Hilfsprogramme aufeinander abzustimmen, was sich auch auf die Zusammenarbeit i.R. Internationaler Organisationen und auf internationalen Konferenzen bezieht. Die Koordination gilt wie auch der Grundsatz der Komplementarität, der in Art. 210 Abs. 1 nochmals Erwähnung findet, explizit der erhöhten Effizienz und Effektivität der EZ-Maßnahmen. Auch gemeinsame Maßnahmen können getroffen werden, Art. 210 Abs. 1 S. 2 AEUV; ggf. tragen die Mitgliedstaaten zur Durchführung von Hilfsprogrammen der Union bei, Art. 210 Abs. 1 S. 3 AEUV.

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      Art. 210 Abs. 2 AEUV gesteht dabei der Kommission ein grundsätzliches Initiativrecht hinsichtlich aller Maßnahmen zu, die einer Koordinierung i.S.d. Art. 210 Abs. 1 AEUV förderlich sind.

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      Darüber hinaus ist die Union gem. Art. 209 Abs. 2 AEUV gehalten, sowohl mit Drittländern als auch mit Internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten und ggf. Übereinkünfte zu schließen, die die Ziele der Union gem. Art. 21 EUV bzw. der EZ gem. Art. 208 AEUV fördern, Art. 209 Abs. 2 UAbs. 1 AEUV. Wie Art. 209 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV klarstellt, bleibt die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, ihrerseits in internationalen Gremien zu verhandeln und Übereinkünfte zu schließen, hiervon – ganz i.S.d. Komplementarität – unberührt.

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      Der Grundsatz der multilateralen Zusammenarbeit wird überdies auch in Art. 211 AEUV festgehalten, wonach im Bereich der EZ sowohl Union als auch Mitgliedstaaten mit Drittstaaten und zuständigen Internationalen Organisationen zusammenarbeiten. Allgemein für das auswärtige Handeln der Union sind multilaterale Lösungsansätze auch gem. Art. 21 Abs. 1 UAbs. 2 bzw. Abs. 2 Buchst. h) EUV explizit vorgesehen (→ Auswärtiges Handeln der Union).

      EEntwicklungszusammenarbeit (Maximilian Oehl) › IV. Instrumente und Institutionen der EZ

IV. Instrumente und Institutionen der EZ

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      Grundsätzlich kann die EU alle Handlungsformen wählen, die zur Durchführung der EZ erforderlich sind, Art. 209 Abs. 1 AEUV. Hierbei kann es sich sowohl um Rechtsakte i.S.d. Art. 288 AEUV wie auch um von diesem nicht erfasste Entschließungen oder Schlussfolgerungen handeln. Im Wesentlichen verfolgt die Union ihre Ziele anhand von völkerrechtlichen Verträgen mit Drittstaaten bzw. Internationalen Organisationen, Art. 209 Abs. 2 UAbs. 1 AEUV. Die Bereitstellung von Finanzmitteln für Entwicklungsmaßnahmen erfolgt anhand der sog. Programmierung, welche sich auf Mehrjahres- sowie auf thematische Programme erstrecken kann. Diese sehen konkrete Maßnahmen vor, die meist dem Ziel einer finanziellen, wirtschaftlichen oder technischen Förderung der jeweiligen Partner dienen. Der EU kommt grundsätzlich ein weiter und insofern kaum gerichtlich überprüfbarer Ermessensspielraum bei der Auswahl der erforderlichen EZ-Maßnahmen zu.

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      Grundsätzlich lässt sich die EU-EZ in bilaterale und regionale Zusammenarbeit unterscheiden. Zu letzterer zählen insbesondere die bereits erwähnten Abkommen mit den AKP-Staaten (s. Rn. 644 ff.). Weitere Regionen, welche die EU-EZ zu solchen zusammenfasst, sind die mediterranen Entwicklungsländer, sog. MEDA-Staaten, die mittel- und osteuropäischen (MOEL-)Staaten sowie Lateinamerika. Die Kooperation

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