Die Mythen der Bibel . Walter Brendel

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Die Mythen der Bibel  - Walter Brendel

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von Nicolas Poussin, 1629/30)

      Psychoanalytiker wie C. G. Jung sahen sie als Archetypen der Mutter, zu dem auch heidnische Göttinnen wie Isis und Astarte gehören. Der Mutterarchetyp steht für die Vorstellung einer gebärenden, beschützenden Frau, hat aber auch negative Aspekte in Form der verschlingenden Mutter.

      Dazu der Mariologie Wolfgang Beinert: „Analogie ist nicht gleich Genealogie. Maria weist zwar Ähnlichkeiten mit Isis auf, ist aber nicht aus ihr hervorgegangen. Mütterlichkeit und Fruchtbarkeit waren für die Menschen zu jeder Zeit wichtige Themen. (...) Sie ist aber keine Göttin, sondern ein Mensch. Die Verehrungsformen sind nicht unähnlich, weil wir nicht so viele Möglichkeiten haben, unsere Liebe zu jemandem auszudrücken.“

      Spätestens seit dem frühen Mittelalter wurde Maria um Fürbitte gebeten. Wallfahrten, Wunder und Reliquienkult waren wichtige Elemente der Volksfrömmigkeit. Als Madonna mit dem Christkind tröstete Maria junge Mütter, als Pieta mit dem toten Jesus auf dem Schoß alle Leidenden. Unter ihrem weiten Mantel barg sie als „Schutzmantelmadonna“ die Gläubigen. Wunder sind in Zusammenhang mit ihr dann keine Seltenheit mehr, wenn man etwas nachhilft.

      Die schwarze Madonna von Tschenstochau soll bei einem Schwedenüberfall auf Polen 1655 die Geschosse der Angreifer abgelenkt haben. Zum Dank ernannte der polnische König Johann II. Kasimir Maria zur Patronin des Landes.

      An Wallfahrtsorten wie etwa Altötting finden sich besonders zu den Marienfesten viele Pilger ein: Am 8. September wird die Geburt Marias gefeiert, die Verkündigung der Empfängnis am 25. März und Marias Tod und ihre Himmelfahrt am 15. August. Orte, an denen man Wunder erlebt haben will, konkurrieren um die Gunst der Pilger mit Orten, an denen Maria selbst erschienen sein soll. Oft mischt sich auch beides.

      Weit über 900 Erscheinungen soll es in den letzten 2000 Jahren gegeben haben, und es werden immer mehr: Allein im 20. Jahrhundert soll Maria 455 Mal gesichtet worden sein. Sie erschien nicht nur in Europa, sondern auch in Afrika, Asien und Amerika. Allerdings ist eine entsprechend geprägte Umgebung dafür notwendig. Genauer: Die „Seher“ sollten römisch-katholisch, orthodox oder koptisch orientiert sein.

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      Ekstatische Jungfrau: Die Ordensschwester Anna Katharina Emmerick (1774-1824) durchlitt 12 Jahre Iang jeden Freitag den Leidensweg Christi, bekam die Wundmale Jesu und hatte Visionen - auch zur Gottesmutter Maria. Gemälde von Gabriel Cornelius von Max, 1885

      In Guadalupe in Mexiko soll Maria sich 1531 dem Indio Juan Diego auf dem Berg Tepeyac gezeigt haben. Als er daraufhin zum Bischof ging, entstand auf seinem Mantel auf unerklärliche Weise ein Bild Marias. Der Mantel ist noch erhalten, Guadalupe wurde einer der größten Marienwallfahrtsorte der Welt. 1968 soll Maria über der koptisch-orthodoxen Kirche von AI-Zeitun am Rande von Kairo erschienen sein.

      Hunderttausende Menschen waren Zeugen der Lichtzeichen am Himmel. 1973 soll sie der Novizin Agnes Sagasawa in Akita in Japan mehrere Botschaften überbracht haben. Zum ersten Mal hat Maria 41 n. Chr. dem Apostel Jakobus in Spanien eine Nachricht übermittelt, so die Legende. Sie thronte in Saragossa auf einer Säule und trug ihm auf, eine Kirche zu errichten. Zu dieser Zeit lebte Maria allerdings noch in Jerusalem oder Ephesus. Die Erscheinung weist jedenfalls auf die Umstände hin, unter denen Maria in den nächsten 1700 Jahren meistens auftauchen sollte: Es ging in ihren Botschaften um die Gründung von Kirchen, Kapellen, Klöstern und Orden. In vielen Fällen erschien sie Männern, oft waren es Kleriker. Im Jahr 1110 bewegte sie Bernbard von Clairvaux, sich dem spirituellen Leben zu widmen. Thomas Becket verkündete sie seinen Märtyrertod. Sie unterstützte Dominikus bei der Ordensgründung der Dominikaner und im Kampf gegen die Katharer. Bis heute verbreitet der Orden besonders das Rosenkranzgebet, das Maria als Waffe gegen die Feinde des wahren Glaubens empfohlen haben soll.

      Ab Mitte des 13. Jahrhunderts erschien Maria zunehmend Frauen, vor allem Nonnen, die später als Mystikerinnen in die Geschichte eingingen. 1250 besuchte sie Mechthild von Hackeborn und später ihre Schwester Gertrud, die beide im Zisterzienserinnenkloster in Helfta (bei Eisleben) lebten. Maria versprach dem, der sie mit den Worten „0 strahlende Lilie der Dreifaltigkeit, 0 hellglänzende Rose der himmlischen Anmut“ begrüßte, dass sie ihm bei seinem Tod Trost gewähren wolle. Birgitta von Schweden sagte sie über das Letzte Gericht: „Wehe den sich Verhärtenden! Barmherzigkeit für alle, die sich demütigen!“

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      Die schwarze Madonna im bayerischen Altötting kennt das Geheimnis der Gnade. Die 64 Zentimeter hohe, gotische Statue aus Lindenholz ist das Kultobjekt von Deutschlands größtem Marienwallfahrtsort. Papst Benedikt XVI. betete hier 2006 - und legte seinen Bischofsring vor der Figur nieder

      Später erschien Maria immer häufiger Frauen und Kindern aus dem einfachen Volk, die Marias Worte meist in einer Art Trancezustand empfingen. Ihre Botschaften veränderten sich: War sie vorher eher eine geduldige Trösterin, warnte sie nun vor drohenden Katastrophen.

      Der Theologe Beinert erklärt das so: „Die Französische Revolution war ein großer Schock für die Gläubigen. Dass Gott so etwas zuließ, so meinte man, würde darauf hindeuten, dass die Endzeit angebrochen sei. Es gab wirtschaftliche Krisen, dazu kam ein zunehmender moralischer Verfall. Die Ängste wurden auf die Erscheinungen projiziert. Hilfreich war, dass man den Eindruck hatte, doch etwas tun zu können. Wenn genügend Buße geleistet würde, könnte Maria Gott noch in den Arm fallen.“

      Populär wurde eine Erscheinung nur, wenn sie auf ein Umfeld stieß, das den Botschaften Marias gegenüber aufgeschlossen war. Der Historiker David Blackbourn verweist auf ein Schema, nach dem die neuzeitlichen Erscheinungen verlaufen: Eine ungebildete Seherin aus dem Volk, die mit Armut. Krankheit oder Vernachlässigung konfrontiert ist, bekommt eine Botschaft mitgeteilt. Es fließt Heilwasser, und ein Heiligtum soll gebaut werden, gleichzeitig kommt es zu feindseligen Reaktionen der Zivilbehörden und des Ortspfarrers. Dennoch pilgern immer mehr Menschen zu dem Ort, Wunderheilungen geschehen und schließlich wird ein offizieller Kult eingerichtet.

      Diesem Muster entspricht Lourdes, das im Jubiläumsjahr 2008 sechs Millionen Pilger erwartet. Maria begegnet einem in dieser kleinen Stadt in den Pyrenäen auf Schritt und Tritt. Heiligenbilder, Figuren in allen Größen und Rosenkränze gibt es an jeder Ecke. Der Ort lebt von den Menschen, die darauf hoffen, hier Heilung zu erlangen. 67 anerkannte Wunderheilungen sind verzeichnet, und viele Menschen empfinden eine deutliche Besserung ihrer Beschwerden nach einem Besuch in Lourdes. Dazu Beinert: „Heute weiß man von den psychosomatischen Ursachen vieler Krankheiten. Wenn jemand sich nun von Gott angenommen fühlt, kann es sein, dass seine Symptome verschwinden. Biblisch betrachtet kommt es auf die körperliche Gesundung aber gar nicht an. Jesus sagte mehrfach nach Heilungen: >Dein Glaube hat dir geholfen.< Das Wunder ist ein Appell an den Glauben, ein Zeichen Gottes.“

      Begonnen hat alles damit, dass Maria der 14-jährigen Bernadette Soubirous (1844-1879) vom 11. Februar bis zum 16. Juli 1858 insgesamt 18 Mal in der Grotte von Massabielle erschienen sein soll. Bernadettes Familie war sehr arm. Das Kind, das unter Asthma litt, suchte mit anderen Kindern Holz, als es beim Durchqueren eines Baches etwas Ungewöhnliches entdeckte: „Ich sah eine weiß gekleidete Dame: Sie trug ein weißes Kleid und einen weißen Schleier, einen blauen Gürtel und auf jedem Fuß eine gelbe Rose“, erzählte sie später. Diese schaute sie lange an und bedeutete ihr, den Rosenkranz zu beten, Dann verschwand sie.

      Immer mehr Gläubige begleiteten Bernadette zur Grotte. „Buße! Buße! Buße! Beten Sie zu Gott für die Sünder! Küssen Sie die Erde zur Buße für die Sünder!“, forderte die „Dame“ von Bernadette; und eine Kapelle wünschte sie sich auch an diesem Ort.

      Später sollte das Mädchen das schlammige Quellwasser trinken, was sie tat.

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