Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig Bechstein

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Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen - Ludwig Bechstein

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an ihrem Ort wohl erfreuen

       mögen, und auch in ausschließlich metrischen

       Sammlungen, wie die allgemeindeutschen A. Rothnagels,

       H. Günthers, A. Kaufmanns für Franken u.a. gut

       beisammen stehen, aber in Sagensammlungen wie die

       vorliegende nicht gehören. Daß neben den genannten

       noch viele andere Werke benutzt werden mußten, Provinzsagensammlungen,

       Chroniken, Topographien u.

       dgl., versteht sich von selbst. Auch dem vogtländischen

       altertumsforschenden Vereine zu Hohenleuben

       verdanke ich schätzbare Beiträge.

       Keinen einzigen Gewährsmann habe ich geradezu

       abgeschrieben, weder die neuen, noch die alten, denn

       das erachte ich für eine gar geringe Kunst. Kinderleicht

       ist es, ein Buch zu füllen, wenn man wörtlich

       abdrucken läßt, was andere bereits drucken ließen.

       Nur wo ich Sagen in Dialekten in das Hochdeutsche

       zu übertragen hatte, übertrug ich meistens treu, um

       ihre Spitzen nicht abzustumpfen; außerdem habe ich

       jede Sage zu meinem Eigentum gemacht und sie nach

       meiner Eigentümlichkeit wieder neu erzählt; nur aus

       eignen, früher von mir selbst veröffentlichten Sagensammlungen

       nahm ich einzelne wörtlich wieder auf,

       und auch diese nicht ohne Feile.

       Ob ich den rechten Ton traf, wird sich zeigen. Einfachheit

       im Ton der Erzählung ist beim Wiedergeben

       der Sagen unerläßliche Bedingnis; keine novellistische,

       romanhafte Verwässerung, keine blümelnde

       Schreibweise steht der Behandlung der Sagen an, wo

       diese Selbstzweck ist – wohl aber darf der Erzählungston

       wechseln je nach dem Stoff, ja selbst nach der

       Zeit, der dieser Stoff angehört; er darf streng, herb

       und derb, romantisch, lustig, kernhaft, nicht minder

       idyllisch, rührend und erschütternd sein. Der Sagenerzähler

       muß wissen, welche Tonart er anzuschlagen

       habe; eine nach vorgefaßter Meinung bestimmte von

       ihm zu fordern, dazu ist keine Berechtigung vorhanden.

       Über einen Leisten läßt sich nicht alles schlagen.

       Die Sagen können so wenig eines Schriftstiles sein

       wie Häuser und Kirchen eines Baustiles. Das Einerlei

       ermüdet, und leicht wird ein frischer Geist des trockenen

       Tones satt. Viele Sagen sind so durch und durch

       voll Humor, daß ernste Erzählungsweise sie töten

       hieße – darum ward zum öftern die heitere vorgezogen.

       Metrisch bearbeitete Sagen in Prosa aufzulösen

       trug ich die größte Scheu und habe es nur einigemal

       getan; einmal beim alten Tannhäuserlied, dann bei

       Nr. 81, Der wilde Jäger, nach Bürgers Gedicht, weil

       dessen Ursprung ausschließlich in der bezeichneten

       Gegend zu suchen ist, bei Nr. 174, Die Schlacht auf

       dem Tausendteufelsdamme, nach einem Gedicht von

       Th. Fontane, und endlich bei Nr. 966, Eines Vaterunsers

       Wert, nach einem Gedicht von Th. Holscher (bei

       Schöppner), weil mir beide letztere Stoffe ausnehmend

       wohl gefielen, und namentlich auch die poetische

       Behandlung.

       Manche Sage, die ich allzudürftig auffand, konnte

       ich erweitern, aus Kenntnis ihrer Örtlichkeit oder aus

       andern schriftlichen und mündlichen Quellen, manche

       andere mußte ich kürzen und auf das rechte Maß zurückführen.

       Viele Sammlungen, ich will nur K. Geibels Rheinsagen

       und Lübecks Volkssagen von H. Asmus nennen,

       waren wenig zu benutzen, weil das meiste darin

       zu eigenmächtig ausgeschmückt, fast novellistisch erweitert

       ist. Vornehmlich galt es auch, die spät erst gemachte

       Sage links liegen zu lassen, welche die Reisehandbücher,

       besonders die den Rhein betreffenden, so

       häufig bieten.

       Außerdem fand ich noch mancherlei Beschränkung

       geboten. Die zahlreichen Sagen von geraubten Hostien,

       geschlachteten Christenkindern und dergleichen

       durch Juden habe ich mit Absicht nicht aufgenommen.

       Wenn sie auch nicht alten Haß nähren helfen, so

       verletzen sie doch und widerstreiten so gleichsehr

       dem christlichen wie dem ethischen Prinzip.

       Dieses Sagenbuch soll im besten Sinne ein Volksbuch

       sein und werden, daher ist die Fassung keine altdeutsch-

       mythologisch-gelehrte, um so mehr ist dennoch

       auf das hochwichtige mythologische Element in

       den deutschen Volkssagen mit allem Fleiße Rücksicht

       genommen worden, wie es noch im Bewußtsein des

       Volkes lebendig ist. Was aber dem deutschen Volksbewußtsein

       in der Gegenwart, ja selbst dem deutschen

       Lande allzufern liegt, wie die Stammsagen von Ostund

       Westgoten, Vandalen, Hunnen, Longobarden,

      

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