Parallels. Sven Hauth

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Parallels - Sven Hauth

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wir schon“, verkündete John zufrieden und stellte den Motor aus. „Das macht neunzig Dollar.“

      Neunzig Dollar schien unangemessen viel für eine Fahrt, die nicht einmal zehn Minuten gedauert hatte, aber wahrscheinlich gab es keine große Chance, den Preis zu senken.

      „Lässt sich am Preis vielleicht noch irgend etwas machen?“, unternahm Shane trotzdem einen hoffnungslosen Versuch. Bereits das zweite Mal feilschte er um den Besitz des Oldsmobiles.

      „Aber klar. Achtzig für dich.“ John griff in die Seitentasche der Türverkleidung. „Wenn du dir dies hier durchliest.“

      Mit ernster Miene hielt er Shane eine bunt bedruckte Broschüre unter die Nase. Das Deckblatt zeigte die Illustration eines entrückt lächelnden Elternpaares, das in inniger Umarmung ihre beiden Kinder betrachtete, wie sie zu ihren Füßen mit einem Pandabären und einem Löwenbaby spielten. Die idealistische Fantasie einer unwahrscheinlichen Welt, angepriesen in leuchtenden Farben. „Dies wird dich auf den richtigen Pfad bringen.“ Pflichtbewusst nahm Shane das Heftchen entgegen – ein geringer Preis für einen 10$–Rabatt – und drehte es in seinen Händen. Der Text auf der Rückseite enthielt diverse Lebensratschläge und versprach unter anderem, „Das Geheimnis des Glücks“ zu lüften. In seiner Situation hätte Shane eine Reparaturanleitung für alte Oldsmobiles bevorzugt.

      „Hast Du vielleicht Lust, noch ein wenig über Jesus zu reden?“ John zog an einem Hebel und die Haube des Oldsmobile senkte sich gen Boden. „Dann könnte ich auf siebzig runtergehen.“

      10 $ hin oder her, Shane verspürte momentan alles andere als Lust, sich weitere Predigten eines wieder geborenen Abschleppunternehmers anzuhören.

      „Vielleicht ein anderes Mal...“, sagte er schnell und suchte die achtzig Dollar zusammen. Schon nach einem Tag hatte sein Geldbündel beängstigend an Dicke verloren. Halbherzig bedankte er sich bei John und flüchtete vor weiterem missionarischen Eifer mit schnellen Schritten in die Werkstatt.

      „Der Herr wird dich schützen“, erklang es hinter ihm, und er konnte das Grinsen in den Worten hören.

      Nach zwei Stunden Sitzen in einem zugigen Raum zwischen Reifenstapeln und Auspuffrohren öffnete sich eine Tür und ein Mechaniker baute sich vor Shane auf. Mit dem düsteren Blick eines Arztes, der den Tod eines Angehörigen verkündet, stellte er seine Diagnose.

      „Der Motor ist hinüber. Da lohnt sich keine Reparatur mehr.“

      Ebenso gut hätte er Shane ein Messer in den Bauch rammen und genüsslich in der Wunde stochern können. Darauf war er nicht vorbereitet gewesen. Wieso war der Motor zerstört, obwohl er doch sofort angehalten hatte? Bedeutete dies das verfrühte Ende seines Plans? Seine Mission, abrupt zerstört durch einen banalen technischen Mangel? Er sah zum Mechaniker auf, der gleichgültig mit den Schultern zuckte.

      „Gibt es keine Möglichkeit, da noch was zu machen?“, fragte Shane.

      „Ich kann einen neuen Motor einbauen, aber das lohnt sich bei dem Wagen nicht. Du kannst ihn aber hier stehen lassen. Wir entsorgen ihn. Kostet auch nichts.“

      Beim Wort „entsorgen“ machte sich Verzweiflung breit. Für Außenstehende mochte das Oldsmobile aussehen wie ein altes Auto. Für Shane war es auf der kurzen Fahrt bereits viel mehr geworden. Es hatte eine Bedeutung bekommen, die weit über das nackte Blech hinausging – ein Neuanfang, die Fahrkarte in ein anderes Leben. Eine zweite Chance. Nun würde es in einer dubiosen Werkstatt auf sein unwürdiges Ende warten. Geld für ein neues Auto hatte er nicht. Shane war ratlos.

      Der fragende Blick des Mechanikers verlangte nach einer Entscheidung.

      „Ich hole nur meine Sachen aus dem Kofferraum“, sagte Shane.

      Das Gewicht seines Koffers zwang Shanes Körper in eine unnatürliche Schräglage. Dies und die Tatsache, dass er offensichtlich der einzige Fußgänger im weiteren Umkreis war, ließ ihn sich wie ein ungelenker Fremdkörper fühlen. Er stellte sein Gepäck ab und holte tief Luft. Fast automatisch war er inzwischen wieder beim DooWop angekommen. Zum ersten Mal sah er es bewusst im Tageslicht. Mit seiner auffällig silbernen Aluminiumfassade glich es einem zu groß geratenen Airstream–Wohnwagen. Wieso war ihm dieses ungewöhnliche Äußere heute Morgen nicht aufgefallen? Auch die anderen Motels (und außer Motels schien es entlang dieser Straße nichts anderes zu geben) waren ähnlich auffällig gestaltet. Viele von ihnen präsentierten sich in kitschigen Pastellfarben gestrichen, wobei Pink– und Grüntöne überwogen. Andere, wie das DooWop, besaßen ein futuristisches Aussehen, ihre Dächer waren mit Raumschiffen und chromglänzenden Raketen dekoriert, als wären sie für die Kulisse eines billigen Science–Fiction–Films gebaut worden.

      Auch andere Kulturen waren vertreten. Gegenüber des DooWop befand sich das „Shangri–La“, das anscheinend einen asiatischen Baustil imitieren sollte und von einem reich verzierten Turm dominiert wurde, der einer chinesischen Pagode nachempfunden war. Gleich daneben bewachten zwei mannshohe Holzköpfe, die an die Statuen auf den Osterinseln erinnerten, den Eingang eines anderen Motels. Auf seine Wände waren Surfbretter gemalt, auf dem Dach buhlten hulatanzende Puppen um Aufmerksamkeit.

      Jedes Motel war angestrengt bemüht, mehr Aufmerksamkeit auf sich zu lenken als sein Nachbar. Wo Shane auch hinschaute entdeckte er seltsame Details. Funktionslose Glasfronten, gewagte Winkel, karierte Fassaden, Neon, Chrom und Pastell überall. Das Ganze sah aus, als hätte sich eine Gruppe Architekten auf einen halluzinogenen Drogentrip begeben und sich an dieser Straße ausgetobt.

      Trotzdem lag über allem eine traurige Patina vergangener Tage, eine unsichtbare Staubschicht aus Resignation und Abkehr. In den Swimmingpools schwammen mehr vertrocknete Blätter als Gäste. Die Parkplätze: leer. An vielen Stellen blätterten die Pastellfarben ab wie das zu dick aufgetragene Make–Up eines alternden Clowns. Was war dies für ein seltsamer Ort?

      Shane griff seinen Koffer und machte sich zum zweiten Mal auf den Weg zur Anmeldung des DooWop. Er hatte Wichtigeres zu tun, als sich über den Zustand von ein paar Gebäuden Gedanken zu machen, die er so schnell wie möglich hinter sich lassen wollte.

      Die Anmeldung war so verlassen wie beim ersten Mal, mit Ausnahme einer älteren Frau, die das letzte Paar trockener Toastscheiben umkreiste, obwohl es schon beinahe Mittagszeit war. Shane ging zum Tresen und stellte seinen Koffer ab. Vom Inder war nichts zu sehen, doch er konnte die harte Stimme hinter dem Vorhang hören. Während Shane wartete, bemerkte er zerstreut, dass er immer noch die Broschüre des Abschleppwagenfahrers mit sich herum trug. Er schlug eine zufällige Seite auf. Sie zeigte eine Figur, die mit ausgestreckten Armen im Gegenlicht der untergehenden Sonne stand. „Du musst erst die Wüste durchqueren, um dein Ziel zu erreichen“, riet die Bildunterschrift. Frustriert schleuderte Shane die religiösen Binsenweisheiten von sich. Gehen muss ich tatsächlich, dachte er verbittert.

      „Diese Broschüre habe ich zum ersten Mal vor über 50 Jahren gesehen.“ Neben Shane war eine Frau aufgetaucht. Sie wedelte mit dem Faltblatt, das er gerade entsorgt hatte. „Aber weißt du was? Bis heute warte ich darauf, dass ich irgendwo ein paar Kinder sehe, die sich mit Raubtieren vergnügen. Wahrscheinlich sind die paar Pandabären, die es noch gibt, nicht besonders daran interessiert, mit Menschen zu spielen. Von den Löwen ganz zu schweigen.“

      Shane schaute sich die Frau genauer an. Sie war einen Kopf kleiner als er, trug ein buntes, weit geschnittenes Kleid und jede Menge goldenen Schmuck – Ketten, Ohrringe, Armreifen, die bei jeder ihrer Bewegungen ein metallisches Klimpern erzeugten. Obwohl ein purpurfarbenes Kopftuch den Großteil davon verdeckte, besaß sie zweifelsohne eine volle Haarpracht aus tiefschwarzen Korkenzieherlocken.

      „Hi. Ich bin Faye“, sagte sie mit einem

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