Europarecht. Bernhard Kempen

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Europarecht - Bernhard  Kempen Grundbegriffe des Rechts

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      Wie Art. 208 Abs. 1 UAbs. 2 S. 1 AEUV betont, ist das Hauptziel der EU-EZ die Bekämpfung bzw. letztlich Beseitigung der Armut. Darüber hinaus sind die Grundsätze des auswärtigen Handelns der EU gem. Art. 21 EUV zu beachten, die weiteren Aufschluss über die Zielsetzungen der EZ geben (→ Auswärtiges Handeln der Union).

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      Hierzu gehören gem. Art. 21 Abs. 1 EUV u.a. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit der Menschenrechte sowie die Achtung des Völkerrechts. Art. 21 Abs. 2 EUV konkretisiert diese Ziele, welche die EU in ihren internationalen Beziehungen verfolgt, weiter. Mit Blick auf die EZ sind u.a. die Zielsetzungen der nachhaltigen Entwicklung in Bezug auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt in den Entwicklungsländern gem. Art. 21 Abs. 2 Buchst. d) EUV, jene der Integration aller Länder in die Weltwirtschaft, u.a. durch den schrittweisen Abbau von internationalen Handelshemmnissen nach Art. 21 Abs. 2 Buchst. e) EUV sowie die Entwicklung von internationalen Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Qualität der Umwelt und der nachhaltigen Bewirtschaftung der weltweiten natürlichen Ressourcen gem. Art. 21 Abs. 2 Buchst. f) EUV hervorzuheben. Grundsätzlich hat die Union bei all ihren politischen Maßnahmen, die sich auf Entwicklungsländer auswirken können gem. Art. 208 Abs. 1 UAbs. 2 S. 2 AEUV die Ziele der EZ zu berücksichtigen, sog. Kohärenzgebot (s. Rn. 663), vgl. auch Art. 21 Abs. 3 UAbs. 2 EUV.

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      Gem. Art. 4 Abs. 4 AEUV besteht in der EZ eine geteilte Zuständigkeit der EU und ihrer Mitgliedstaaten. Dies bringt die Herausforderung mit sich, eine möglichst komplementäre Entwicklungspolitik zu gestalten, was in Art. 208 Abs. 1 AEUV aufgegriffen wird, wonach die Politiken von Union und Mitgliedstaaten sich gegenseitig zu ergänzen und verstärken haben, sog. Komplementaritätsgebot. Hinzu tritt der Grundsatz der Koordination, zu welcher die Union und ihre Mitgliedstaaten gem. Art. 210 Abs. 1 AEUV mit dem Ziel, ihre Maßnahmen möglichst effektiv und komplementär zueinander auszurichten, verpflichtet sind.

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      Abzugrenzen ist die EZ von der in den Art. 212 und 213 AEUV verankerten wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Zusammenarbeit mit Nichtentwicklungsstaaten sowie von der humanitären Hilfe i.S.d. Art. 214 AEUV. Im engen Zusammenhang steht die EZ oftmals mit der Assoziierungspolitik der Union, insbesondere in Form der Freihandelsassoziierung (→ Assoziierungsabkommen).

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      Grundsätzlich ist die EU frei, welche Staaten sie als Entwicklungsländer qualifiziert und kann diesen Status auch jederzeit wieder aufheben. Gem. Art. 1 Abs. 1 Buchst. a) der EZ-VO 233/2014 orientiert sich die EU dabei an den Listen aller zu Official Development Assistance (ODA) berechtigten Staaten, die vom Development Assistance Committee (DAC) der OECD (→ Internationale Kooperationspartner der EU) erstellt werden. Diese wiederum beruhen im Wesentlichen auf den von der Weltbank anhand des BNE per capita angestellten Berechnungen nach der sog. World Bank Atlas Method.

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      Darüber hinaus hat sich die Gemeinsame Entwicklungspolitik gem. Art. 208 Abs. 2 AEUV in die Verpflichtungen von Union und Mitgliedstaaten einzubetten, welche diese i.R.d. Vereinten Nationen bzw. anderweitiger multilateraler Zusammenarbeit eingegangen sind. Die EU-EZ steht hierbei insbesondere im Kontext mit der im September 2015 von der UN-Generalversammlung beschlossenen Agenda „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“, welche anhand der Sustainable Development Goals (SDGs) konkrete Zielsetzungen der weltweiten EZ im Interesse nachhaltiger Entwicklung festlegt. Die EU, die an der Ausarbeitung der SDGs umfassend beteiligt war, hat in diesem Zusammenhang ihre Bestrebungen nochmals bestätigt, die Entwicklungsausgaben auf 0,7 % ihres BNE zu steigern. Die aktuelle EU-EZ wurde in Gestalt des sog. New European Consensus on Development (unterzeichnet: 7.6.2017) umfassend an den SDGs ausgerichtet.

      EEntwicklungszusammenarbeit (Maximilian Oehl) › II. Historische Entwicklung

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      Die Ursprünge der EU-EZ sind in der Assoziierung der → Überseeischen Länder und Gebiete (ÜLG) zu finden, welche bereits in den auf 1957 zurückdatierenden Art. 131–136a EWGV vorgesehen worden war. Auf diese sog. konstitutionelle Assoziierung folgte alsbald die vertragliche Assoziierung der Afrika-Karibik-Pazifik-Staaten (sog. AKP-Staaten; zusammengeschlossen als Internationale Organisation seit dem sog. Georgetown Agreement von 1975), welche in den zwei Yaoundé-Abkommen vom 20.7.1963 und vom 29.7.1969 ihren Ausgangspunkt hatte.

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      Beide Abkommen wurden je für eine Laufzeit von fünf Jahren, damals allerdings noch mit einer Gruppe von 18 afrikanischen Staaten (sog. Associated African States and Madagascar; AASM) geschlossen. Sie bereiteten den Boden für die insgesamt vier Lomé-Abkommen mit der Gruppe der AKP-Staaten (Ausnahme: Kuba), die in den Jahren 1975–1989 unterzeichnet wurden und neben klassischen Entwicklungsmaßnahmen im Wesentlichen den präferentiellen Marktzugang für deren Produkte sowie andere handelspolitische Unterstützungsmaßnahmen wie Versicherungen gegen Exporterlösschwankungen beinhalteten. Die Lomé-Abkommen wurden ihrerseits durch das am 23.6.2000 in der Hauptstadt Benins unterzeichnete Cotonou-Abkommen abgelöst (Inkrafttreten: 1.4.2003; Laufzeit: 20 Jahre).

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      Wie die AKP-Abkommen zeigen, ist die EU-EZ häufig mit der → Gemeinsamen Handelspolitik bzw. der Assoziierungspolitik der Union verzahnt. So sind die Lomé-Abkommen wie auch das Cotonou-Abkommen grundsätzlich als Form der Entwicklungsassoziierung mit starken Freihandelskomponenten zu qualifizieren, die dem Anwendungsbereich des Art. 217 AEUV (→ Assoziierungsabkommen) unterfällt. Unterhalb der normativen Schwelle dieser Vorschrift gibt es eine Reihe an Kooperations- bzw. Partnerschaftsabkommen der EU mit Drittstaaten, die entwicklungspolitische Elemente beinhalten.

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      Dieses Ineinandergreifen der (handels- bzw. entwicklungs-)politischen Ziele und Instrumente wird auch anhand der Tatsache veranschaulicht, dass vor Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht am 1.11.1993 häufig die Art. 113 bzw. 235 EWGV, die die Gemeinsame Handelspolitik betrafen, als Kompetenztitel auch bei Maßnahmen der Union in entwicklungspolitischen Angelegenheiten bemüht wurden. Dies änderte sich erst mit der Einführung der Art. 130 Buchst. u)–y) bzw. 177–181 des EG-Vertrages in der Gestalt, die er anhand des Maastrichter Vertrags gefunden hatte. Sie boten erstmals eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Grundlage für eine Vielzahl von

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